In Berlin angekommen

Regensburger Handballtalent Nils Lichtlein auf den Spuren seines Onkels


Nils Lichtlein (am Ball) muss sich trotz seiner 1,83 Körpergröße noch oft gegen Größere durchsetzen.

Nils Lichtlein (am Ball) muss sich trotz seiner 1,83 Körpergröße noch oft gegen Größere durchsetzen.

Von Felix Hüsch

Carsten Lichtlein steht seit 2013 im Tor des VfL Gummersbach. Dieses Jahr konnte er mit den "Bad Boys" der Nationalmannschaft den Europameister-Titel feiern. Seit September 2016 steht auch sein Neffe im Fokus. Nils Lichtlein spielte bis September 2016 in der C-Jugend des ESV 1927 Regensburg. Dann kam der Anruf. Die Füchse Berlin, Klubweltmeister und Pokalsieger von 2014, meldeten sich bei dem 14-jährigen Toptalent. Im Interview mit idowa erzählt Nils von familiären Vorbildern und gelegentlichen High fives mit Bundesliga-Profis.

Nils, du bist aus der Regensburger C-Jugend direkt in der B-Jugend eines Topvereins gelandet. Was ist anders am Training und dem Trainingsniveau?
Nils Lichtlein: So ziemlich alles. Das Niveau ist natürlich deutlich höher. Die Mannschaft ist total eingespielt und jeder weiß genau, wie der Nebenmann spielt und sich bewegt. So wird das von unseren Trainern aber auch gefordert. Das führt zu einer ganz anderen Intensität - auch in den Spielen.

Du könntest eigentlich noch C-Jugend spielen und bist deshalb der Jüngste in einer durch die Bank hochtalentierten Mannschaft. Was musst du auf deiner Position im rechten Rückraum mitbringen, um dich im Team durchzusetzen?
Lichtlein: Es fällt in so einem Team viel schwerer, sich zu beweisen. Ein kleiner Vorteil ist, dass ich einer von eher wenigen Linkshändern bin. Die werden ja immer gern gesehen. Ein anderer Punkt ist die Körpergröße. Viele von uns sind 15 oder 16 Jahre alt und schon 1,90 Meter groß - einer sogar 1,95 Meter. Das kann im Handball viel ausmachen. Ich bin 1,83 Meter groß. Da muss ich die fehlenden Zentimeter eben mit Schnelligkeit oder Sprungkraft ausgleichen. Unser Konkurrenzdenken in der Mannschaft ist aber nicht allzu groß. Wir motivieren uns oft gegenseitig, um Dinge danach beser zu machen.

Du wohnst im Sport- und Leistungszentrum Berlin, einem reinen Athleteninternat. Was vermisst du von zuhause?
Lichtlein: Vor allem Dinge abseits der Halle. Es kommt in Berlin aufgrund des straffen Zeitplans kaum zu Gesprächen mit Leuten, die nicht vom Handball kommen. Man verbringt quasi Tag und Nacht mit den anderen Jungs. Schlimm ist das aber nicht. Wir verstehen uns alle sehr gut und es sind auch schon ein paar Freundschaften entstanden.

Ihr trainiert täglich - manchmal sogar mehrmals. Wie kommst du damit klar?
Lichtlein: Das war eine Umstellung, aber man gewöhnt sich an den Muskelkater (lacht). Manchmal überkommt mich die Müdigkeit und ich möchte tatsächlich früher schlafen gehen. In der Früh steht nämlich an einigen Tagen um 7:45 Uhr schon wieder Athletiktraining auf dem Programm. Die normalen Schulfächer, in denen wir unterrichtet werden, sind eine ganz gute Abwechslung. Steht allerdings Sport auf dem Stundenplan, heißt das für uns immer eins: Handball.

Die Füchse Berlin sind die Mannschaft mit der vielleicht besten Nachwuchsarbeit der gesamten Liga und du trainierst ab und zu schon bei der A-Jugend von DHB Vizepräsident Bob Hanning mit. Solltest du dich auf Dauer beweisen können, hast du vielleicht mal die Chance auf die erste Mannschaft. Wie groß ist dein Wunsch, in der stärksten Liga der Welt zu spielen?
Lichtlein: Da ist für uns alle das Hauptziel und mein größter Wunsch. Ich will mein Hobby unbedingt zum Beruf machen.

...Unbedingt? Hast du schon einen Plan B im Hinterkopf?
Lichtlein: Nicht wirklich. Ich möchte schon gerne mein Abi machen und auch studieren. Sollte es mit dem Handball nichts werden, will ich trotzdem irgendwas in den Bereichen Sport oder Körper des Menschen machen.

Hast du zwischendurch auch mal Kontakt zu Spielern aus der Bundesliga-Truppe?
Lichtlein: Ja, das ist echt cool. Die trainieren in der gleichen Halle wie wir und wenn wir vor oder nach ihnen dran sind, läuft man sich über den Weg. Da gibt es zum Beispiel ein paar Shakehands und High fives mit Fabian Wiede oder Paul Drux. Die Profis sind alle total nett und man fühlt sich ein bisschen wie in einer großen Familie.

Du hast mal gesagt, dass sich nur Verrückte ins Tor stellen und der Job zwischen den Pfosten nichts für dich wäre. Warum ist dein Onkel Carsten trotzdem ein Vorbild für dich?
Lichtlein: Weil er es so weit geschafft hat und viel investiert hat, um dort zu stehen, wo er jetzt steht. Er musste immer wieder kämpfen - auch für den Platz im Nationalkader. Aufgeben ist überhaupt nicht sein Ding. Damit motiviert er viele Menschen und mich als seinen Neffen natürlich besonders.

Tauscht du dich mit ihm aus, seitdem du in Berlin bist?
Lichtlein: Zum Telefonieren kommen wir eher weniger, da wir beide zu wenig Zeit haben. Wir schreiben aber viel auf WhatsApp und sehen uns, wenn die Familie zusammenkommt. Eine große Rolle spielt für mich aber auch mein Opa Artur. Er ist der Erfahrenste von uns und hat auch meinen Onkel früher schon gefördert. Jetzt an Silvester hatten wir uns alle wieder Einiges zu erzählen.