Landkreis Landshut
Warum immer mehr Kommunalunternehmen entstehen
4. April 2023, 18:07 Uhr
Bei Bauprojekten europaweit nach Firmen suchen - für Kommunen bedeutet das viel Aufwand, doch ab 5,4 Millionen Euro Kosten sind sie dazu verpflichtet. Für Kommunalunternehmen gilt das nicht, genau wie weitere bürokratische Hürden. Seit fast 25 Jahren gründen immer mehr Gemeinden im Landkreis solche Unternehmen. Sie betreiben Sporthallen oder Bäder, erschließen Baugebiete oder beseitigen Abwasser. Wir geben einen Überblick in der Region.
Der Freistaat Bayern ermöglicht es Gemeinden seit den 1990ern, von der Verwaltung getrennte Unternehmen zu gründen. Kommunalunternehmen sind Anstalten des öffentlichen Rechts - anders als private GmbHs. Solche können auch einer Gemeinde gehören, wie die Eskara GmbH, Tochter des Kommunalunternehmens des Marktes Essenbach (KME). Die Eskara GmbH beschäftigt einen Eventmanager und eine Gastronomin für den Veranstaltungsbetrieb der Halle. Kommunalunternehmen hingegen sind nur für die Daseinsvorsorge der Bürger zuständig, darunter Versorgung mit Energie, Wasser, Gas. Sie können auch Grundstücke kaufen und im Bauwesen tätig werden.
Ältestes Beispiel des Landkreises in Rottenburg
Gewinne sind laut Thomas Gebendorfer kein Ziel von Kommunalunternehmen. Der Kämmerer von Rottenburg und Vorstand des Kommunalunternehmens der Stadt betont: Die Unternehmen bieten nur effiziente Rahmenbedingungen.
Baut eine Gemeinde etwa selbst Straßen, Kanäle und Anschlüsse für ein Baugebiet, muss die Kommune ihre Anwohner nach strikten Vorgaben an den Kosten beteiligen. "Es kann sein, dass jemand mit einem Eckgrundstück für zwei Straßen zahlt und ein anderer am Ende einer Sackgasse fast nichts - obwohl alle ja auf denselben Straßen herumfahren", sagt Gebendorfer.
Darum erschließt in Rottenburg ein Kommunalunternehmen neue Baugebiete. Es besteht seit 1999. Damals vergab der Freistaat Fördergeld an Kommunen, um entlegene Orte mit Kanälen zu versorgen. Zuvor landete Abwasser oft in Güllegruben oder hofeigenen Kläranlagen. Viele Kommunen wollten die Förderung abgreifen, doch hätten für die übrigen Kosten Kredite im zweistelligen Millionen-D-Mark-Bereich aufnehmen müssen. Da hätten Landkreis und Bezirk widersprochen, sagt Gebendorfer - bei Kommunalunternehmen nicht.
Die Stadt Rottenburg übertrug ihre gesamte Abwasserbeseitigung an das Unternehmen. Mit den Gebühreneinnahmen zahlte es die Kredite zurück. Mittlerweile installiert die Stadt auch Photovoltaikanlagen über das Unternehmen - und schafft Bau- und Gewerbegebiete.
Das Vilsbiburger Kommunalunternehmen ist für die Ballsporthalle zuständig, in der unter anderem die Volleyballerinnen der Roten Raben ihre Bundesligaspiele austragen. Eine Handvoll Angestellter in Haustechnik und Reinigung arbeiten im Unternehmen.
Von 2002 bis Ende 2009 war das Ergoldinger Ergomar an eine externe Firma vergeben, "mit der man keine guten Erfahrungen gemacht hat", sagt Betriebsleiter Christian Wuschek. Nun betreibt ein Kommunalunternehmen das Schwimmbad. Es handle flexibler, zudem seien Entscheidungsprozesse kürzer im Vergleich zu einem rein gemeindlichen Betrieb. Das Unternehmen beschäftigt um die 80 Mitarbeiter und machte 2022 einen Umsatz von zwei Millionen Euro.
Kommunalunternehmen in Kumhausen für Parkhaus
Im Vorstand der Unternehmen sitzen meist leitende Beamte der Gemeinden wie Kämmerer (siehe Grafik oben). Entscheidungen, die sonst im Gemeinderat fallen würden, treffen Vorstand und Verwaltungsrat der Kommunalunternehmen eigenständig - der Meinung von Weihmichls Bürgermeister Hans-Peter Deifel nach ein weiterer Vorteil. "Da läuft die Abstimmung optimal", sagt er, "weniger formal als im Gemeinderat". Deifel gibt zu: Nicht jedem Ratsmitglied gefällt es, in den entsprechenden Bereichen weniger eingebunden zu sein.
Das Kommunalunternehmen seiner Gemeinde gibt es seit 2022. Anlass waren mehrere Bauprojekte wie Kindergarten und Feuerwehrhaus.
Ähnlich erklärt der Kumhausener Geschäftsstellenleiter Stefan Ableitner, warum dort ein Kommunalunternehmen entstehen soll: Die Gemeinde plant eine neue Quartiersgarage, also ein Anwohnerparkhaus. Ende März stimmten die Mitglieder des Gemeinderats für die Gründung.
Das sagt der Gemeindetag
Der Trend zu mehr Kommunalunternehmen ist in den Augen Wilfried Schobers vom Bayerischen Gemeindetag absurd - wenn auch nachvollziehbar. "Ansonsten verwaltet man sich ja zu Tode", sagt der Pressesprecher. Die Staatsregierung ermögliche den Kommunen einen Umweg um die Fehler, "die der Freistaat selbst gemacht hat". Bürokratie abzubauen und unnötige Gesetze abzuschaffen, sei nötig. "Dafür setzen wir uns seit Jahren ein", sagt Schober. Der Verband beiße sich die Zähne an den Staatsministerien aus. Schober begründet: "Wer im Nachhinein sagt ,Das war ein Schmarrn', spricht sich ein Stück die eigene Rechtfertigung ab."