Die Festtags-Bayern

Warum das Team von Niko Kovac in der Champions League besser ist


Recht guter Laune: Die Bayern-Profis bedanken sich nach dem Remis an der Anfield Road bei den Fans.

Recht guter Laune: Die Bayern-Profis bedanken sich nach dem Remis an der Anfield Road bei den Fans.

Von Bernhard Lackner

Trainer und Bosse loben die Mannschaft nach dem 0:0 im Achtelfinal-Hinspiel beim FC Liverpool. "Das war einer für alle und alle für einen", sagt Karl-Heinz Rummenigge. Die Statistik spricht für ein Weiterkommen des FC Bayern.

München/Liverpool - Die Bayern hatten sämtlichen Mut zusammengenommen. Volles Risiko. Wer in Liverpool absteigt und im Emotionskessel Anfield Road das Duell mit der Powertruppe von Mentalitätsmonstertrainer Jürgen Klopp vor der Brust hat, der traut sich was, wenn er als Mannschaftsquartier das "Titanic Hotel" wählt. Was hätten die Medien bei einem Untergang aus der Entscheidung für dieses ehemalige Lagerhaus am Fluss Mersey gemacht? Bayern gesunken! Schiffbruch!

Sie haben dem Sturm der Reds getrotzt, nicht die Orientierung verloren. Trainer Niko Kovac manövrierte sein Schiff von der Kommandobrücke aus, wich dem Klopp'schen Unwetter geschickt aus. Ein 0:0 im Achtelfinal-Hinspiel. Nun können sich die Matrosen erholen, kann neuer Proviant an Bord gebracht werden. In drei Wochen (13. März) will man in heimischen Gewässern in den Hafen Viertelfinale steuern.

Karl-Heinz Rummenigge schwärmt vom Team

Bei seinem Lob für die Besatzung warf Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge die drei Musketiere mit dem Weltmeister-Trainer von 1954 in einen Topf: "Eine großartige Leistung! Sepp Herberger hätte seine Freude gehabt. Das war einer für alle und alle für einen." Gegen Mitternacht sprach Rummenigge vor der Eröffnung des Büffets im Festsaal "Rum Warehouse": "Der Trainer hat die Mannschaft erstklassig eingestellt, die Spieler haben es gut umgesetzt."

Applaus, Applaus. Zufriedene Gesichter unter den 540 Bankett-Gästen bei importiertem bayerischem Bier, italienischen Weinen, Meeresfrüchteplatte samt Lachs und Riesengarnelen sowie Rinderlende, Rinderhaxe und Rollbraten. Ein Festschmaus zur Feier des Überlebens der Champions-League-Träume. Keine Panik im Hotel Titanic.

"Es gibt nicht viele Klubs, die hier nicht verloren haben und auch kein Gegentor bekommen haben", sagte Kovac gelöst wie nie seit seinem Amtsantritt im Juli: "Die Mannschaft hat sich an das gehalten, was wir ihnen vorgegeben haben." Klang wie: Endlich hören sie mal auf ihren Trainer. Der Plan lautete: Tief stehen, kompakt stehen, dem Liverpool-Sturm um Mo Salah den Wind aus den Segeln nehmen. Mittelstürmer Robert Lewandowski als erster Verteidiger, Torhüter Manuel Neuer als Anspielstation in der Rückwärtsbewegung. Seine 70 Ballkontakte, so viele wie noch nie in einem K.o.-Spiel der Champions League, sagen alles. Defensive Leckerbissen einer Mannschaft, die 2019 bei sechs Versuchen zuvor nie ohne Gegentor geblieben war. "Vor allem die Art und Weise hat sehr viel Spaß gemacht", freute sich Präsident Uli Hoeneß am Mittwoch.

Das 0:0 ist für den FC Bayern trügerisch

Die Festtags-Bayern haben überzeugt. Wie auf Knopfdruck. War das ihr wahres Gesicht? Nicht das aus dem schnöden Alltag Bundesliga, die man sechs Mal hintereinander (laaaaang-wei-lig?!) gewonnen hat? Verblüffende, weil überraschend offen geäußerte, Indizien für diese These lieferte der Trainer: "Die Bundesliga ist wichtig, aber viele Spieler sehen die Champions League noch etwas größer und werfen dann mehr rein. Da spart sich der eine oder andere mal den Gang, um seinem Mitspieler zu helfen." Sehr ehrlich, aber auch etwas hilflos formulierte Kovac sein Anliegen an die Herren Feinschmecker: "Ich würde mir wünschen, dass die Jungs das auch in der Bundesliga wieder machen." Die Formel ist einfach: Größere Bühne, größerer Fokus.

Im Rückspiel wird ein Tick mehr Mut zur Offensive gefragt sein. Wobei das 0:0 ein trügerisches wie gefährliches Ergebnis ist. Die Bayern setzen auf den Heimvorteil, auf die schwache Auswärtsbilanz der Briten, die sämtliche drei Vorrundenpartien in der Fremde verloren, und die Statistik: In sechs von sieben Fällen kam man nach einer Auswärts-Nullnummer weiter. Nur einmal nicht: 1981 - 1:1 gegen den FC Liverpool.

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