Knapp an Bronze vorbei
Enttäuschte Rebensburg: "Leben geht weiter"
15. Februar 2018, 9:44 Uhr aktualisiert am 15. Februar 2018, 9:44 Uhr
Ganze zwölf Hundertstelsekunden fehlen Viktoria Rebensburg zu Bronze im olympischen Riesenslalom. Danach haderte sie nicht mit dem Pech, sondern mit sich selbst. Für das deutsche Skiteam ist das verpasste Edelmetall bitter - lag in der Disziplin doch die größte Hoffnung.
Pyeongchang - Nach der Hundertstel-Enttäuschung fand Viktoria Rebensburg nur langsam ihr Lächeln wieder und freute sich auf einen tröstenden Abend mit ihren Eltern. Die hauchdünn verpatzte Medaillenchance durch die Gold-Favoritin tat dem deutschen Alpinteam bei den Olympischen Winterspielen von Pyeongchang so richtig weh.
Wegen eines Fehlers im ersten Lauf verpasste sie als Vierte nicht nur die dritte Olympia-Medaille in ihrer Spezialdisziplin, sondern auch das wahrscheinlichste Edelmetall für die dezimierte deutsche Mannschaft. "Das ist das Leben und meins wird trotzdem weitergehen", sagte Rebensburg, ehe sie aus dem Zielbereich trottete.
Die Ehrung für Siegerin Mikaela Shiffrin aus den USA, die zweitplatzierte Norwegerin Ragnhild Mowinckel und Federica Brignone aus Italien auf Rang drei wollte sich Rebensburg nicht antun. Nur zwölf Hundertstelsekunden fehlten auf den Bronzerang. "Es ist natürlich bitter", sagte die 28-Jährige und erinnerte an die WM im Vorjahr, als sie ebenfalls Vierte in der Abfahrt geworden war. "Nach dem letzten Jahr in St. Moritz weiß ich schon, wie sich das anfühlt, das hätte ich nicht unbedingt noch mal gebraucht", sagte sie.
Wundertüte Super-G
Damals sollte das erste Rennen nur eine Ouvertüre sein - diesmal war der Riesentorlauf gleich die größte Chance auf Edelmetall für die Sportlerin vom Tegernsee. "Die große Hoffnung lag auf der Vicky", sagte Alpin-Direktor Wolfgang Maier und sprach von einer "großen Enttäuschung". Die Vorfreude auf den Super-G am Samstag hielt sich in Grenzen. Statt mit Medaillen-Schwung in die restlichen Spiele zu gehen, ist Rebensburg jetzt schon auf Wiedergutmachungsmission. "Das wird so ein bisserl eine Wundertüte", meinte die Olympiasiegerin von 2010 vor dem ersten Speed-Event. "Ich habe die letzten Wochen nicht in der Disziplin trainiert, von daher muss man abwarten."
Fehler kostet fünf Zehntel
Etwas mehr Zurückhaltung an einer Stelle wäre auch am Donnerstag der Schlüssel gewesen. Aber weil Rebensburg im ersten Lauf kurz vor dem Ziel ein Tor viel zu direkt anfuhr und danach heftig bremsen musste, handelte sie sich den folgenschweren Rückstand ein. "Das waren um die fünf Zehntel, wir haben das eben analysiert", berichtete sie.
Rebensburg verbesserte sich im Finale zwar noch um vier Ränge und unterstrich ihre Comeback-Qualitäten. Sowohl 2010 in Vancouver als auch 2014 in Sotschi fuhr sie von Platz sechs in die olympischen Medaillenränge, bei der WM 2015 sogar von Rang elf zu Silber. Diesmal aber war der Rückstand zu groß. Letztlich fehlten just 0,58 Sekunden auf Gold - das Podium wäre ohne den Patzer also höchstwahrscheinlich, der Sieg sogar möglich gewesen. Manuela Mölgg aus Südtirol rutschte als Führende nach dem ersten Lauf noch auf Platz acht zurück.
"Ich habe immer gesagt: Ein Großereignis ist ein Tag, ein Rennen, zwei Läufe", erinnerte Rebensburg. "Da muss alles passen. Die anderen sind auch alle extrem stark unterwegs. Heute war das eben die Shiffrin." Als die deutsche Hoffnungsträgerin den Zielraum verließ, gab Shiffrins Mutter und Trainerin Eileen geraden etlichen Reportern ein Interview, Brignones Mutter Maria Rosa Quario, selbst eine ehemalige Skirennfahrerin, nahm Rebensburg lange tröstend in den Arm. Dann ging es auf die Tribüne, wo ihre eigenen Eltern warteten.
Statt Rebensburg war Shiffrin die gefeierte Athletin an der Piste von Yongpyong. Als der Sieg perfekt war, ging die Amerikanerin in die Knie und weinte, später berichtete sie: "Ich habe heute den Hang, den Berg und meine Ski gefühlt und wirklich angegriffen." Wegen der vielen wetterbedingten Verschiebungen steht schon am Freitag der Slalom an - und niemand zweifelt an Shiffrins zweitem Gold-Coup.