Abgeordnetenhaus-Wahl

Berliner Machtpoker: Regiert Franziska Giffey weiter?

Vier Parteien loten in Berlin aus, welche Koalition nach der Wiederholungswahl machbar ist. Wer mit wem eine Regierung bildet, ist noch offen. Nun stehen wichtige Weichenstellungen an.


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Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD), würde ihren Posten gerne behalten.

Doppelte Spannung in Berlin: Gut zwei Wochen nach der Wiederholungswahl am 12. Februar in der Hauptstadt stehen nun zwei wichtige Entscheidungen an.

An diesem Montag will der Landeswahlausschuss das amtliche Ergebnis veröffentlichen. Mitte oder Ende der Woche dürfte nach längeren Sondierungen zwischen den Parteien dann feststehen, wer mit wem in Koalitionsverhandlungen tritt.

Der klare Wahlsieger CDU will eine Zweier-Koalition mit SPD oder Grünen schmieden. Doch auch das seit 2016 regierende Bündnis aus SPD, Grünen und Linken hat zusammen eine Mehrheit und könnte weitermachen. Für die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wäre das die einzige Chance, im Rathaus zu bleiben.

Nach dem vorläufigen Ergebnis, das unmittelbar nach der Wahl vom 12. Februar verkündet wurde, lagen SPD und Grüne mit je 18,4 Prozent gleichauf hinter dem Wahlsieger CDU (28,2 Prozent). Nur ein kleiner Vorsprung von zunächst 105 Stimmen - bei insgesamt gut 1,5 Millionen gültigen Stimmen - nährte die Hoffnung der SPD, Giffey im Rathaus zu halten.

Vor der Bekanntgabe des amtlichen Wahlergebnisses wurde spekuliert, ob sich die Grünen nach den Überprüfungen aller Resultate und teilweisen Nachzählungen noch an der SPD vorbeischieben könnten. Das scheint nun vom Tisch zu sein: Laut dem Entwurf für das amtliche Endergebnis, der am Wochenende durch einen Bericht der "Bild am Sonntag" vorab bekanntwurde und auch dem RBB und der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, schmolz der Vorsprung der SPD zwar auf 53 Stimmen. Aber an der Reihenfolge, die wiederum für die Frage wichtig ist, wer einen Regierungschef stellen kann, ändert sich demnach nichts.

In den letzten Tagen wurden die vorläufigen Wahlergebnisse in allen zwölf Berliner Bezirken überprüft, Unstimmigkeiten ausgeräumt, teils wurde neu gezählt. Der bekannteste Fall spielte sich in Lichtenberg ab, wo 466 Wahlbriefe von Briefwählern liegen blieben, in der Woche nach der Wahl dann aber nachträglich noch ausgezählt wurden.

Noch ist das bekanntgewordene amtliche Wahlergebnis nicht offiziell, wie Landeswahlleiter Stephan Bröchler am Sonntag betonte. Denn darüber hat der Wahlausschuss, ein neunköpfiges Gremium, am Montag zu befinden. Und es könnte auch sein, dass in einem zwischen zwei Direktkandidaten von CDU und Linken besonders knappen Wahlkreis in Lichtenberg noch einmal nachgezählt werden muss.

Wenn es aber so kommt, wie es sich in dem geleakten Entwurf andeutet, und das gilt als sehr wahrscheinlich, dürfte das Auswirkungen auf den Prozess der Regierungsbildung haben. Denn der Traum der Grünen, mit ihrer Spitzenkandidatin Bettina Jarasch erstmals die Regierungschefin zu stellen, dürfte endgültig geplatzt sein. Sowohl in einer Koalition mit der CDU als auch mit SPD und Linken wären sie zweitstärkste Kraft.

Giffey wiederum kann erstmal durchatmen und könnte in einer solchen Koalition Regierungschefin bleiben, nicht aber bei einem Bündnis der SPD mit der CDU. Stehen die Zeichen also auf ein "Weiter so" mit Rot-Grün-Rot? Keinesfalls, noch ist alles möglich.

Am Montag sondieren SPD, Grüne und Linke zum dritten Mal, ob es eine Basis für Koalitionsverhandlungen und eine gemeinsame Regierung gibt. CDU-Vertreter sprechen dann am Dienstag zum dritten Mal mit den Grünen. Danach, also ab Mitte der Woche, sollen Entscheidungen fallen, hatten Wegner und Giffey nach dem dritten Sondierungstreffen CDU/SPD am vergangenen Freitag angekündigt.

Wie der Machtpoker dann endet, dazu ließen sich die Beteiligten bisher nicht in die Karten schauen. Vielmehr flüchteten sie sich in den Statements nach ihren Treffen oft in sondierungstypische, inhaltlich wenig konkrete Floskeln. Demnach waren die bisherigen Gespräche "offen", "ernst", "konstruktiv" oder "lösungsorientiert". Die Parteien entdeckten dabei "Schnittmengen", räumten aber auch "unterschiedliche Auffassungen" bei bestimmten Themen ein.

Die Grünen könnten in einer Zweier-Koalition mit der CDU auf mehr Senatorenposten hoffen. Entgegenstehen könnten einem solchen Bündnis große Unterschiede in der Verkehrspolitik. Giffey wiederum hat viele inhaltliche Schnittmengen mit der CDU. Zum Beispiel eint beide eine Ablehnung der Enteignung von Wohnungskonzernen - der bisherige Koalitionspartner Linke ist dafür - wie auch Teile der Grünen. Allerdings könnte die seit Jahrzehnten regierende SPD, die jüngst ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Abgeordnetenhauswahl einfuhr, nur im Bündnis mit eben jenen Grünen und Linken die Rathauschefin stellen.

Giffey betonte zuletzt stets, sie klebe nicht an ihrem Amt. Entscheidend sei, was das beste für die Stadt sei - und die SPD. Sollte die Sozialdemokraten mit der CDU koalieren, könnte die steile politische Karriere der 44-jährigen Ex-Bundesfamilienministerin vorerst beendet sein. Dass sie in einer möglichen Koalition, in der die SPD Juniorpartner ist, noch ein Amt bekleiden wird, gilt als unwahrscheinlich. Ganz auszuschließen ist das aber nicht.