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Hamann in der AZ: "Wenn es dem Erfolg hilft, sollten sie Uli Hoeneß fragen"
21. April 2023, 16:08 Uhr
AZ: Herr Hamann, finden Sie es nachvollziehbar, dass Bayerns Vorstandschef Oliver Kahn aktuell zum Gesicht der Münchner Krise gemacht wird? Sogar über eine vorzeitige Trennung von Kahn wird spekuliert.
DIDI HAMANN: Nicht wirklich. Natürlich muss man intern alles hinterfragen, in der ersten Emotion nach dem Champions-League-Aus gegen Manchester City sind alle enttäuscht. Aber das ist letztendlich eine Entscheidung des Aufsichtsrats, wie es mit Kahn und Hasan Salihamidzic weitergeht. Wichtig wird sein, was in den nächsten Wochen passiert. Wenn Bayern auch in Mainz nicht gewinnt, könnte das ganze Thema noch mal eine ganz andere Dynamik bekommen. Aber ich glaube, dass es die Bayern intern etwas entspannter sehen, als es von außen den Anschein macht.
Wer hat denn den größten Anteil an der Bayern-Misere?
Das ist schwer zu beurteilen. Wenn man einen Trainerwechsel vollzieht, bringt das immer ein Risiko mit sich. Es hat nicht den gewünschten Effekt gegeben, nachdem Thomas Tuchel von Julian Nagelsmann übernommen hat. Für den sportlichen Bereich ist Salihamidzic verantwortlich, ihn haben im Sommer noch alle hochleben lassen für die Spieler, die er geholt hat. Jetzt sieht es ein bisschen anders aus. Anteil an der Krise haben aber alle Verantwortlichen. Sollte Bayern in Mainz gewinnen und dann auch Meister werden, werden die Diskussionen sicher weniger emotional geführt. Dann muss man sehen, wie es nach der Saison in der Führungsetage weitergeht.
In Ihrer Sky-Kolumne haben Sie erklärt, dass Sie eine Rückkehr von Ehrenpräsident Uli Hoeneß ins operative Geschäft für möglich halten. Wäre das positiv für den FC Bayern?
Am wichtigsten ist der Erfolg des Vereins. Kahn und Salihamidzic, die beide von Hoeneß geholt wurden, haben sich ein Stück weit emanzipiert und gehen ihren eigenen Weg. Nur: Wenn es dem Bayern-Erfolg hilft, sollten sie Uli Hoeneß fragen. Uli ist sicher der Erste, der helfen würde, wenn sie ihn wieder mehr einbeziehen würden.
Noch ein sportliches Thema: Präsident Herbert Hainer hat bereits angekündigt, dass im Sommer ein neuer Topstürmer kommen soll, Neapels Victor Osimhen, Frankfurts Randal Kolo Muani und Tottenhams Harry Kane sind die Kandidaten. Wer ist Ihr Favorit?
Kane wäre für mich keine Option. Er wird bald 30. Kane hat bei Tottenham immer seine Tore gemacht, aber mit seinem Klub nichts gewonnen in all den Jahren. Natürlich wäre es mal interessant gewesen, ihn in einer anderen Mannschaft zu sehen, aber jetzt nicht mehr. Das hätte vor zwei, drei Jahren passieren müssen. Aus meiner Sicht wäre es keine Option, jetzt einen Haufen Geld für einen Spieler auszugeben, der vielleicht noch zwei, drei Jahre auf höchstem Niveau spielen kann. Kane ist kein Robert Lewandowski, der 40 Tore in der Saison schießt.
Und wie ist es bei den anderen beiden Optionen im Angriff, bei den deutlich jüngeren Osimhen und Kolo Muani?
Osimhen ist derzeit die Benchmark, der Maßstab bei den Mittelstürmern. Aber es wird auch eine finanzielle Frage sein, ich denke, dass Kolo Muani günstiger zu bekommen wäre.
Bei Osimhen wird über eine Ablöse von 150 Millionen Euro spekuliert. . .
Genau. Auf der anderen Seite muss man auch sehen, wie es bei Sadio Mané weitergeht, er kassiert ein hohes Gehalt. Aber klar: Osimhen und Kolo Muani wären beide Verstärkungen für den FC Bayern, mit einem von den beiden wäre der Klub auf der Mittelstürmer-Position wieder hervorragend aufgestellt.