Landkreis Landshut

Gericht verurteilt Flutmuldenschläger zu sechseinhalb Jahren Jugendstrafe


Die Flutmulde in Landshut: Hier prügelte Jussuf M. einen Passanten halbtot. (Archiv)

Die Flutmulde in Landshut: Hier prügelte Jussuf M. einen Passanten halbtot. (Archiv)

Von kö

Am zweiten Verhandlungstag hatte Jussuf M. (Namen von der Redaktion geändert) in der Mittagspause drohend angekündigt, 2018 sei er wieder draußen und dann "geht's erst recht rund" - zur Urteilsverkündung am Donnerstag trug er Krawatte.

Nach drei Verhandlungstagen - die eingeschüchterte Zeugen, offensichtlich rettungslos verblendete Angeklagte und Familienangehörige sowie ein hohes Sicherheitsaufgebot mit sich gebracht hatten - verurteilte die Jugendstrafkammer des Amtsgerichts mit Vorsitzendem Richter Stefan Kolb den 18-jährigen Landshuter mit libanesischen Wurzeln unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung, schwere räuberische Erpressung, Nötigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten. Ein mitangeklagter 17-Jähriger Türke, der ebenfalls in Landshut geboren worden ist, erhielt wegen Körperverletzung eine Jugendstrafe von viereinhalb Jahren.

Er misshandelte, quälte, demütigte und raubte

Die von Staatsanwältin Anna Holzer vertretene Anklage war eine schier endlose Auflistung unvorstellbarer Grausamkeiten, die vor allem Jussuf M. seit Januar 2016 begangen hat. Wie berichtet, hielt er da einen Bekannten für mindestens zwei Stunden fest und misshandelte, quälte, demütigte und beraubte ihn. "Er drückte eine brennende Zigarette in das Gesicht des Geschädigten und riss ihm den Ohrring aus dem rechten Ohrläppchen", hieß es da unter anderem in der Anklageschrift. Meistens traf der Zorn des 18-Jährigen aber Fremde: Man kann sagen, dass Jussuf M. rasend durch die Gegend zog und niederprügelte, was ihm in den Weg kam. Gemeinsam mit dem mitangeklagten Kamil D. schlug M. etwa am frühen Abend des 23. April einen jungen Mann zusammen. D. hielt den Geschädigten fest, während M. diesem mehrmals mit der Faust ins Gesicht schlug und ihn trat. Dann warfen sie ihr Opfer zu Boden; es folgten weitere Schläge und Tritte, auch gegen den Kopf des Mannes, der aus dem Überfall eine gebrochene Nase, zwei gebrochene Rippen, zahlreiche Prellungen und Schürfwunden sowie eine Gehirnerschütterung davontrug. Eine Begleiterin des Mannes, die die Angeklagten aufgefordert hatte, den Geschädigten in Ruhe zu lassen, erhielt einen Faustschlag in den Magen.

Opfer musste reanimiert werden

Noch schlimmer erging es am 10. Mai in der Flutmulde einem 53-Jährigen: Der Mann wäre an den Folgen der Prügelattacke von Jussuf M. und einem gleichaltrigen Kumpel (der wegen der Tat bereits vom Amtsgericht Traunstein verurteilt worden ist) gestorben, hätte ein couragierter Zeuge nicht erste Reanimationsmaßnahmen durchgeführt. Die flüchtenden Täter indes trafen an der Ecke Schlachthof/Stethaimerstraße auf ihr nächstes Opfer. Auch auf den 34-Jährigen traten sie noch ein, als dieser bereits am Boden lag. Auf die Frage von Richter Kolb, warum er an diesem Abend auf die beiden Männer eingeschlagen habe, hatte Jussuf M. am ersten Verhandlungstag erklärt, "Ich sag' gar nichts". Leugnen wäre in den meisten Anklagepunkten allerdings auch zwecklos gewesen: Neben den durchgehend belastenden Zeugenaussagen hatte Jussuf M. seine Straftaten zum Teil auch noch per Handy filmisch festgehalten.

Freunde und Familie störten Verhandlung

An der uneinsichtigen, geradezu bizarren Haltung des 18-Jährigen vor dem Jugendschöffengericht hatte sich aber bis zuletzt nichts geändert. Und auch bei den Vorführbeamten hatte sich Jussuf M. im Verlauf der drei Verhandlungstage nicht beliebt gemacht. Auf den Weg in die Arrestzellen spreizte er sich etwa unvermittelt in den Türrahmen. Allerdings wussten die Beamten schon, dass der 18-Jährige mit Vorsicht zu behandeln ist: Am 17. Januar war er beispielsweise im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle am Bahnhofsplatz regelrecht durchgedreht und hatte den Kopf eines Beamten auf den Boden geschlagen sowie diesem einen Finger ins Auge gebohrt, was ebenfalls einen Punkt der Anklage dargestellt hat.

Blieb zu guter Letzt die Frage, was ist schief gelaufen bei einem jungen Mann, der es offensichtlich cool findet, ins Gefängnis zu wandern? Was ist schief gelaufen bei seinem Umfeld? Von Seiten seiner Freunde schien Jussuf M. dafür regelrecht Bewunderung entgegen zu schlagen. Diese sowie seine Familie hatten am ersten Verhandlungstag die Beweisaufnahme immer wieder durch Proteste und Kommentare aus den Zuschauerreihen gestört, bis Richter Kolb die Personalien feststellen ließ.