Coronavirus
Was tun, wenn der Arbeitgeber pleite geht?
19. Mai 2020, 10:53 Uhr aktualisiert am 19. Mai 2020, 14:17 Uhr
Wegen der staatlichen Maßnahmen, die die Ausbreitung von Sars-CoV-2 begrenzen sollen, drohen massenhaft Firmenpleiten. Was Arbeitnehmer tun können, wenn ihr Arbeitgeber zusperren muss, erfahren Sie hier.
Aus der April-Umfrage des Münchener ifo-Instituts geht hervor, dass mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen nur noch ein halbes Jahr bis zur Pleite bleibt, wenn die durch Corona bedingten Einschränkungen bestehen bleiben - fast ein Drittel schafft sogar nur drei Monate.
Viele deutsche Unternehmen sehen laut Umfrage durch die Coronakrise ihre Existenz akut bedroht bedroht. 52,7 Prozent gaben an, bei Aufrechterhaltung der Einschränkungen zur Pandemie-Eindämmung noch sechs Monate oder kürzer durchhalten zu können, 29,2 Prozent können sogar nur drei Monate oder weniger überleben. "Das sind beunruhigende Zahlen, die auf eine kommende Pleitewelle hindeuten", sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Befragungen. Insolvenzbedingt könnten viele Arbeitnehmer ihren Job verlieren und hätten dann Anspruch auf ein sogenanntes "Insolvenzausfallgeld", um das wegbrechende Gehalt auszugleichen. Was es dabei zu beachten gilt und wie Sie es beantragen können, wissen die ARAG-Experten.
Was passiert, wenn Insolvenz angemeldet wurde?
Hat der Arbeitgeber Insolvenz angemeldet, bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen, der Arbeitnehmer ist also weiterhin zur Arbeitsleistung verpflichtet. Ein vom Gericht bestellter Insolvenzverwalter tritt an die Stelle des Arbeitgebers. Auswirkungen hat die Insolvenz allerdings auf die Kündigungsfristen: Es gilt eine einheitliche Kündigungsfrist von drei Monaten - es sei denn, dass laut Vertrag oder Gesetz eine kürzere Frist anwendbar ist.
Wann und wie lange wird das Insolvenzausfallgeld gezahlt?
Sie müssen das Insolvenzausfallgeld spätestens zwei Monate nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen. Die Arbeitsagentur zahlt dann rückwirkend maximal den Lohn, der für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor der Eröffnung des Verfahrens noch aussteht - und zwar grundsätzlich in Höhe des Nettogehaltes. Hat das insolvente Unternehmen auch Sonderzahlungen wie etwa Weihnachts- oder Urlaubsgeld geleistet, bekommen Arbeitnehmer auch dafür Ersatz, allerdings nur anteilig für den Zeitraum von drei Monaten, in denen auch Insolvenzausfallgeld gezahlt wird. Wichtig: Steuern müssen Sie auf das Insolvenzausfallgeld nicht zahlen, aber es laut ARAG-Experten trotzdem bei der Einkommenssteuer angeben.
Wo und wie kann der Antrag gestellt werden?
Die ARAG Experten weisen betroffene Arbeitnehmer darauf hin, dass sie selbst tätig werden und den Antrag auf Insolvenzausfallgeld stellen müssen. Der Antrag kann, sofern das in Zeiten von Corona möglich ist, persönlich in der zuständigen Arbeitsagentur gestellt werden - oder online über die Homepage der Bundesarbeitsagentur.
Was wird aus Urlaubstagen und Überstunden?
Ob Sie Anspruch auf noch bestehende Urlaubstage haben, hängt davon ab, ob das Arbeitsverhältnis zur Zeit der Insolvenz noch andauert oder bereits beendet ist. Besteht das Arbeitsverhältnis noch, kann der Urlaub beantragt und genommen werden. Wurde der Urlaub allerdings vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewilligt, ist der Anspruch auf Urlaubsentgelt nur eine Insolvenzforderung. Das heißt, er muss beim Insolvenzverwalter gemeldet werden, wenn er nicht in den Zeitraum fällt, für den Insolvenzgeld bezogen wird. Entgelt für Urlaub, der nach der Insolvenzeröffnung genommen wird, wird als sogenannte "Masseforderung" aus den Vermögenswerten des Unternehmens gezahlt. Sobald Sie nicht mehr arbeiten, haben Sie also Anspruch auf die Abgeltung von noch nicht genommenen Urlaubstagen.
Anders sieht es laut ARAG-Experten beim Thema Überstunden aus, die vor der Insolvenz geleistet worden sind: Insolvenzgeld gibt es nur für Überstunden, die in den letzten drei Monaten vor Eröffnung der Insolvenz geleistet wurden. Alle übrigen noch nicht gezahlten Überstunden müssen beim Insolvenzverwalter angemeldet werden.