Neue Studie

Freizeit, Familie oder Job? Was Deutschlands Jugend wichtig ist


Die Shell Studie untersucht, wie Jugendliche ticken.

Die Shell Studie untersucht, wie Jugendliche ticken.

Junge Leute in Deutschland wünschen sich zwar einen sicheren Job. Karriere ist für sie aber zweitrangig. Vor allem Zeit für die Familie ist ihnen wichtig - eigene Kinder wollen aber immer weniger.

Am liebsten wollen sie alles: Deutsche Jugendliche wünschen sich einen sicheren Job, genug Zeit für die Freizeit und engagieren sich zunehmend politisch. Das ist das Ergebnis der am Dienstag in Berlin veröffentlichten Shell Jugendstudie. Die wichtigsten Themen der 12- bis 25-Jährigen im Überblick:

FAMILIE: Ihre Familie hat für die meisten Jugendlichen einen hohen Stellenwert. Mehr als 90 Prozent der Befragten haben ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern. Auch das "LBS-Kinderbarometer" ergab kürzlich, dass 85 Prozent der 9- bis 14-Jährigen sich in ihrer Familie gut oder sehr gut fühlen. Fast drei Viertel würde die eigenen Kinder der Shell-Studie zufolge so erziehen wie sie selbst erzogen wurden. Eigener Nachwuchs verliert aber an Bedeutung: Nach einem Anstieg auf 69 Prozent im Jahr 2010 liegt der Anteil der Befragten mit Kinderwunsch derzeit nur bei 64 Prozent.

BERUF: Ein sicherer Job ist fast allen (95 Prozent) wichtig oder sehr wichtig. Karriere ist aber eher zweitrangig: Weniger als die Hälfte (47 Prozent) hält Überstunden für nötig, um "etwas zu werden". Dagegen finden 91 Prozent der Befragten, dass Familie und Kinder neben dem Beruf nicht zu kurz kommen dürfen.

FREIZEIT: Sport, Lesen oder Kneipe? Etwa jeder dritte Jugendliche ist in der Freizeit gesellig - und hat vor allem Unternehmungen mit Freunden auf dem Programm. Insgesamt hat bei den Aktivitäten aber das Internet an Bedeutung gewonnen: Im Schnitt sind 12- bis 25-Jährige pro Woche demnach mehr als 18 Stunden online.

INTERNET: 72 Prozent gehen nach eigener Aussage vorsichtig mit ihren Daten um. Der Großteil (84 Prozent) ist zudem der Meinung, dass Facebook oder Google mit persönlichen Informationen Geld verdienen wollen. Letztlich geht es jungen Leuten im Internet vor allem um Kontakte zu anderen: Zwei Fünftel meinen, dass "man bei sozialen Netzwerken deshalb dabei sein muss, weil man sonst nicht mitbekommt, was die anderen machen". Dem Report "Kinder in der digitalen Welt" zufolge ist das Internet auch schon bei den Kleinsten angekommen - und wird demnach schon von Dreijährigen genutzt.

POLITIK: Das Interesse der Jugend an Politik steigt. 41 Prozent der 12- bis 25-Jährigen bezeichnen sich selbst als entsprechend interessiert. Zum Vergleich: Im Jahr 2002 sagte das nicht einmal jeder Dritte. Das steigende Interesse ändert jedoch nichts an der Verdrossenheit in Bezug auf die Parteien. 69 Prozent meinen: "Politiker kümmern sich nicht darum, was Leute wie ich denken."

HEIMAT: 62 Prozent der Jugendlichen sind stolz, Deutsche zu sein. Bei jungen Leuten ohne ausländische Wurzeln sind das sogar 70 Prozent. Die Mehrheit findet dabei übrigens, dass Stolz auf das Heimatland ganz von selbst kommt, wenn man sich in einer Kultur eingelebt hat.

WERTE: Freundschaft, Partnerschaft und Familie stehen ganz oben: Gute Freunde sind Jugendlichen besonders wichtig (89 Prozent), gefolgt von einem vertrauenswürdigen Partner (85 Prozent) und einem guten Familienleben (72 Prozent). Auch ihr Wertesystem ist nach Erkenntnissen der Forscher stabil: 84 Prozent finden Respekt vor Gesetz und Ordnung wichtig. 82 Prozent sagten zudem, man müsse "die Vielfalt der Menschen anerkennen und respektieren".

