Freistunde

Stefan Probst übt das Überleben in der Wildnis


Auf Bushcrafting-Touren hat Stefan zum Beispiel eine Säge für das Lagerfeuerholz dabei.

Auf Bushcrafting-Touren hat Stefan zum Beispiel eine Säge für das Lagerfeuerholz dabei.

Stefan Probst aus Bärndorf im Landkreis Regen weiß sich in der Natur zu helfen. Er will vorbereitet sein, wenn der moderne Luxus
wie Strom und fließendes Wasser plötzlich ausfällt. Denn der 28-Jährige ist sich sicher: Diese Zeit wird kommen.

Stell dir vor, plötzlich ist es dunkel. Stromausfall. Kein Licht. Keine Heizung. Kein Internet. Ein digitaler Zusammenbruch überall in Deutschland. Wie lange, ist unklar. Was also tun, wenn nichts mehr funktioniert? Wärst du vorbereitet?

Stefan Probst kann diese Frage eindeutig mit "Ja" beantworten. Der Medienproduzent aus Bärndorf bei Viechtach im Landkreis Regen stapft querfeldein über eine nasse Wiese. Er hat eine wasserdichte Hose und einen olivgrünen Strickpullover von der Bundeswehr an - die halten besonders warm. Rote Locken blitzen unter seiner Mütze hervor. Auf dem Rücken trägt der 28-Jährige einen großen Rucksack. Er ist auf dem Weg zu seinem Lager im Wald. Stefan ist Überlebenskünstler.

Feuer machen, einen Unterschlupf bauen oder Tierangriffe abwehren - der 28-jährige Stefan Probst hat sich selbst auf ein Leben in freier Natur vorbereitet.

Feuer machen, einen Unterschlupf bauen oder Tierangriffe abwehren - der 28-jährige Stefan Probst hat sich selbst auf ein Leben in freier Natur vorbereitet.

Vor der Corona-Krise hat Stefan keine Angst - er ist skeptisch

Er bereitet sich vor - worauf genau, da ist er sich mittlerweile nicht mehr sicher. Vor ein paar Wochen hat Stefan damit gerechnet, dass ein digitaler Zusammenbruch irgendwann für großes Chaos sorgen wird. Dann kam Corona. Angst hat Stefan davor nicht, er ist skeptisch: "Ich denke, dass Corona nur ein Deckname ist und uns von etwas ablenken soll, was gerade im Hintergrund läuft." Was genau er vermutet, will er aber nicht verraten.

Der Zweifel an der Arbeit der Regierung und die oberflächliche Einstellung mancher Menschen heutzutage haben Stefan zu seiner besonderen Lebensweise gebracht. "Ich habe festgestellt, dass die Leute immer bequemer werden", sagt er. "Es ist ein Teufelskreis, sie wollen sich tolle Dinge kaufen, dafür müssen sie aber wieder mehr arbeiten und machen nicht mehr das, was sie wirklich wollen." So ein Leben wollte er nicht. "Das muss doch auch anders gehen", dachte sich Stefan. Seit rund 14 Jahren beschäftigt er sich schon mit dem Thema "Survival" und verbringt die meiste Zeit draußen.

Stefan kommt im Lager an. Hier hat er sich in den vergangenen Jahren einen Rückzugsort gebaut. Eine Feuerstelle in der Mitte. Ein Hocker. Ein Tisch, den er zum Holzsägen benutzt. Und eine überdachte Bank, auf der er schon einige Nächte verbracht hat. Die Möbel hat Stefan alle aus Baumstämmen selbst gebaut. Er stellt den großen Rucksack auf den Boden. Zuerst will er ein Lagerfeuer machen. Ein Feuerzeug benutzt Stefan dafür aber nicht. Er kramt in seinem Rucksack und zieht einen dunkelgrauen Stahlstift heraus: ein sogenanntes Feuerstahl. Mit einem Messer schabt er von einem dicken Ast feine Holzspäne auf die Feuerstelle. Stefan kniet sich vor den Haufen. Mit schnellen ruckartigen Bewegungen reibt er die Stahlteile aneinander. Funken sprühen auf die Späne. Eine Flamme entsteht nicht. Neuer Versuch. Diesmal klappt es, das Holz beginnt zu glühen. Stefan geht mit dem Gesicht nah heran und pustet. Er legt dünne Äste gitterartig auf die Glut. Nur wenige Minuten später brennt das Feuer.

Stefan geht zum Nachdenken in sein Lager

Stefan kommt jeden Tag in sein Lager. "Es ist wie meine zweite Heimat. Ich komme hierher, um nachzudenken. Etwas, wofür man in unserer hektischen Welt nur wenig Zeit hat", sagt er. Währenddessen schnitzt er oder baut neue Möbel für das Lager. Da der Wald seiner Familie gehört, kann sich Stefan hier ausleben. Anders ist es, wenn er auf Survival-Touren geht. Übernachten darf er nicht überall. Nicht jeder Waldbesitzer findet das gut.

Bei solchen Touren hat Stefan oft nur ein Messer und vielleicht Kochgeschirr dabei. Manchmal auch gar nichts. Er ernährt sich dann ausschließlich von dem, was die Natur hergibt. "Ich mache mir dann zum Beispiel Eintöpfe aus verschiedenen Insekten und Pflanzen", erklärt Stefan. Was er davon essen darf, hat er aus Büchern gelernt. Genauso wie Feuermachen, Möbelbauen und die Abwehr von Tierangriffen. Letzteres war zum Glück noch nie notwendig.

Bushcrafting ist die "Luxusversion vom Survival"

Mit seiner Freundin macht Stefan keine Survival-, sondern Bushcrafting-Touren. "Das ist quasi die Luxusversion vom Survival", sagt er und grinst. Bushcrafter haben Hilfsmittel wie zum Beispiel Werkzeug dabei.

Stefans Traum wäre es eigentlich, ein Aussteigerleben zu führen. "Ich weiß, dass irgendwann der Tag kommt, an dem ich meine Sachen packe und länger nicht wiederkomme", sagt er. Was ihn bisher davon abhält, sind seine Freunde, Familie und Freundin. An materiellen Dingen hängt er nicht. Durch seine Art zu leben, hat Stefan gelernt, mit wenig glücklich zu sein und Luxus wie fließendes Wasser, Strom oder Internet mehr zu schätzen.

Dass ihn viele Menschen als Spinner und Verschwörungstheoretiker betrachten, stört Stefan nicht. Gerade jetzt, während der Corona-Krise, merkt er wieder, dass seine Einstellung richtig ist. "Viele Leute die vorher über mich gelacht haben, kommen jetzt auf mich zu und fragen mich um Rat", erzählt er.

Das Feuer ist mittlerweile ausgegangen. Die Sonne nur noch als Halbkreis am Horizont zu sehen. Stefan packt sein Werkzeug in den Rucksack. Er stapft querfeldein über die nasse Wiese zurück nach Hause - in die hektische Welt.