FC Bayern will mehr
Neue Attacke in der Champions League: Jetzt oder nie!
18. September 2019, 7:54 Uhr aktualisiert am 18. September 2019, 7:54 Uhr
Die Bayern starten gegen Roter Stern Belgrad in die neue Champions-League-Saison. Nach dem Aus im Achtelfinale der Vorsaison ist die Königsklasse die ultimative Weggabelung für Kovac und sein Team.
München - Smart, höflich, zuvorkommend, gastfreundlich. Niemand wird Niko Kovac diese Attribute absprechen. Und um einen weiteren Beleg dafür zu liefern, begrüßte der Bayern-Trainer, mit kroatischen Wurzeln gebürtig in Berlin, die mitgereisten serbischen Journalisten auf der Pressekonferenz in ihrer Landessprache.
Entspannt und gut gelaunt präsentierte sich der 47-Jährige vor Bayerns Auftaktmatch in der Champions-League-Gruppenphase gegen den serbischen Meister Roter Stern Belgrad (21 Uhr, Sky live und im AZ-Liveticker). Und ungewohnt angriffslustig.
Niko Kovac vor Belgrad: "Neues Spiel, neues Glück"
Auch wenn Kovac es in seiner ruhigen Art sanft verpackte, kann man seine Worte mit Bezug auf Bayerns Aussichten in der Königsklasse durchaus als Kampfansage werten. "Wir haben ein neues Jahr. Neues Spiel, neues Glück. Wir wollen erst einmal die Gruppenphase überstehen", sagte Kovac. So weit, so normal - weil Pflicht. Aber dann: "Ich bin mir sicher und davon überzeugt, dass wir weiterkommen werden als in der vergangenen Saison."
Für Kovac wird sein zweiter Champions-League-Anlauf mit dem durch zwei Weltmeister (Benjamin Pavard und Lucas Hernández) sowie zwei qualitativ dicke Fische (Ivan Perisic und Philippe Coutinho) aufgemotzten Kader zur ultimativen Weggabelung.
Jetzt oder nie! Denn ein so frühes Aus wie im Achtelfinale der Spielzeit 2018/19, als seine Mannschaft dem FC Liverpool (zweieinhalb Monate später der hochgelobte Sieger der europäischen Glanz- und Gloria-Meisterschaft) unterlag, wird sich Kovac nicht noch einmal leisten können.
Rummenigge schmerzt noch immer das Aus gegen Liverpool
Nach einem taktisch cleveren, aber doch sehr einseitig verteidigten 0:0 auswärts verlor Bayern das Rückspiel zu Hause mit 1:3. Vor allem Kovac scheiterte an der eigenen Courage, ließ seine Elf erneut zu defensiv, zu vorsichtig agieren.
Bei jeder Gelegenheit erinnert Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsboss und Kovac-Skeptiker, daran, wie sehr ihn dieses Ausscheiden immer noch schmerzt. Was Kovac dazu am Dienstag erklärte, wird den Bossen nicht so sehr gefallen haben.
"Wir hatten das Lospech, dass wir gegen den Champions-League-Sieger ausgeschieden sind. Im Jahr zuvor hießen die Gegner Besiktas Istanbul und FC Sevilla (in der K.o.-Phase 2017/18, d.Red.), letztes Jahr eben Liverpool. Das ist so."
Neuer, Müller, Lewandowski: Jetzt oder nie!
Das 1:3 steht in Kovacs Trainerakte als dicker Malus auf der Minus-Seite, als Plus hat er sich das Double erkämpft. Doch nun, oh Fluch der guten Tat, wird er in seinem zweiten Jahr an der Säbener Straße auch noch daran gemessen, erneut Meisterschaft und Pokal einzufahren - sonst würde er national unter Vorjahresniveau landen.
Verzwickt. Wie die Launen der Natur. Und die besagen knallhart: Selbst die Besten werden nicht jünger. Manuel Neuer, der Kapitän, ist 33 Jahre alt, sein Stellvertreter Robert Lewandowski 31, und Thomas Müller ist gerade 30 geworden. Für sie gilt alle noch mehr, was für Kovac gilt: Jetzt oder nie!
So viele Versuche werden Neuer und Müller, bereits 2013 Champions-League-Champion, und Lewandowski, damals mit dem BVB unterlegener Finalist, nicht mehr bekommen, den Henkelpott in Händen zu halten.
Neuer: "Wir wollen mindestens ins Halbfinale"
"Durch das Ausscheiden gegen Liverpool ist unsere Motivation riesengroß", sagte Torhüter Neuer am Dienstag, "wir sind sehr hungrig, haben viele junge Spieler, die den Henkelpott natürlich unbedingt gewinnen wollen. Auch die Älteren, die ihn schon gewonnen haben, wollen ihn wieder holen. Wir wissen, dass wir Qualität im Kader haben, wirklich eine gute Mischung, und wollen alles dafür tun."
In der Gruppe mit Belgrad, am Mittwoch ein Pflichtsieg, dem weiteren Außenseiter Olympiakos Piräus und dem letztjährigen Finalisten Tottenham Hotspur sieht Ex-Kapitän Stefan Effenberg "keine großen Probleme" für Bayern, "international gehören sie für mich aber nicht zu den Topfavoriten".
Bei einem erneuten frühen Aus, so Effenberg bei "t-online.de", "bestünde die Gefahr, dass Bayern international abgehängt wird." Dem setzte Neuer entgegen: "Ich bin zuversichtlich, weil ich an uns glaube. Wir wollen mindestens ins Halbfinale."