Bayern
Noch mal 15 Jahre Chaos
26. April 2023, 18:05 Uhr
München - Schon seit fast vier Jahren sieht jeder, der nach München reist, zuerst eine Baustelle. Denn die Bahn ließ die Empfangshalle des Hauptbahnhofs im Mai 2019 abreißen. Seitdem stehen da Kräne, Bagger und Bauzäune.
Pendler müssen weitere Wege zurücklegen, denn einfach durch die Halle laufen kann seitdem niemand mehr.
Nun ist klar: Das wird noch bestimmt 15 Jahre so bleiben. Denn wie die Zweite Stammstrecke verzögert sich auch dieses Bauvorhaben.
Durch eine verglaste 35 Meter hohe Eingangshalle sollen Reisende einmal vorbei an Läden und Cafés zum neuen U-Bahnhalt der U9 kommen. Auch die Züge der Zweiten Stammstrecke sollen sie von der neuen Halle aus erreichen.
Der S-Bahnhof wird einmal 40 Meter tief unter der Erde liegen. Und freilich müssen erst einmal alle Arbeiten im Untergrund fertig sein, bevor die Bahn beginnen kann, das Empfangsgebäude und die Vorplätze herzurichten.
Stammstrecke soll zwischen 2035 und 2037 in Betrieb gehen
Derzeit schätzt die Bahn, dass die Zweite Stammstrecke zwischen 2035 und 2037 in Betrieb genommen wird. Dann soll auch das neue Empfangsgebäude zumindest so weit fertig sein, dass die S-Bahnen dort halten können.
So geht es aus den Beschlussvorlagen aus dem Planungsreferat hervor. Dass das Empfangsgebäude und die Vorplätze dann komplett fertig sind, steht dort allerdings nicht.
Um einen Betrieb der Stammstrecke zu gewährleisten, müsse der Bau des Empfangsgebäudes vier Jahre vor Inbetriebnahme der neuen S-Bahnröhre starten - also frühestens 2031.
Ursprünglich hatte die Bahn die Hoffnung, dass das Empfangsgebäude 2028 steht.
Eine "klaffende Wunde" nannte Grünen-Verkehrsexperte Paul Bickelbacher die Baustelle am Hauptbahnhof in der Vollversammlung des Stadtrats. "Was wäre gewesen, wenn wir das vorher gewusst hätten, dass wir noch zehn bis 15 Jahre vor dem Hauptbahnhof ein tiefes Loch haben? Das konnten wir uns damals gar nicht ausmalen", sagte Linken-Stadträtin Brigitte Wolf.
Die Planungen werden fortgesetzt
Tatsächlich liegt die Entscheidung, den Hauptbahnhof neu zu bauen, lange zurück. 2006 stand nach einem Architektur-Wettbewerb fest, dass die Pläne des Büros Auer Weber weiterverfolgt werden sollen.
Etwas anderes tun, als sich über die Dauerbaustelle zu ärgern, kann die Stadt nun allerdings nichts mehr - da ist sich auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sicher.
Und so blieb dem Stadtrat in seiner Sitzung am Mittwoch nichts anderes übrig, als dem Planfeststellungsverfahren zum Neubau des Empfangsgebäudes zustimmen. Die Planungen werden damit also fortgesetzt - auch am Starnberger Flügelbahnhof, der für ein 69 Meter hohes Gebäude abgerissen wird.
Stege zwischen den Gleisen sollen Umstiegszeiten verkürzen
Für SPD-Stadtrat Nikolaus Gradl macht ein hohes Gebäude an dieser Stelle im Bahnhofsviertel, wo noch mehr Häuser höher in den Himmel ragen, Sinn. Wichtig ist ihm ein anderer Punkt: Dass die Gleise im Bahnhof durch einen Steg miteinander verbunden werden, um so die Umstiegszeit zu verkürzen. Denn gute Takte bringen seiner Meinung nach nur etwas, wenn man den Anschlusszug erwischt.
Auch Grünen-Stadtrat Bickelbacher hat Wünsche: Unbedingt müsse die Bahn in dem neuen Empfangsgebäude die Bahnhofsmission unterbringen, sagte er. In den Vorlagen habe sich die Bahn bisher zu der Bahnhofsmission noch gar nicht geäußert. Damit sie bleiben kann, sei es notwendig, dass die Bahn eine erschwingliche Miete garantiert, sagte Bickelbacher.