Bayern
191 Millionen kostet das Olympia-Zeltdach
25. April 2023, 17:41 Uhr
München - Aus einer hautfarbenen Damenstrumpfhose baute der Architekt Fritz Auer vor fast 60 Jahren das Modell für das berühmte Zeltdach im Olympiapark. Es überspannte einen Teil des Stadions, die Schwimm- und die Sporthalle. Damals gab es viele Bedenken, ob die luftigleichte Konstruktion aus Stahlseilen und Acrylplatten halten würde. Die Statik wurde nicht zum Problem - die Kosten schon. Statt 25 kostete das Dach 115 Millionen Mark.
Inzwischen ist klar: Auch das Dach zu erhalten, wird viel teurer als angenommen. Die Sanierung soll rund 191 Millionen Euro kosten. So geht es aus einer Sitzungsunterlage hervor, über die der Stadtrat am Mittwoch abstimmt. Bis vor Kurzem ging die Stadt von 84 Millionen aus. Die Kosten haben sich also mehr als verdoppelt.
SPD und Grüne wollen Solarfolie auf dem Dach
Sollte der Stadtrat wirklich so viel Geld für ein Dach ausgeben, das hübsch aussieht, aber im Grunde keinen Nutzen hat? Zum Vergleich: Der Interimsgasteig in Sendling und das neue Volkstheater kosteten zusammen 171 Millionen Euro. Sie waren immer noch günstiger als das Olympia-Dach.
Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) findet trotzdem: "Dieses Ensemble müssen wir beschützen." Schließlich repräsentiere es die Zeiten, in denen aus dem Dorf München eine Stadt wurde. Auch CSU-Stadtrat Alexander Reissl bezeichnet das Dach als ein "architektonisch bedeutendes Wahrzeichen". SPD-Stadtrat Nikolaus Gradl sieht keine Alternative, als es zu sanieren. Er geht davon aus, dass seine Fraktion in der Vollversammlung am Mittwoch zustimmt, die Planungen fortzusetzen. Allerdings fordern SPD und Grüne in einem Änderungsantrag, zu prüfen, ob das Dach mit Solarfolie ausgestattet werden könnte.
Der Grund für die Preis-Explosion bei dem Zeltdach sei die Steigerung bei den Baupreisen im Allgemeinen. Aber auch die besondere Architektur des Zeltdachs ist verantwortlich. Es überspannt mit Plexiglas-Elementen eine Fläche von 78 000 Quadratmetern, das entspricht in etwa acht Fußballfeldern. Jede einzelne durchsichtige Kunststoffplatte muss ersetzt werden. Auch die Masten und Seile, die das Dach halten, müssen saniert werden.
Es ist nicht die erste Sanierung in dem Park - und sicher nicht die letzte
Die Sanierung der Stahlseile ist besonders herausfordernd - denn teilweise führen sie unter die Erde, so erklärt es Gradl. Gleichzeitig müssen sie unter Spannung stehen, damit das Dach nicht zusammenbricht.
Es ist nicht die erste Sanierung in dem Park - und sicher nicht die letzte. Das Zeltdach wurde bereits in den 90er Jahren für umgerechnet 60 Millionen Euro instand gesetzt. Damals war klar, dass 25 Jahre später wieder eine Sanierung anstehen würde.
Auch das Stadion muss ertüchtigt werden. SPD-Stadtrat Gradl schätzt, dass die Stadt in den nächsten zehn bis 20 Jahren zwischen 300 und 400 Millionen Euro in Dach und Stadion investieren muss. "Das ist wahnsinnig viel Geld und natürlich stellt sich da die Frage, was haben die Münchner davon?", fragt Gradl.
Er glaubt, wenn die Stadt so viel in das Olympiastadion steckt, könnte das für neuen Schwung bei einer Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele sorgen. Auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) steht der Idee aufgeschlossen gegenüber. "Eine Perle, aus der man mehr machen könnte", nennt Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner das Olympiastadion. "Ich bin offen für alles", sagt er. Ideen gebe es für Sportereignisse und andere Veranstaltungen.
CSU-Stadtrat Reissl erinnert sich daran, als 20 000 Rebstöcke auf der Tribüne aufgestellt und im Stadion eine Weinmesse abgehalten wurde. Und als der Rasen geteert wurde, damit Autorennen stattfinden konnten. Wirtschaftlich gelohnt habe sich all das nicht.