Operation Aderlass
Große Doping-Razzia bei der Nordischen Ski-WM
27. Februar 2019, 20:28 Uhr aktualisiert am 27. Februar 2019, 20:28 Uhr
Doping-Razzia in Seefeld: Während der Nordischen Ski-WM nehmen Ermittler fünf Athleten fest. Deutsche Sportler sind allerdings nicht darunter. "Ich bin schockiert", sagt Trainer Schlickenrieder.
Seefeld - Neun Festnahmen, 16 Hausdurchsuchungen und ein auf frischer Tat ertappter Skilangläufer: Das österreichische Bundeskriminalamt (BK) und die Staatsanwaltschaft München haben eigenen Angaben zufolge ein international agierendes Dopingnetzwerk zerschlagen. Im Mittelpunkt der Razzien im Rahmen der "Operation Aderlass", die am Mittwoch zeitgleich im Ski-WM-Ort Seefeld und in Deutschland stattfanden, soll der in Erfurt ansässige Sportmediziner Mark S. stehen.
"Diese aus Erfurt agierende kriminelle Gruppierung ist dringend verdächtig, seit Jahren Blutdoping an Spitzensportlern durchzuführen, um deren Leistung bei nationalen und internationalen Wettkämpfen zu steigern", hieß es in einer Mitteilung des BK. Das Ziel: Illegale Einkünfte zu generieren.
Ermittler waren dem Doping-Ring seit Monaten auf der Spur
Die Ermittlungen liefen bereits seit mehreren Monaten, der Vorwurf lautet auf Verdacht des gewerbsmäßigen Sportbetruges sowie der Anwendung von unerlaubten Wirkstoffen und Methoden zu Dopingzwecken.
Die Maßnahmen wurden in Seefeld rund zwei Stunden vor dem Start der WM-Entscheidung im 15-km-Skilanglauf der Männer bekannt. Im WM-Ort wurden zwei Mitglieder der Gruppe sowie fünf Sportler festgenommen, in Deutschland der Sportmediziner S. und ein Komplize, hieß es. Bei den Sportlern handele es sich um zwei Österreicher, zwei Esten und einen Kasachen. In Seefeld wurde ein österreichischer Skilangläufer sogar auf frischer Tat beim Blutdoping erwischt. Der Sportler wurde mit einer Bluttransfusion im Arm angetroffen und festgenommen.
Keine deutschen Spportler verdächtig
"Deutsche Sportler stehen bisher nicht im Fokus unserer Ermittlungen", sagte die Münchner Oberstaatsanwältin Anne Leiding. Zuvor hatte bereits DSV-Sprecher Stefan Schwarzbach bestätigt, dass beim Verband "die Lage ruhig" sei: "Es fanden keine Untersuchungen statt, weder im Teamhotel noch in Deutschland bei Institutionen, die den DSV vertreten. Nach unseren Erkenntnissen ist auch keiner aus unserem medizinischen Bereich in die Untersuchungen involviert", sagte Schwarzbach.
Langlauf-Bundestrainer Peter Schlickenrieder war konsterniert. "Ich finde es immens bedenklich, dass so nahe bei uns in einer ganzen Trainingsgruppe so etwas betrieben wird, ich bin schockiert", sagte er nach dem 15-km-Rennen am Mittwoch im ZDF: "Trotz des engmaschigen Kontrollnetzes passiert so etwas Schockierendes. Wir müssen alles tun, dass so etwas nicht mehr geschehen kann."
Österreicher Johannes Dürr brachte Ermittlungen ins Rollen
"Das ist für den Sport nicht gut. Schwarze Schafe gibt es leider immer", sagte Sebastian Eisenlauer (Sonthofen) nach seinem Lauf: "Wichtig ist, dass sie knallhart entfernt werden. Wir können uns glücklich schätzen, wenn die raus sind." Lucas Bögl (Gaißach) erklärte: "Das stimmt mich extrem traurig. So macht es keinen Spaß." Der österreichische Langläufer Luis Stadlober bezeichnete die Vorfälle als "das Schlimmste, was dem österreichischen Skilanglauf passieren konnte".
Die Staatsanwaltschaft München bestätigte, dass die Ermittlungen durch die Angaben des österreichischen Skilangläufers Johannes Dürr in der ARD-Sendung "Die Gier nach Gold - Der Weg in die Dopingfalle" vom 17. Januar dieses Jahres ausgelöst worden waren. In Seefeld zeigten sich viele Funktionäre fassungslos. "Wir stehen unter Schock. Hoffentlich werden jetzt einmal die Drahtzieher erwischt", sagte Österreichs Langlaufchef Markus Gandler dem ORF.
Und ÖSV-Langlaufkoordinator Trond Nystad, Ehemann der deutschen Olympiasiegerin Claudia Nystad, erklärte: "Ich habe keine Worte dafür, das ist einfach traurig."