RELIGION: Die Mehrheit der Jugendlichen gehört zwar einer Glaubensgemeinschaft an - allerdings finden es nur 38 Prozent der Christen wichtig, an Gott zu glauben. Bei muslimischen Jugendlichen sieht das mit 81 Prozent ganz anders aus. Auch zwischen Ost und West gibt es Unterschiede: Für 68 Prozent der ostdeutschen Jugendlichen ist der Glaube an Gott unwichtig, im Westen sagten das deutlich weniger (45 Prozent). Zu einem ähnlichen Ergebnis kam jüngst auch eine YouGov-Studie mit Erwachsenen. Demnach glaubt jeder zweite Westdeutsche an Gott - aber nicht einmal jeder Dritte im Osten.


Info:
Die Shell Jugendstudien zählen zu den umfassendsten und fundiertesten Untersuchungen zum Thema Jugend. Sie werden seit 1953 vom Mineralölunternehmen Deutsche Shell finanziert und im Abstand von drei bis fünf Jahren veröffentlicht. Unabhängige Forschungsinstitute ermitteln jeweils die aktuellen Sichtweisen, Stimmungen und Erwartungen junger Leute in Deutschland. Für die 17. Studie wurden Anfang 2015 mehr als 2500 Mädchen und Jungen zwischen 12 und 25 Jahren zu ihrer Lebenssituation, ihren Glaubens- und Wertvorstellungen und ihrer Einstellung zur Politik befragt.

Valeria Eisenbart: "Ich bin geschockt, wie manche Deutsche denken"

Mehr Jugendliche interessieren sich wieder für Politik, meinen die Macher der Shell-Jugendstudie. Die Nachwuchsschauspielerin Valeria Eisenbart hält sich zwar für wenig politisch - Dinge ändern will sie trotzdem.

Unpolitisch vielleicht, aber nicht uninteressiert: Im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur erzählt Jungschauspielerin Valeria Eisenbart ("Fünf Freunde", "Wickie auf großer Fahrt"), wann sie Themen berühren und wie sie in der Flüchtlingskrise helfen möchte.

Bist du politisch engagiert?

Valeria: Auf einer Demo war ich noch nicht. Aber wenn ich Tierschützer irgendwo treffe, die Unterschriften sammeln, mache ich schon mit. Auch wegen der Bilder: Man kennt ja Videos und weiß, wie Tiere manchmal gequält werden. Da wird einem richtig schlecht, das berührt mich.

Ein Vorwurf an deine Generation lautet häufig, ihr wäret zu unpolitisch. Stimmst du da zu?

Meine Generation interessiert sich wirklich wenig für Politik. Es gibt zwar auch Leute, die ihre Meinung vertreten und sich einsetzen, aber im Großen und Ganzen interessiert die Politik die heutigen Jugendlichen nicht wirklich. Außer bei so ganz großen Themen, wie den Flüchtlinge. Da reden wir natürlich schon drüber.

Was denkst du, wenn du Nachrichten über Flüchtlinge hörst?

Ich bin geschockt, wie manche Deutsche denken und dass sie die Leute aus unserem Land wieder raushaben wollen. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Da kommen Menschen hierher und denken, sie haben endlich Ruhe, und dann werden denen noch die Häuser angezündet.

Tust du etwas, um den Flüchtlingen zu helfen?

In der Nähe meiner Schule soll ein Flüchtlingsheim aufgebaut werden, dort wollen wir helfen. Die Idee hatten zwei von unserer Schule. Wir wollen Spielsachen sammeln für die Kinder und auch Klamotten. Ich würde auch gerne mal dort hingehen und die Menschen kennenlernen. Es wird so viel gesagt über sie. Da will ich mir lieber ein eigenes Bild machen. Und vor Ort kann man bestimmt auch besser helfen.

Wie erreichen dich Nachrichten?

Meine Eltern gucken oft Nachrichten und lesen sie. Und die Themen sprechen sie ja auch an. Dann frage ich halt nach oder rede einfach mit.

Laut der Shell-Jugendstudie steht für viele die Sicherheit bei der Berufswahl an erster Stelle. Du willst Schauspielerin werden. Kein sicherer Beruf.

Auch mir ist das nicht egal. Ich habe schon darüber nachgedacht, was ich als Plan B mache, aber ich bin noch zu keiner Entscheidung gekommen. Ich habe überlegt, Medizin zu studieren, das ist ja ein sicherer Job. Ärzte braucht man wirklich immer. Aber die Schauspielerei mache ich auch auf jeden Fall weiter.


ZUR PERSON:
Ihre erste große Hauptrolle hatte Valeria Eisenbart (17) im Kinofilm "Die Tür". Danach war sie in der Verfilmung der Enid-Blyton-Romane "Fünf Freund" zusehen und als wilde Svenja in "Wickie auf großer Fahrt". Eisenbart geht in Berlin in die elfte Klasse.