Neue Studie von Opinion Matters
Deutschland ist Überstunden-Europameister
11. April 2019, 18:07 Uhr aktualisiert am 11. April 2019, 18:07 Uhr
Deutschland ist einer neuen Studie zufolge Europameister bei Überstunden, die nicht bezahlt werden - ein besorgniserregender Trend, sagen die Autoren.
München - Um 17 Uhr Feierabend? An vielen Arbeitsplätzen ist das nur Wunschdenken. Obwohl immer mehr Unternehmen eine gute Work-Life-Balance versprechen, gehören Überstunden für viele Mitarbeiter immer noch zum Arbeitsalltag.
Neue Studie: Deutschland ist Europameister bei Überstunden
Das belegt auch eine neue Studie. Hierbei gaben 71 Prozent der befragten deutschen Arbeitnehmer an, regelmäßig länger zu arbeiten - unbezahlt. Generell leisten fast zwei Drittel der europäischen Arbeitnehmer regelmäßig unbezahlte Überstunden, im Schnitt vier Stunden und 47 Minuten, wie die Studie der Marktforschungsagentur Opinion Matters im Auftrag des Personalunternehmens ADP zeigt.
Deutschland liegt mit seinen 71 Prozent an der Spitze der acht befragten Länder, vor Spanien und Großbritannien. Für die Studie wurden im Oktober mehr als 10.500 Arbeitnehmer aus acht Ländern befragt (Deutschland, Frankreich, Polen, Italien, den Niederlanden, Spanien, Schweiz und Großbritannien).
Überstunden: Oft noch Teil der Unternehmenskultur
"Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Arbeitgeber auch heute noch unrealistische Erwartungen an die Arbeitnehmer stellen", heißt es im Fazit der Studie. Das führe dazu, dass sie länger als vereinbart arbeiten - ohne dafür Geld zu bekommen.
Die Autoren sprechen von einem besorgniserregenden Trend, der etwa zu Burn-out führen könnte. Zudem sinke die Motivation der Arbeitnehmer. "Viele Mitarbeiter haben das Gefühl, von ihnen werden viele Überstunden erwartet - auch wenn das nicht immer so offen kommuniziert wird", sagt die Kommunikationspsychologin Steffi Jacobeit. Ihrer Einschätzung nach ist vor allem die mittlere und niedrige Führungskräfteebene betroffen: "Abteilungsleiter zum Beispiel leiden häufig unter einem hohen Überstundenpensum", sagt sie. "Sie erhalten Druck von oben, wollen aber gleichzeitig ihre Mitarbeiter schützen. Zusätzliche Arbeit übernehmen sie deshalb oft selbst."
Aber auch normale Angestellte fühlen sich oft zu Überstunden verpflichtet: Sie springen aus Loyalität für kranke Kollegen ein oder bleiben länger im Büro, weil der Schreibtischnachbar mit einer wichtigen Aufgabe nicht rechtzeitig fertig wird. "Es gibt auch Unternehmen, in denen Mitarbeiter komisch angeguckt werden, wenn sie pünktlich Feierabend machen", sagt Jacobeit.
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