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Plötzlich unersetzlich: Nagelsmann braucht einen Plan B ohne den gesperrten Pavard

Benjamin Pavard macht gegen die PSG-Stars sein bestes Spiel in dieser Saison. Weil der Franzose nun gesperrt ist, muss Nagelsmann umplanen


"You are crazy""(du bist verrückt), schimpfte Neymar in Richtung Benjamin Pavard.

"You are crazy""(du bist verrückt), schimpfte Neymar in Richtung Benjamin Pavard.

Von Patrick Strasser

Benjamin Pavard und Yann Sommer schritten brüllend aufeinander zu, drückten Brust an Brust, von der Seite kam Matthijs de Ligt hinzu und schüttelte das zweiköpfige Emotionsbündel. Dayot Upamecano eilte zur Gratulation herbei.

Der gefeierte Held in jener Szene kurz vor Schluss war Pavard, der einen Schuss von Lionel Messi zentral vor dem Tor geschickt und etwas glücklich so abgefälscht hatte, dass der Ball vorbeiflog. Torhüter Sommer wäre wohl machtlos gewesen, der Schweizer schwärmte nach Abpfiff: "Ich finde, wir haben in der Defensive enorm viel wegverteidigt, einmal mehr. Und das ist natürlich ein Geschenk als Torwart, wenn die Vorderleute so verteidigen." So blieb es in Paris beim 1:0.

Was zwei bemerkenswerte Statistiken ergaben: Erst zum zweiten Mal in den letzten 33 Champions-League-Heimspielen von Paris St.-Germain gelang es einer Gastmannschaft, keinen Treffer zu kassieren. Diesen Dienstag den Bayern und zuletzt, im April 2013 im Viertelfinale: auch den Bayern, damals unter Hansi Flick. Das 1:0 war jedoch ein Pyrrhus-Sieg, da man aufgrund der Auswärtstore-Regelung (Hinspiel in München 2:3) ausschied. Zurück zur Gegenwart: In sechs der sieben Partien der aktuellen Champions-League-Saison hielten die Bayern die Null (außer beim 4:2 in Pilsen).

"Es war sehr wichtig, dass wir kein Gegentor kassiert haben", sagte Trainer Julian Nagelsmann und freute sich über "die sehr gute Kontrolle", die sein Team vor allem in der Anfangsphase der Partie hatte. Nagelsmanns Entscheidung, der PSG-Offensive eine Dreierkette (Pavard, Upamecano, de Ligt) plus zwei Schienenspieler als Außenverteidiger (Cancelo und ab der zweiten Halbzeit Davies sowie Coman) entgegenzusetzen, ging auf.

Seine Dreierkette, so der Cheftrainer voll des Lobes, habe "sehr gut verteidigt", speziell Pavard "ein gutes Spiel gemacht, fantastisch!". Selbst die Grätsche in der Nachspielzeit, mit der der Franzose den durchgebrochenen Messi am linken Strafraumeck bremste, machte rein taktisch Sinn, weil er damit eine größere Torchance verhinderte.

Die Aktion kostet den 26-Jährigen nach der Gelb-Roten Karte jedoch die Teilnahme am Rückspiel am 8. März. Als Pavard mit gesenktem Kopf und ohne zu reklamieren den Platz verließ, kam PSG-Star Neymar auf ihn zu und rief: "You are crazy!" - so wollen es Lippenleser gesehen haben. Dabei zeigte Neymar auf Pavards Kopf. Fairplay ist was anderes. Die beinharten Duelle mit Neymar, der Joshua Kimmich ein schmerzhaftes Andenken an die Partie verpasste, nannte der Bayern-Kapitän auf Nachfrage der AZ schmunzelnd "freundschaftlich". Wird sicher ein entspanntes Rückspiel.

Ohne Pavard. Sein Trainer Nagelsmann nannte die Ampelkarte "ärgerlich" und "nicht gut", er meinte; "Es ist eine schwierige Situation mit viel Geschwindigkeit von Messi. Eine 50:50-Situation, ob man dort ins Tackling gehen sollte oder nicht." Ist nicht mehr zu ändern.

Vielmehr muss sich Nagelsmann Gedanken machen, wie er Pavard, dessen Sahne-Position die des rechten Mannes in einer Dreierkette ist, nun im Rückspiel ersetzt. Mit dem holländischen Routinier Daley Blind (32), der für solche Fälle in der Winterpause geholt wurde und bisher lediglich auf drei Kurzeinsätze kommt?

Pavards Vertrag endet 2024, er kokettiert mit einem Wechsel zum FC Barcelona im Sommer, erste Kontakte soll es bereits geben. Doch spätestens seit Dienstag sind Pavards Aktien bei Bayern wieder gestiegen. Ist er plötzlich unersetzlich?