An was glaubst du?

„Jugendliche glauben mehr, als wir ihnen zutrauen“


Foto: Sebastian Geiger

Foto: Sebastian Geiger

Von Interview von Sebastian Geiger

Mit etablierten Religionen haben Jugendliche ein Problem, zumindest wenn man nach der populären Meinung geht. Felix Biebl, Frater am Kloster Windberg (Kreis Straubing-Bogen), zu dem eine bekannte Jugendbildungseinrichtung gehört, hat andere Erfahrungen mit dem Thema gemacht. Glauben spielt seiner Meinung nach für Jugendliche eine größere Rolle als man meint und aus dem daraus entstehenden Dialog können sie und die Kirchen sehr viel lernen.

Freistunde: Ist Glaube für Jugendliche überhaupt noch wichtig?
Felix Biebl: "Jugendliche glauben mehr, als wir ihnen zutrauen. Die Vorstellung, dass dieser Glaube ganz konkret sein muss, ist allerdings etwas, das wir Erwachsene wohl als wichtiger erachten als die Jugendlichen. Die Hoffnung, sich nach etwas Größerem ausstrecken zu können, spüre ich bei vielen Jugendlichen. Oft können sie mit der Kirche selbst wenig anfangen, den Glauben mit in ihr Leben nehmen wollen aber viele und damit eine Hoffnung, dass das Leben trotz aller Widrigkeiten zu einem guten Ziel hin unterwegs ist."

Das hört sich nicht nach einer sehr konkreten Vorstellung an.
"Nicht auf den ersten Blick. Wenn man die Jugendlichen besser kennt, merkt man, dass mehr da ist, als man zunächst vermutet hätte. Es ist ein manchmal recht unbestimmter Glaube, der aber auch sehr tief gehen kann. Leider haben wir in Windberg bei unseren Besinnungstagen nur drei Tage dafür Zeit, diesem Glauben zu begegnen, können uns also nicht so intensiv mit den Jugendlichen auseinandersetzen, wie wir es gerne würden."

Muss man dann, um junge Leute für den Glauben zu begeistern, die Jugendlichen zur Kirche bringen oder eher die Kirche zu den Jugendlichen?
"Das ist eine sehr gute Frage. Ich glaube, man benötigt beides. Die Kirche kann sehr
viel von den Jugendlichen lernen. Das war auch das Thema der Studientagung zur ressourcenorientierten Jugendbildungsarbeit, die das Bischöfliche Jugendamt Regensburg vor Kurzem in Windberg abgehalten hat. Ich sehe auch unsere Aufgabe bei den Besinnungstagen weniger als Welterklärer. Es ist mehr ein Miteinandersuchen. Die Kirche hat den Jugendlichen etwas zu sagen, das ist unser Auftrag, aber die Jugendlichen auch der Kirche. Es ist sehr wichtig, dass sich beide Seiten zuhören. Das ist aber auch etwas, das man durchaus noch weiter einüben
muss."

Für viele gläubige Jugendliche ist gerade die Gemeinschaft ihres Glaubens wichtig. Denken Sie, dass das soziale Netz ein wichtiger Grund ist, sich mit dem Thema zu beschäftigen?

"Ja und Nein. Für manche ist die klassische Jugendgruppe unglaublich wichtig. Ein
Platz, an dem man sie kennt und an dem sie ihre Freunde haben. Andere Jugendliche
bevorzugen eher punktuelles Engagement. Sie engagieren sich für bestimmte Projekte, scheiden dann aber auch wieder aus, wenn diese vorbei sind. Für mich ist Gemeinschaft ein unglaublich wichtiger Teil der Kirche und des Glaubens. Aber da muss jeder das für sich richtige Maß finden. Für sich alleine glauben, kann unter Umständen funktionieren, ich denke aber, dass die Erfahrung in einer Gemeinschaft, die miteinander nach Gott sucht, wesentlich bereichernder ist."

Wie empfinden Sie das Verhältnis, das Jugendliche zu Glaubenstexten haben? Bei unseren Recherchen haben uns viele Jugendliche gesagt: "Da steht schon viel Interessantes drin, aber man muss nicht alles glauben."
"Das kann ich unterschreiben. Im Fall der christlichen Kirchen müssen wir mehr Bewusstsein schaffen, was die Bibel eigentlich will. Natürlich können wir sie nicht wörtlich nehmen. Dass die Welt in sieben mal 24 Stunden erschaffen worden ist, funktioniert nun mal so nicht. Es sind Geschichten, die Wahrheit auf erzählende Weise transportieren. Man sollte nicht nur bei den Fakten stehen bleiben, sondern den Geist, der mitschwingt, für sich entdecken."

Gerade als Teenager experimentiert man viel mit Glaubenseinstellungen und unterschiedlichen Philosophien. Noch vor ein paar Jahren war die Gefahr, dass Jugendliche darüber in Sekten geraten, noch sehr hoch. Wie hat sich dieses Thema entwickelt?
"Es sind glücklicherweise nicht mehr so viele Jugendliche, die in die Fänge von Sekten geraten. Wenn wir in Windberg mit extremen Einstellungen konfrontiert sind, sind das meist extreme Atheisten. Stark gewachsen ist die Anzahl von Jugendlichen, die sich zwar Glaubensfragen stellen, aber selber damit nichts anfangen können."

Was können Eltern tun, um ihren Kindern zu zeigen, dass der Glaube vielleicht doch Spaß machen kann?
"Mit gutem Beispiel voran gehen und das Kind unterstützen. Wenn der Sohn oder die
Tochter neugierig ist und in einen Gottesdienst will, am Besten einfach mitgehen.
Am überzeugendsten war und ist noch immer das Zeugnis des Lebens."