Peter Abstreiter im Interview
"Ich dachte, ich kann nie mehr Eishockey spielen"
12. Februar 2019, 10:00 Uhr aktualisiert am 12. Februar 2019, 11:50 Uhr
Den 23. Juni 2018 wird Peter Abstreiter vom EV Landshut in seiner Karriere als Eishockeyspieler wohl immer in dunkler Erinnerung behalten. Damals zog er sich beim Krafttraining einen Bandscheibenvorfall zu. Was folgte, war eine monatelange Leidenszeit und vor allem die Ungewissheit, ob der 38-Jährige noch einmal aufs Eis zurückkehren kann. Seit einigen Wochen nun steht er für den EVL wieder auf dem glatten Parkett. Und wie: beim 4:3-Auswärtssieg im Derby bei den Eisbären Regensburg war er mit drei Toren der Mann des Abends. Im Interview mit idowa spricht er über seine Verletzung und was er seinem Heimatverein in dieser Saison noch zutraut.
Herr Abstreiter, erinnern Sie sich daran, wie es damals zu dem Bandscheibenvorfall gekommen ist?
Peter Abstreiter: Ja, wir hatten ein Krafttraining im Stadion. Bei den Kniebeugen ist mir dann ein Gewicht ausgekommen. Dabei ist es passiert.
Haben Sie sofort den Schmerz gespürt oder gemerkt, dass etwas nicht stimmt?
Abstreiter: Mir ist sofort schlecht und schwindlig geworden. An Training war nicht mehr zu denken. Ich hatte allerdings die Hoffnung, dass es vielleicht nicht so schlimm ist. Tatsächlich wurden die Schmerzen aber immer stärker. Weil die Lendenwirbelsäule und damit auch ein Nerv für die Beine betroffen war, konnte ich am Tag darauf weder liegen noch stehen. Das Wochenende über hatte ich Schmerzmittel bekommen. Am Montag bin ich dann buchstäblich in die Gemeinschaftspraxis von Dr. Sagstetter und Dr. Widenka gefallen, weil ich schon erste Lähmungserscheinungen hatte. Von dort kam ich dann direkt ins Krankenhaus nach Vilsbiburg, wo mich Dr. Widenka am Dienstag operiert hat.
Was wurde bei der OP genau gemacht?
Abstreiter: Das Bandscheibengewebe, das den Nerv gereizt hat, wurde entfernt und die Bandscheibe verödet.
Sie hatten in Ihrer langen Karriere als Eishockey-Spieler schon drei Operationen, hatten sich das Kreuzband, das Innenband und das Syndesmoseband gerissen. Nun der Bandscheibenvorfall...
Abstreiter: Verglichen mit dem Bandscheibenvorfall waren die Bänderrisse noch fast harmlos. Das war echt eine Katastrophe. Auf einer Schmerzskala von 1 bis 10, eine 10+.
Mit der OP war es ja nicht getan. Danach stand monatelange Reha auf dem Programm. Hand aufs Herz, dachten Sie zwischenzeitlich auch mal, das ist jetzt das Ende Ihrer Eishockey-Karriere?
Abstreiter: Um ehrlich zu sein, ja. Beim Fototermin im August kam ich mir vor, als würde ich zum ersten Mal in meinem Leben auf dem Eis stehen. Der Nerv hat verrückt gespielt, ich wusste nicht, wo ich hingefahren bin. Eine Woche lang dachte ich dann, "Das war's jetzt mit Eishockey!". Das habe ich Axel Kammerer auch so gesagt.
Und wie hat er reagiert?
Abstreiter: Er hat mir immer gut zugeredet und mir gesagt, dass ich mir alle Zeit nehmen soll, die ich brauche.
Im Dezember sind Sie dann erstmals wieder ins Mannschaftstraining eingestiegen. Würden Sie sagen, Sie sind heute wieder bei 100 Prozent?
Abstreiter: Mein Rücken ist wieder absolut schmerzfrei. Lediglich der rechte Fuß ist vielleicht erst wieder bei 90 Prozent. Ich hatte ja nach der OP noch mit heftigen Phantomschmerzen durch einen sogenannten "beleidigten Nerv" zu kämpfen. Dabei sendet der Nerv ständig falsche Signale ins Bein und in den Fuß.
Nachwuchsförderung deutlich besser, als noch vor 20 Jahren
Dennoch haben Sie erst kürzlich beim Derbysieg in Regensburg wieder unter Beweis gestellt, wie wichtig Sie für die Mannschaft sind. Wie sehen Sie Ihre Rolle im Team?
Abstreiter: Ich fühle mich vor allem in der Reihe mit Max Forster und Max Hofbauer pudelwohl. Die Jungs wissen, dass ich noch nicht ganz bei 100 Prozent sein kann. Vor allem der Max Hofbauer ist eine echte Arbeitsbiene. In unserem Team kämpft halt jeder für jeden. Spielerisch war es insgesamt ein top Wochenende und wir haben vor allem in Regensburg einmal mehr Moral bewiesen.
Auffällig war auch in dieser Saison aber einmal mehr die fehlende Konstanz. Einige Punkte wurden gegen vermeintlich leichte Gegner liegen gelassen. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Abstreiter: Gute Frage. Wenn ich das wüsste. Vielleicht tun wir uns in den Spielen gegen die gut platzierten Mannschaften einfach generell vom Kopf her ein bisschen leichter, weil wir da von vornherein wissen, was auf uns zukommt. Gegen schwächere Gegner waren wir dagegen vielleicht mental nicht immer bei 100 Prozent.
Was trauen Sie der Mannschaft in dieser Saison noch zu?
Abstreiter: Ich traue uns mehr zu, als noch in der Saison 2017/18. Es ist alles drin. Wir haben noch das Ziel, nach der Meisterrunde Zweiter zu sein. Und in den Play Offs werden die Karten dann sowieso neu gemischt.
Ein Faktor beim EV Landshut waren seit jeher die eigenen Talente, die bereits in jungen Jahren ihre Chancen in der 1. Mannschaft bekommen. Welche Perspektive sehen Sie für Spieler wie Marco Baßler, Alexander Ehl oder Luis Schinko?
Abstreiter: Die Jungs haben auf alle Fälle das Zeug, um in die DEL reinzuschnuppern und dort vielleicht irgendwann ihren Weg zu gehen. Dazu müssen sie aber vor allen Dingen auch körperlich noch zulegen. Technik, Spielintelligenz und Laufstärke sind auf jeden Fall schon da.
Würden Sie sagen, die jungen Spieler sind heutzutage weiter als Ihre Generation vor etwa 20 Jahren?
Abstreiter: Absolut. Das fängt ja schon damit an, dass die Nachwuchstrainer heute alle viel besser geschult sind als damals. Ich hatte damals noch einen Jugendtrainer, der nebenbei bei der Post gearbeitet hat. Heute werden die Nachwuchsspieler auch schon früh ans Krafttraining herangeführt. Zum Vergleich: ich hatte meine erste Hantelstange in der Hand, als ich 17 war. (lacht)