Olympische Spiele
Sechs Monate vor Olympia-Eröffnung: Baustellen, Konfliktherde und offene Fragen
24. Januar 2024, 11:05 Uhr
Tickets und Wettkampfstätten
Etwa drei Viertel der zehn Millionen angebotenen Eintrittkarten - zwischen 24 bis 950 Euro für Wettkämpfe, bis zu 2700 Euro für die Eröffnungsfeier - sind vergriffen. Das Budget soll unter neun Milliarden Euro bleiben, es wären die "günstigsten" Sommerspiele seit Peking 2008. Zahlreiche Wettkampfstätten existieren bereits, temporäre werden kurzfristig errichtet.
Tenor des Organisationskomitees Cojo und des Internationalen Olympischen Komitees: Die dritten Sommerspiele in Paris nach 1900 und 1924 mit dem Eiffelturm oder Versailles als Kulisse können kommen. Wegen des Verdachts der Begünstigung und der Veruntreuung öffentlicher Gelder bei der Vergabe von Aufträgen ermittelt die Finanzstaatsanwaltschaft allerdings gegen die Organisatoren.
Größter Zankapfel ist jedoch ein Aluminiumturm, der 22 Flugstunden von Paris entfernt in Teahupo’o/Tahiti eigens für die Surfwettbewerbe errichtet werden soll. Die lokalen Behörden wollen wegen Umweltbedenken eine kleinere Lösung, Cojo aber verweist auf die Notwendigkeit, neben der Jury auch TV-Teams unterzubringen.
Sicherheit
Die Angst vor Terror während Olympia ist Teil der öffentlichen Debatte. Exemplarisch dafür steht die Eröffnungsfeier, bei der zahlreiche der etwa 10.500 Athletinnen und Athleten auf Booten über die Seine fahren sollen, an den Ufern werden bis zu 600.000 begeisterte Zuschauer erwartet. Das ist die Idealvorstellung - tolle TV-Bilder inklusive. Doch mittlerweile sprechen Politiker von einem Plan B, laut Staatspräsident Emmanuel Macron soll dieser "im Falle einer potenziellen Bedrohung" greifen, aber "das darf uns nicht davon abhalten zu träumen. Und ich hoffe, dass wir bis zum Ende träumen können." Deswegen verspricht Macron die "höchsten Sicherheitsstandards".
30.000 Polizisten sind für die Spiele eingeplant, 15.000 bis 20.000 Soldaten sowie mindestens 17.000 Mitarbeiter von privaten Sicherheitsdiensten sollen unterstützen. Allein der Fackellauf wird ein Mammutprojekt: Das Olympische Feuer soll auf seinem Weg nach Paris permanent von rund 100 (!) Polizisten in einer "Sicherheitsblase" geschützt werden.
Russland, Ukraine...
Seit dem 8. Dezember herrscht Gewissheit, Sportlerinnen und Sportler aus Russland und Belarus dürfen trotz des Angriffskrieges gegen die Ukraine teilnehmen - als neutrale Einzelathleten und unter weiteren Auflagen. Eine Entscheidung, die weder auf russischer Seite noch bei den Ukrainern positiv aufgenommen wurde. Russlands Sportminister Oleg Matysin sprach von "Diskriminierung", das ukrainische Außenministerium klagte das IOC an, mit dieser Entscheidung der russischen Aggression neuen Auftrieb zu verleihen. IOC-Präsident Thomas Bach verneint dies. Ein neutraler Athlet stehe "gerade nicht für ein Land, und das wird eben dadurch deutlich, dass er sich mit nichts identifizieren darf, was auf sein Land hinweisen könnte. Damit wird die Sanktionierung dieser Regierung der gesamten Welt noch einmal vor Augen geführt", sagte Bach Ende Dezember der Welt am Sonntag.
... und Israel
Durch den Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und die folgenden erbitterten Reaktionen ist in der Region ein weiteres Krisenfeld - auch für den Sport - entstanden. Aus "Sicherheitsgründen" wurde Israel Mitte Januar vom Eishockey-Weltverband von Weltmeisterschaften bei den Senioren ausgeschlossen, was höchst kontrovers bewertet wurde. Israels NOK-Präsidentin Yael Arad bekräftigte kürzlich, dass ihr Land mit 80 bis 90 Sportlern wie geplant in Paris antreten werde. Sie verlasse sich darauf, dass "alles für die Sicherheit der Veranstaltung" getan wird.
und sonst?
Es gibt noch viele vergleichsweise kleine Baustellen. Die Buch- und Bildhändler ("Bouquinistes") am Seine-Ufer etwa wollen gegen ihre geplante temporäre Verbannung für die Eröffnungsfeier vor Gericht ziehen. Die Preise für ein U-Bahn-Ticket verdoppeln sich während der Spiele nahezu (von 2,10 Euro auf 4 Euro), in bestimmten Stadtbezirken dürfte auch für Anwohner der Zugang erschwert sein - Sicherheitsgründe. Die angedachte großflächige Videoüberwachung wird von den Parisern, die sich im Sommer zudem auf etwa 15 Millionen Touristen einstellen müssen, kritisch gesehen. Unterkünfte für Übernachtungsgäste drohen in bestimmten Stadtteilen und Außenbezirken knapp zu werden, entsprechend hoch sind die Preise. Alles in allem: Die übliche Aufregung vor Olympischen Spielen.