Petition gegen Gesetzentwurf

Dürfen Patienten Therapeuten bald nicht mehr frei wählen?


Psychotherapeuten und Patienten befürchten, dass mit dem neuen Gesetzentwurf von Jens Spahn die Hürden für psychisch Erkankte, sich Hilfe zu suchen, höher werden.

Psychotherapeuten und Patienten befürchten, dass mit dem neuen Gesetzentwurf von Jens Spahn die Hürden für psychisch Erkankte, sich Hilfe zu suchen, höher werden.

Von Susanne Pritscher und Redaktion idowa

Ein Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der Patienten eigentlich dabei helfen soll, schneller einen Arzttermin zu bekommen, sorgt derzeit für eine Welle von Entrüstung. In sozialen Medien kursiert seit einiger Zeit eine Nachricht, in der dazu aufgerufen wird, eine Petition gegen den Entwurf zu unterstützen. Was sagen die einschlägigen Psychotherapeuten-Verbände zu dem Entwurf? Übrigens: Wenn Sie sich für die Perspektive einer Betroffenen interessieren, dann lesen Sie: Betroffene: "Spahns Gesetzesentwurf ist gefährlich".

Es geht um den Entwurf zu einem "Terminservice- und Versorgungsgesetz" (TSVG). Mit diesem Gesetz will Minister Spahn schrittweise die Situation von Kassenpatienten verbessern. In vielen Fällen müssten sie bei einem Facharzt länger auf einen Termin warten, als Privatpatienten. Dem will die Politik nun entgegenwirken. "Ich kann nicht versprechen, dass mit Inkrafttreten dieses Gesetzes gleich das Paradies ist", sagt Spahn laut dpa. Der Ansatz des vom Kabinett beschlossenen Pakets laute aber: "Wir machen es besser."

Ein Abschnitt in dem Gesetzentwurf sorgt allerdings vor allem bei Psychotherapeuten und Patienten für Unmut. Demnach soll eine psychotherapeutische Behandlung zukünftig "im Rahmen einer gestuften und gesteuerten Versorgung erfolgen". Die Psychotherapeutenverbände kritisieren, dass diese Regelung die freie Wahl des Psychotherapeuten für den Patienten einschränken könnte. Die geplanten Maßnahmen würden zusätzliche Hürden schaffen, schreibt die Bundespsychotherapeutenkammer in einer Pressemitteilung.

Die Verbände kritisieren, dass "ausgerechnet denen, die über oft enorme, hoch schambesetzte und intime seelische Belastungen sprechen müssen, eine zusätzliche Hürde zur Psychotherapie aufgebürdet und zudem ein neues Nadelöhr geschaffen" werden soll. Eine solche "Rationierung von Behandlungsleistungen" sei ein "diskriminierender Eingriff in die Versorgung psychisch kranker Menschen".

Kettenbrief auf WhatsApp warnt vor Gesetzentwurf

Die Initiatoren der Petition, die derzeit auf WhatsApp verbreitet wird, kritisieren, dass psychisch kranke Patienten dem Gesetzentwurf zufolge erst einen vorgeschalteten "Diagnostiker" davon überzeugen müssten, dass sie Hilfe brauchen. Zu beachten ist: Nicht alles wird richtig dargestellt in dem Kettenbrief. Die Aussage, dass die Patienten von einem "Patientenprüfer, der auch nicht weiter qualifiziert ist", geprüft werden müssen, ist so nicht haltbar. Im Gesetzesentwurf ist die Rede von "psychologischen Psychotherapeuten" und "Vertragsärzten".

In dem zwischengeschalteten Diagnostiker sehen die Gegner des TSVG dennoch eine Diskriminierung psychisch Erkrankter und befürchten, dass dadurch die Entstehung von chronischen psychischen Erkrankungen gefördert werde. "Ich bin bereit für die öffentliche Sitzung des Petitionsausschusses", sagt Ariadne Sartorius vom Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp), die die Petition im Deutschen Bundestag eingereicht hat, in einer Pressemitteilung. "Wir werden alles dafür tun, dass dieses Gesetz so nicht verabschiedet wird."

Inzwischen ist den Gegnern des TSVG ein erster Erfolg gelungen: Die erforderliche Anzahl von Unterschriften gegen den Gesetzentwurf haben die Initiatoren der Petition bereits erreicht, wie auf der Homepage der Bundespsychotherapeutenkammer veröffentlicht wurde. Bereits über 65.000 Menschen haben die Petition bis zum 6. Dezember unterschrieben, 50.000 Unterschriften wären notwendig gewesen. "Damit hat die Petition ausreichend Unterschriften erhalten, damit der Petitionsausschuss zu den Forderungen eine öffentliche Anhörung veranstalten kann."

Die Petition kann noch bis zum Abend des 13. Dezember 2018 unterschrieben werden.