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FC Bayern: Schockiert statt schockverliebt

Zwischen den Champions-League-Partien gegen Manchester City zeigt der FC Bayern beim 1:1 gegen Hoffenheim eine ganz schwache Leistung. "Wir brauchen schnell einen anderen Spirit", sagt Trainer Thomas Tuchel


Nach dem nächsten Rückschlag wutentbrannt auf der Tribüne der Allianz Arena: Bayerns Vorstandschef Oliver Kahn.

Nach dem nächsten Rückschlag wutentbrannt auf der Tribüne der Allianz Arena: Bayerns Vorstandschef Oliver Kahn.

Von Maximilian Koch

München - Am Sonntagvormittag beim öffentlichen Training konnte Thomas Tuchel zumindest wieder lächeln.

Gemeinsam mit den Stars des FC Bayern schrieb der Trainer fleißig Autogramme und stand für Foto-Wünsche der Fans bereit. Doch hinter Tuchel dürfte eine äußerst unruhige Nacht gelegen haben.

Beim 1:1 gegen die TSG Hoffenheim zeigte Bayern die nächste schwache Leistung. Nach der 0:3-Klatsche unter der Woche in der Champions League bei Manchester City blieb die erhoffte Reaktion aus. "Heute haben wir alles vermissen lassen. Wir haben eine riesengroße Chance verpasst, uns und unsere Fans in eine Stimmung zu bringen, die nötig sein wird, um überhaupt dran zu glauben", kritisierte Tuchel.

Fünf Spiele unter dem neuen Trainer Thomas Tuchel und nur zwei Siege: Die enttäuschten Bayern-Stars Thomas Müller, Jamal Musiala und Joshua Kimmich (v.l.) beim 1:1 gegen Hoffenheim.

Fünf Spiele unter dem neuen Trainer Thomas Tuchel und nur zwei Siege: Die enttäuschten Bayern-Stars Thomas Müller, Jamal Musiala und Joshua Kimmich (v.l.) beim 1:1 gegen Hoffenheim.

Denn, so der Coach weiter, "heute war der Moment da, auch eine Energie im Stadion zu wecken, Feuer zu wecken. Das ist uns alles nicht geglückt. Deswegen sind wir jetzt gegen ManCity nicht komplett chancenlos, aber die Aufgabe, die ja ohnehin schon extrem schwer ist, ist nicht leichter geworden dadurch. Wir müssen erstmal einen weiteren Rückschritt verkraften. Das ist sehr verwunderlich."

Selbst das Führungstor von Benjamin Pavard (17. Minute) brachte keine Sicherheit ins Bayern-Spiel. Hoffenheims Andrej Kramaric glich verdient aus (71.). Allerdings war der Freistoß, der dem Tor vorausging, umstritten. Thomas Müller hatte den Angreifer nur leicht am Trikot berührt. "Ich wusste, dass es eine Torchance gibt und musste fallen. Das war clever in der Situation", meinte Kramaric: "Thomas weiß, wie Fußball geht."

Der Rest der - hochkarätig besetzten - Bayern-Mannschaft eigentlich auch. Doch davon war am Samstagnachmittag fast nichts zu sehen. "Wir können uns heute beim VfB Stuttgart bedanken", sagte Müller mit Blick auf das 3:3 der Schwaben in letzter Sekunde gegen Borussia Dortmund (siehe S. 19). Bayern liegt in der Liga weiter zwei Punkte vor dem BVB. Doch insgesamt bereitete der Münchner Auftritt Sorgen. Große Sorgen.

"Das ist schwer zu erklären, weil wir eigentlich ganz gut trainiert haben", ergänzte Müller: "Wir waren alle ein bisschen geschockt von der eigenen Performance. Der Trainer muss sich, glaube ich, auch erstmal schütteln."

Schockiert statt schockverliebt - so ließ sich die bayerische Gefühlslage beschreiben. Nach dem City-Spiel am Dienstag hatte Tuchel noch gesagt, er sei "schockverliebt" in sein Team, diesmal wirkte er völlig enttäuscht.

"Das war zu langsam, zu emotionslos, nicht verbissen. Uns fehlt der Sinn dafür, dass es brennt. Wir brauchen schnell einen anderen Spirit!", forderte Tuchel und ergänzte: "Es ist extrem verwunderlich, weil ich die Energie im Training gespürt habe. Auf dem Platz sind wir alles schuldig geblieben."

Vor dem Königsklassen-Rückspiel am Mittwoch gibt es kaum Mutmacher aus Münchner Sicht. Seit dem Trainerwechsel von Julian Nagelsmann zu Tuchel wurden von fünf Partien nur zwei gewonnen. Die Mannschaft wirkt verunsichert und - seltsamerweise - auch unmotiviert in der heißen Phase der Saison. Das ist schlicht nicht Bayern-like.

Joshua Kimmich sprach von "fehlender Konzentration, Leichtsinnigkeit, wir sind nicht wirklich da". Das Team sei "ohne Energie" aufgetreten: "Gerade in der Liga, wo es sehr eng ist und wir jeden Punkt brauchen, kann ich mir eine solche Leistung nicht erklären." Ob es noch Hoffnung gebe auf das Wunder in der Champions League? "Gegen City brauchen wir eine andere Leistung, das wissen wir alle", so Kimmich: "Wir müssen es auf den Platz bringen, nicht nur alle zwei Wochen, sondern alle drei Tage." Doch so richtig scheint keiner dran zu glauben. Matthijs de Ligt wurde gefragt, ob es etwas Positives aus der Partie gegen Hoffenheim mitzunehmen gebe. "Es kann nicht schlechter sein als heute", sagte er - und ging.