Überblick

Schuld und Sühne an der Säbener Straße

Die Watschn-Affäre beim FC Bayern ist vorbei. Bis dahin war es aber ein Drama in sechs Akten um Leroy Sané, Sadio Mané, Thomas Tuchel, die Bosse, eine Rekordstrafe, Beleidigungen - und eine tote Tante


"Eklatanter Vorfall": Trainer Thoma Tuchel über den Streit zwischen Mané und Sané (r.).

"Eklatanter Vorfall": Trainer Thoma Tuchel über den Streit zwischen Mané und Sané (r.).

Von Ruben Stark

München - Wer auf eine Fortsetzung des neuesten Dramas an der Säbener Straße gehofft, der wurde am Freitag enttäuscht.

Hinter den Kulissen waren längst die Fronten zwischen den Protagonisten Sadio Mané und Leroy Sané geklärt worden, den vorangegangen Akten folgte erstmal kein weiterer. Happy End statt Katastrophe, wenn man so will. Die Hauptfiguren haben sich versöhnt, der Schuldige gesühnt.

Dafür gebrauchte Thomas Tuchel allerdings kein: "Basta, wir reden jetzt nicht mehr darüber!" Der Bayern-Coach erklärte die Vorgänge vielmehr, er kommunizierte klar, statt zu vernebeln. Es war ein beispielhafter Umgang mit dieser Krisensituation. Wenn der Rekordmeister am Samstag gegen die TSG Hoffenheim (15.30 Uhr/Sky) so spielt, wie ihr Trainer auftrat, dann können sich die Kraichgauer den Weg nach München sparen.

"Es wäre schön, wenn etwas, dass in der Kabine passiert auch in der Kabine bleibt", sagt Thomas Tuchel - und weiß doch, dass dies nur ein frommer Wunsch bleibt.

"Es wäre schön, wenn etwas, dass in der Kabine passiert auch in der Kabine bleibt", sagt Thomas Tuchel - und weiß doch, dass dies nur ein frommer Wunsch bleibt.

Rückblende zum ersten Akt. Sané und Mané stritten sich beim 0:3 bei Manchester City erst auf dem Platz, dann schepperte es in der Kabine. Mané verteilte eine saftige Watschn an seinen Teamkollegen. "Es war ein eklatanter Vorfall. Das war too much, es wurde eine Grenze überschritten", sagte Tuchel ohne Umschweife.

Der zweite Akt. Am Mittwoch bekam die Öffentlichkeit von der Affäre Wind, erst so fand das Drama den Weg auf die große Bühne, der Handlungsdruck nahm zu. "Es wäre schön, wenn etwas, dass in der Kabine passiert auch in der Kabine bleibt", betonte Tuchel ohne äußere Erregung und im Wissen, dass dies ein frommer "Wunsch" sein dürfte.

Dritter Akt. Die Watschn-Affäre näherte sich ihrem Höhepunkt. Wie umgehen mit dem Eklat? Tuchel berichtete, dass er etliche Gespräche geführt habe, mit den Spielern, mit jenen, die die Streithähne trennten, mit Betreuern - kurz: mit allen, die irgendwas mitbekommen hatten. "Es war wichtig, dass wir das klären vor dem nächsten Training", sagte der Nagelsmann-Nachfolger. Auch die Bosse kamen nun ins Spiel.

Vierter Akt. Der Sünder Mané gesteht seine Schuld und akzeptiert seine Strafe, die in diesem Fall laut "Bild" rekordverdächtig sechsstellig sein soll. "Er hat sich hingestellt wie ein Mann und sich absolut glaubwürdig entschuldigt", erzählte Tuchel und verband seine Einlassung mit einer Lobeshymne auf den Senegalesen, dessen Zeit beim FC Bayern bisher so unglücklich läuft. "Ich bin sein erster Anwalt und sein erster Verteidiger", verdeutlichte der Königsklassen-Sieger von 2021, "ich kenne ihn ausschließlich als Top-Profi, er ist Fußball pur, hat sich nie etwas zu Schulden kommen lassen. Jeder hat das Recht, einen Fehler zu machen."

Zumal wohl nicht nur der sportliche Frust zum Ausraster führte, sondern - wie mehrere Medien berichten - auch der Tod seiner ihm sehr nahe stehenden Tante zum emotionalen Chaos beigetragen habe.

Fünfter Akt, die Lösung des Konflikts. Sané stellte sich nicht stur, sondern erkannte Manés ehrliche Reue an. Zumal er angeblich selbst mit einer sehr persönlichen Beleidigung zum Eklat beigetragen haben soll, die er umgehend ebenso bereute und weswegen er sich für eine milde Strafe des Teamkollegen ausgesprochen habe.

Mané ist demnach gegen Hoffenheim nicht dabei, könnte aber schon im Rückspiel gegen Manchester City am Mittwoch wieder zum Kader gehören.

Möglicher sechster Akt. Mané startet beim FC Bayern doch noch durch und macht aus der Watschn-Affäre den Beginn seiner Auferstehung zu dem Weltstar, der er beim FC Liverpool einst gewesen ist. Tuchel setzt darauf: "Es fehlt die Leichtigkeit. Es ist unsere Aufgabe, ihn über gelebte Wertschätzung da hinzubekommen, wo er war." Sonst trennen sich die Wege womöglich im Sommer doch endgültig.