Forschung

Dank Pferdemist: Auf den Spuren von Feldherr Hannibal


Bill Mahaney, Chris Allen, Coren Pulleyblank, Jonathan Young und Pierre Tricart (l-r) bei Ausgrabungsarbeiten am knapp 3000m hohen Col de la Traversette an der Grenze von Frankreich und Italien in den Alpen (undatierte Aufnahme). Das Team will Belege dafür gefunden haben, dass der antike Feldherr Hannibal mit seinem Heer hier über die Alpen nach Italien gezogen war.

Bill Mahaney, Chris Allen, Coren Pulleyblank, Jonathan Young und Pierre Tricart (l-r) bei Ausgrabungsarbeiten am knapp 3000m hohen Col de la Traversette an der Grenze von Frankreich und Italien in den Alpen (undatierte Aufnahme). Das Team will Belege dafür gefunden haben, dass der antike Feldherr Hannibal mit seinem Heer hier über die Alpen nach Italien gezogen war.

Von Monika Müller

Mit fast 40 Elefanten überquerte Feldherr Hannibal einst die Alpen. Wo genau sein Tross aber langzog, darüber streiten Experten seit langem. Jetzt wollen Forscher es bewiesen haben - mit uraltem Kot.

Wohl kaum ein antiker Kriegsschachzug fasziniert die Menschheit heute noch so wie Hannibals Alpen-Überquerung. Mit mehreren Tausend Soldaten und Pferden sowie 37 Elefanten soll der Feldherr um 218 vor Christus ins heutige Italien marschiert sein. Dort kämpfte der karthagische Heerführer dann mehrere Jahre lang gegen Rom und musste sich am Ende geschlagen geben. Seine Alpen-Überquerung aber gilt bis heute als logistische und taktische Meisterleistung, die Wissenschaftler begeistert - und verwirrt, denn wo genau Hannibals Tross langzog, ist auch nach mehr als 2.000 Jahren Forschung, Diskussion und Streit immer noch nicht geklärt.

Bis jetzt - behauptet ein Team von Forschern rund um den Geologen Bill Mahaney von der kanadischen York Universität in Toronto. "Unser internationales Team hat endlich solide Beweise für die wahrscheinlichste Transitroute erbracht", schreibt Mikrobiologe Chris Allen von der Queens Universität im nordirischen Belfast in einer Zusammenfassung der Studie. Das Ergebnis: Hannibal kam demnach wohl über den Col de la Traversette. Dieser fast 3.000 Meter über dem Meeresspiegel gelegene Pass liegt an der französisch-italienischen Grenze, südöstlich von Grenoble und südwestlich von Turin.

An einem kleinen See am Rand des Alpen-Passes fanden die Forscher eine große Menge uralter Kotreste, möglicherweise von Pferden, die sie auf etwa 200 vor Christus datieren konnten. "Das ist eine der wenigen Stellen in der Gegend, die zum Tränken großer Tiergruppen benutzt werden konnte", schreibt Forscher Allen. "Sie wurde ursprünglich bei geologischen Expeditionen in die Gegend entdeckt und entspricht Beschreibungen von dem Terrain, durch das Hannibal zog."

Diese Beschreibungen stammen hauptsächlich von den antiken Geschichtsschreibern Polybios und Titus Livius, die selbst nicht Teil von Hannibals Tross waren, aber möglicherweise mit Augenzeugen beziehungsweise deren Nachfahren gesprochen hatten. Auf Basis hauptsächlich dieser Quellen hatten die meisten Wissenschaftler bislang zu drei möglichen Routen tendiert: Neben dem Col de Traversette waren das noch zwei weiter nördlich und weniger hoch gelegene Pässe, der französische Col de Montgenèvre und der Col de Clapier zwischen Frankreich und Italien.

Der Col de Clapier war bislang der Favorit der Wissenschaftler, da er ziemlich genau auf die Beschreibungen von Titus Livius zu passen schien. Forscher hatten den Pass auch schon mit Elefanten überquert - erfolgreich. Archäologische Beweise waren aber bislang ausgeblieben.

"Möglicherweise waren die Berichte von Titus Livius eher Fiktion als Fakt", schreibt Forscher Allen, der jetzt den Col de Traversette als Route Hannibals ausgemacht haben will. "Warum Hannibal die schwierigere Traversette-Überquerung ausgewählt hat? Darüber können wir im Moment nur spekulieren." Möglicherweise habe der Feldherr keine Wahl gehabt, weil feindliche Stämme lauerten.

Abgeschlossen sei der Beweis seines Forscher-Teams aber noch nicht, warnt Allen. Mit genauerer Gen-Analyse der Bakterien in dem antiken Kot müsse erst noch nachgewiesen werden, dass er wirklich von Pferden oder Menschen stamme. Das könne noch eine Weile dauern.

Forschungsarbeit sorgt für Wirbel

Trotzdem sorgt die im Fachmagazin "Archaeometry" veröffentlichte Studie des Forscherteams in der Wissenschaftswelt schon jetzt für Wirbel. "Wenn die Beweise in der Studie wirklich auf das dritte Jahrhundert vor Christus zurückzuführen sind, dann sind das fantastische Nachrichten, die die Diskussion aus dem Hypothetischen ein bisschen mehr ins Nachgewiesene heben", sagt die Archäologin Eve McDonald von der britischen Universität Reading, die im vergangenen Jahr ein Buch über Hannibal veröffentlicht hat.

Aber auch McDonald mahnt zu Vorsicht und Geduld. "Solange es keinen eindeutigen Beweis gibt, dass die Hinterlassenschaften aus dieser Studie wirklich von Hannibal und seiner Armee stammen, solange wird die Frage weiter diskutiert werden."