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Niederschlag in Oldenburg: Löwen verpassen die Erlösung nach einer turbulenten Woche
5. Februar 2023, 18:00 Uhr aktualisiert am 5. Februar 2023, 19:01 Uhr
München - Am Ende saßen, lagen oder standen sie deprimiert auf dem Rasen, starrten in die Oldenburger Luft und waren schier fassungslos. Dabei schienen die Spieler des TSV 1860 auf bestem Wege, hatten den Sieg vor Augen.
Es wäre die verdiente Erlösung nach einer aufreibenden Woche gewesen. Aber das Spiel, Vorsicht Phrase, ist eben erst vorbei, wenn der Schiedsrichter abpfeift - und das tat er, Patrick Schwengers, in dem Fall direkt nach dem nicht mehr für möglich gehaltenen 2:2 der Niedersachsen in der vierten Minute der Nachspielzeit. "Das ist das Leben, das ist Fußball", sagte Sechzigs Sportchef und Interimstrainer Günther Gorenzel lakonisch nach dem späten Knock-out.
Die Löwen wussten gar nicht, wie ihnen geschah. Sie hatten sich nach einer ordentlichen ersten Halbzeit nochmals gesteigert. Erik Tallig war reingekommen für den gelb-rot-gefährdeten Tim Rieder und hatte in der 58. Minute von halbrechts einen genialen Schlenzer ins linke obere Eck gezirkelt. Obwohl das Defensivgerüst später hin und wieder gehörig wackelte, bannten die Blauen zumeist die große Gefahr von ihrem Tor und Keeper Marco Hiller.
Als dann noch Fynn Lakenmacher bei seiner ersten Aktion den bundesligaerfahrenen Oldenburger Torwart Sebastian Mielitz zu einer Parade zwang und Marcel Bär (83.) endlich seine monatelange Flaute mit einem torjägertypischen Abstauber beendete, schien das Spiel gelaufen. Nichts sah danach aus, dass die letzten Minuten eine derartige Wendung bereithalten würden.
"Mir fehlen ein bisschen die Worte, das tut extrem weh", sagte Tallig beim Magentasport.
Die wilde Sequenz begann, als der Oldenburger Manfred Starke (90.) sich zu einem ziemlich aussichtslosen Weitschuss entschloss. Der eingewechselte Fabian Greilinger ließ zu viel Raum und vom Rückenwind angetrieben, bog der Ball auf eine Flugbahn ein, die Hiller nicht einkalkuliert hatte. Mit dem 1:2 war der Kampfgeist der Gastgeber geweckt - und die Ordnung der Löwen dahin. "Das spricht für die psychologische Situation", analysierte Gorenzel.
Sechzig taumelte jetzt, wollte sich und den Sieg nur noch irgendwie über die Zeit retten. Dann aber kam jene letzte Aktion des Spiels. Greilinger blockte eine Flanke nicht, der Ball tanzte zwischen den Köpfen von Lakenmacher und Semi Belkahia, fiel herab und Pascal Richter vor die Füße. Tor. 2:2. Abpfiff.
Ein konsternierendes Ende des Starts der Post-Köllner-Ära im Marschwegstadion, in dem Gorenzel oft mit hinter dem Rücken verschränkten Armen an der Seitenlinie stand - und unter seiner Mütze ernst dreinblickte. Er beobachtete allerdings, dass die Löwen durch die Umstellung von 4-1-4-1 auf ein 4-2-3-1-System wie erhofft an Stabilität hinzugewannen. Wer etwa Routinier Quirin Moll anstelle von Martin Kobylanski spielen sah, musste sich fragen, warum Köllner auf die Dienste des 32-Jährigen keinen Wert mehr gelegt hatte. "Wir haben das Spiel taktisch gut kontrolliert", meinte Gorenzel zurecht.
Insgesamt hatte Gorenzel vier Änderungen vorgenommen. Bär kam für Lakenmacher, Jesper Verlaat rutschte rein und dafür Leandro Morgalla nach außen anstelle des gesperrten Yannick Deichmann, dazu begann Kapitän Stefan Lex für Joseph Boyamba. "Ich setze auf Erfahrung", betonte Gorenzel vor Anpfiff, was erklärte, wieso Marius Wörl nicht mal im Kader stand. Die Erfahrung verhinderte aber nicht bei einem der schwächsten Heimteams der Liga das Last-Minute-Drama und damit den nächsten Rückschlag.