Landshut/Unterahrain
„Alles Roger“ oder „Gefährlicher Abriss“? Weiter Diskussionen um Rückbau von Isar 1
10. Dezember 2014, 20:15 Uhr aktualisiert am 10. Dezember 2014, 20:15 Uhr
Kann der für 2016 angepeilte Rückbau des Kernkraftwerks Isar 1 als gefährlicher Abriss bezeichnet werden - oder ist er für Bevölkerung und Umwelt ungefährlich?
Dieser und anderer kritischer Publikumsfragen musste sich Dr. Erdmann Unger, Referatsleiter im bayerischen Umweltministerium und zuständig für die Stilllegung des Kernkraftwerks Isar 1, am Dienstagabend im Vortragssaal der Volkshochschule stellen. Der sichtlich entspannte Referatsleiter kam ziemlich schnell auf den Punkt: "Ungefährlich." Auch wenn er solche Restrisiken wie Terroranschläge nicht zu 100 Prozent ausschließen könne.
Was aber den Rückbau angeht, wirkte Unger den ganzen Abend ungebrochen zuversichtlich. Während seines 90-minütigen Vortrags versuchte er seinem kritischen Publikum aufzuzeigen, dass jeder Schritt des Rückbaus von Isar 1 von staatlicher Seite aus auf Herz und Nieren überprüft werde. Der Vortrag enthielt Einzelheiten über das Genehmigungsverfahren, die Gefahren des Rückbaus trotz vorhandener Brennstäbe im Nassbecken, mögliche Strahlenexpositionen und über die Freigabe von kontaminierten Materialien. Um die Skeptiker zu beruhigen, ging Unger auf einen Artikel von Dr. Herbert Barthl ein, Energiereferent des Bundes Naturschutz (BN) in Bayern. Der schrieb vor Kurzem kritisch über das Vorhaben von E.on und der Staatsregierung. Barthls Vorwurf, das Umweltministerium hätte bei einem Erörterungstermin erläutert, dass die höchstmögliche Minimierung radioaktiver Emissionen nicht Grundlage von Entscheidungen beim Genehmigungsverfahren seien, entgegnete Unger mit einer Reihe von Vorschriften. Er kam zu folgendem Schluss: "Die Minimierung von Emissionen ist bereits durch gesetzliche Vorgaben gewährleistet."
Auch auf die Kritik an dem Verfahren, dass der Rückbau trotz der etwa 1.700 Brennelemente im Nasslager beginnen würde, hatte Unger eine Antwort: "Das Risiko der Arbeiten wird dadurch nicht größer." Vergleichbare Arbeiten seien bereits früher bei laufendem Betrieb vorgenommen worden - trotz Brennstäben im Nassbecken, so der Referatsleiter.
Auch eine mögliche höhere Strahlenbelastung sei nicht zu erwarten. 100 Prozent der Materialien, die während des Rückbaus Isar 1 verlassen würden, seien vorher ausgemessen worden. Von den 224.000 Tonnen Abbaumaterial sollen insgesamt 3.500 Tonnen radioaktives Material übrigbleiben. Dieser radioaktive Abfall soll künftig im Schacht Konrad in Niedersachsen eingelagert werden. Der "ungefährliche" Bauschutt könne bedenkenlos dem Kreislauf zurückgeführt werden. Nach einer Endlagerungsmöglichkeit für die radioaktiven Brennstäbe werde aktuell gesucht.
Trotz der Akribie, die von staatlicher Seite offenkundig betrieben wird, kündigte der Energie-Fachbeirat der BN-Kreisgruppe, Prof. Dr. Herbert Jans, an, dass der BN den Abriss weiter kritisch beäugen und begleiten werde. Risiken gebe es immer - und sei es das menschliche Versagen. "Der Vortrag war zwar schlüssig, doch klar ist auch, dass E.on als Betreiber nach der kostengünstigsten Lösung suchen wird", sagte Jans. Einige Zuhörer befürchteten deshalb eine Insolvenz der Firma E.on, und dass die Kosten auf die Steuerzahler abgewälzt werden könnten. Unger: "Ich gehe davon aus, dass die Betreiberfirma E.on für die Rückbauten ausreichend Rücklagen gebildet haben." Diese belaufen sich insgesamt auf geschätzte 35 Milliarden Euro für die Rückbauten sämtlicher Kraftwerke. Energie-Fachbeirat Jans geht bei Eon hingegen von Rücklagen in Höhe von etwa 15 Milliarden aus.