Mein Monster und ich
Computerspiel "Papo & Yo" thematisiert Suchtprobleme
16. Juli 2013, 9:49 Uhr aktualisiert am 16. Juli 2013, 9:49 Uhr
Ein kleiner Junge, der in den brasilianischen Armenvierteln umherwandert, immer auf der Suche nach einem Monster, das ihm genauso oft hilft, wie es ihm nach dem Leben trachtet: Zunächst hört sich das Spiel "Papo & Yo" wie so viele andere Computergames an. Doch die Entwickler des kanadischen Studios Minority Media haben es geschafft, aus ihrem Spiel ein Erlebnis zu machen, das so schnell niemand vergessen wird.
"Papo & Yo" webt die Fantasien, die Träume aber auch die Albträume von Quico zu einem einmaligen Spiel zusammen. Auf der Flucht vor seinem Vater stürmt der Junge in die Favelas, die seine Heimat sind. Hier, in den Armenvierteln, deren Häuser aus Kistenbrettern, Blechkanistern, Palmwedeln, Steinen und Holzbrettern bestehen, schlägt er sich durch ein nicht enden wollendes Labyrinth. Zunächst scheinen viele Hindernisse unüberwindbar, doch Quico lernt schnell, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Kreidezeichnungen an den Wänden kann er dazu benutzen, um seine Umgebung zu verändern. Kleine Häuser werden so zu Treppen, Fassaden verwandeln sich in Leitern und an einigen Stellen kann er auch durch Wände gehen.
Dann ist da noch Lula, sein Roboter, der Quico über große Abgründe hilft. Und schließlich gibt es noch Monster: Ein riesiges, rotes Wesen, das entfernt an ein Rhinozeros erinnert - und das Quico genauso oft hilft, wie es ihn töten möchte. Frisst das Monster einen der Frösche, die im Spiel herumhüpfen, verwandelt es sich in ein fürchterliches Ungeheuer, das nur noch zerstören will. Quico hat nur eine Chance, heil aus dieser Situation herauszukommen: Er muss Monster besänftigen und wieder zur Ruhe bringen.
Kindheit verarbeitet
Doch "Papo & Yo" ist mehr als nur ein wunderschönes und melancholisches Abenteuer-Spiel: Spieleentwickler Vander Caballero verarbeitet mit dem Titel seine eigenen Kindheitserfahrungen. "Mein Vater war ein guter Mann, aber auch ein sehr böser", schreibt er über das Spiel. Wie so viele andere habe auch er Alkohol und Drogen genommen, um mit den Tiefschlägen in seinem Leben klarzukommen. "Und ich war gefangen zwischen ihm und seiner Sucht."
Um mit der Realität um ihn herum fertig zu werden, spielte Vander als kleiner Junge Videospiele. "Ich kann mich noch daran erinnern, wie gefährlich und dunkel die Welt der Erwachsenen für mich war. In Videospielen wie Super Mario war ich der Held und konnte Gegner besiegen, die viel größer waren als ich", sagt er. Auch Quico erlebt in "Papo & Yo" fantastische Abenteuer und riskiert sein Leben, um das Monster, seinen Freund, gesund zu machen und von seiner Froschsucht loszubringen. Die Tatsache, dass die Favelas, in denen Quico lebt, sich dabei in ein Wunderland verwandeln, macht aus Vander Caballeros Erlebnissen eine Geschichte, mit der sich jeder identifizieren kann.
Der stille Feind
Dass "Papo & Yo" kein einmaliges Erlebnis bleibt, war bei dem Namen "Minority Media" (Minderheiten-Medien) eigentlich abzusehen. Im Frühjahr kündigte das Studio einen neuen Titel mit dem Namen "Silent Enemy" (Der stille Feind) an. "Ursprünglich sollte es in diesem Spiel darum gehen, in der Wildnis jagen zu müssen", sagt Vander Caballero. Das Konzept basierte wie schon bei "Papo & Yo" auf den Erlebnissen eines der Teammitglieder. Doch schnell wurde klar, dass die Entwickler noch einen Schritt weitergehen wollten. "Das Spiel sollte auch eine emotionale Ebene haben", sagt Vander. Ruben Farrus, Kreativchef der Firma, hatte schließlich die Idee: Minority Media könnte ein Spiel zum Thema Mobbing machen.
Viel ist über "Silent Enemy" noch nicht bekannt. Nur, dass auch hier wieder fantastische Elemente mit einer traurigen und wahren Geschichte eine Verbindung eingehen. Fast jedes Mitglied von Minority Media ist schon einmal verprügelt oder gehänselt worden und diese Erfahrungen bringen die Entwickler in "Silent Enemy" ein. Die Welt ist in einen ewigen Winter getaucht, die der Spielercharakter mithilfe von Tieren und seiner eigenen Fähigkeit, sich in andere Wesen zu verwandeln, wieder erblühen lassen muss. Sagengestalten und Hintergründe entstammen dabei den Legenden der Crete-Indianer, die in einer Gegend leben, in der es im Winter bis zu minus 50 Grad haben kann. Wann "Silent Enemy" herauskommt, wissen die Entwickler noch nicht. Gerüchteweise soll das Spiel aber Ende 2013 erscheinen. "Papo & Yo" ist für Playstation 3 und den PC erhältlich.