Unfälle, Verstöße, Hygienemängel

Schweinerei Tiertransporte? Ein Veterinär klärt auf


Tiertransporte in Drittstaaten stehen längst in der Kritik. Das Deutsche Tierschutzbüro fordert nun aber auch ein Umdenken bei Transporten innerhalb Deutschlands. (Symbolbild)

Tiertransporte in Drittstaaten stehen längst in der Kritik. Das Deutsche Tierschutzbüro fordert nun aber auch ein Umdenken bei Transporten innerhalb Deutschlands. (Symbolbild)

Von Redaktion idowa

Tiertransporte sind mal wieder in der Kritik. Diesmal allerdings nicht nur die teils tagelangen Transporte in Ostblockstaaten, sondern auch innerhalb Deutschlands. Nach einer Statistik des Deutschen Tierschutzbüros e.V. ereigneten sich allein im Jahr 2019 bundesweit mindestens 46 schwere Unfälle von Tiertransportern. Der Appell des Vereins: Lebendtiertransporte komplett verbieten. Doch wäre das überhaupt möglich?

Nach Angaben des Deutschen Tierschutzbüros ereigneten sich die meisten Unfälle in den Bundesländern, in denen auch die meisten Nutztiere gehalten werden: Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Im Freistaat waren es demnach im Jahr 2019 neun Unfälle. "Die Dunkelziffer dürfte noch wesentlich höher sein", betont Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Tierschutzbüros. Seiner Ansicht nach ist "ein Ende des heutigen Systems der Massentierhaltung und damit auch von Lebendtiertransporten unumgänglich."

"Stundenlange Transporte in der Realität oft unvermeidbar"

Doch ganz so einfach ist das offenbar nicht, wie Dr. Holger Vogel, Präsident des Bundesverbandes der beamteten Tierärzte, gegenüber idowa erklärt: "Das Thema ist natürlich immer emotional. Mittlerweile gibt es regional einfach nicht mehr genug Schlachthöfe. Deshalb sind stundenlange Transporte in der Realität oft unvermeidbar." Laut dem Veterinärmediziner wären Transporte mit bis zu vier Stunden Dauer zwar wünschenswert, aber wegen der genannten mangelnden Abdeckung von Schlachthöfen meist nicht durchführbar. Rechtlich seien deshalb auch Transporte mit bis zu acht Stunden Dauer zulässig.

Ein weiterer Vorwurf des Deutschen Tierschutzbüros: häufige Verstöße gegen die gesundheitlichen und hygienischen Vorschriften bei Tiertransporten. Zudem auch technische Defekte an den Fahrzeugen, die dann mitunter zu Unfällen führen. "Verstöße gibt es sicherlich immer wieder mal, aber dass die Transportfahrzeuge nicht verkehrssicher seien, kann ich nicht bestätigen. Unfälle können leider immer passieren, nicht nur bei Tiertransporten", beschwichtigt Dr. Vogel. Häufig ist überdies auch der Vorwurf von zu überfüllten Transporten und jeder Menge Stress für die Tiere zu lesen.

"Natürlich gibt es Transportstress"

Dr. Vogel zeichnet aber auch hier ein eher differenziertes Bild: "Natürlich gibt es so etwas wie Transportstress für die Tiere. Aber die Schweine werden zum Beispiel zusammen im Stall gehalten und sind aneinander gewöhnt. Rangkämpfe beim Transport gibt es daher eigentlich keine." Schweine seien sogar Tiere, die die Körpernähe brauchen würden. Überfüllt seien die Transporte wohl nur in Einzelfällen. Außerdem müssten die Tiere schon allein wegen der Fliehkräfte beim Transport in ihren Buchten eng aneinander stehen, um so Stürze und Verletzungen zu vermeiden.

Gleichwohl macht auch der Veterinärmediziner keinen Hehl daraus, dass die Belastungen für die Tiere vor allem im Sommer hoch sind. Dr. Vogel: "Insbesondere bei starker Hitze und wenn die Tränke nicht ausreichend gefüllt sind." Vereinzelte schwarze Schafe gäbe es sowohl beim Tiertransport als auch bei der Tierhaltung leider immer wieder. Daher macht sich der Mediziner auch bereits seit längerem dafür stark, dass Veterinäre tote Tiere in Tierkörperbeseitigungsanstalten untersuchen dürfen. Dies sei rechtlich bislang nicht möglich. "Hier wären Stichproben aber dringend notwendig, um Rückschlüsse auf die Haltung der Tiere ziehen zu können. So könnten wir mehr Tierleid verhindern." Bislang sind nur Stallüberwachungen bei lebenden Tieren zulässig. "Dafür fehlt uns aber schlichtweg das Personal, um das adäquat abzudecken", räumt Dr. Vogel ein.

Am Ende des Tages seien sowohl Tierhaltung als auch -transport immer auch ein wirtschaftlicher Faktor. Dr. Vogel: "Und an der Stelle kommt dann immer auch der Verbraucher ins Spiel. Wenn Fleisch hauptsächlich billig und in Mengen vorhanden sein soll, dann fördert das eben die Massentierhaltung."

Das sagt der Bayerische Bauernverband

Das Thema Tiertransporte hat freilich aber auch der Bayerische Bauernverband auf der Agenda. "Wir verurteilen jegliche Tierquälerei sowohl bei der Haltung, dem Transport als auch bei der Schlachtung. Tierschutz muss auch während der letzten Lebensstunden gelten", so die eindeutige Haltung des Verbandes. Sprecherin Stefanie Härtel ergänzt: "Wir erwarten deshalb, dass auch bei Tiertransporten (…) mit größtmöglicher Sorgfalt gearbeitet wird. Insbesondere aus Tierschutzgründen ist grundsätzlich der Export von Fleisch und Fleischprodukten dem Export lebender Tiere zur Schlachtung vorzuziehen." Dies würde den Tieren lange Transporte ersparen.