Endlich am Ziel
Emotionales Finale für Fischl und Mingo beim Transalpine Run
14. September 2016, 11:09 Uhr aktualisiert am 14. September 2016, 11:09 Uhr
Es ist vollbracht - am Samstag haben die Läufer die 7. und damit letzte Etappe des Transalpine Run mit einem emotionalen Finale in der Südtiroler Vorzeige-Stadt Brixen beendet.
Der herrliche Domplatz war von Fans, Touristen und Familienangehörigen gefüllt, die bei Temperaturen an die 30 Grad für einen lautstarken Empfang sorgten. Die Finaletappe erwies sich als harte Probe für alle Athleten, die nach den Anstrengungen der Vortage sichtlich gezeichnet waren. "Das war ein intensiver Tag, ein ganz hartes Stück Arbeit. Besonders am Anfang ging es mir echt dreckig", gestand der 34-jährige Naturnser Daniel Jung, der nach Platz 3 im Jahr 2014 und Rang 2 im Vorjahr nun mit Partner Helmut Schiessl und dem Sieg in der Men-Kategorie seinen größten Triumph feierte. In der Klasse Master Men ließen sich die Deutschen Florian Holzinger und Stefan Holzner mit sechs Etappenerfolgen den Gesamtsieg nicht mehr nehmen.
Werbung für Bayerwald
Richtig spannend ging es vom ersten bis zum letzten Tag in der Kategorie Mixed zu, die am Ende mit einem Vorsprung von 17,10 Minuten an das Duo Timo Zeiler/Melanie Albrecht ging. Allgemein wurde mit einem Schlussangriff der Paarung Kristin Berglund/Gerald Fister gerechnet. Doch die Schwedin litt unter einer aufkommenden Grippe. "Kristin ist eine wahnsinnige Kämpferin", zeigte sich der Kärtner Fister von der Einstellung der Schwedin begeistert. Am Ende reichte es noch zu Platz 2, allerdings mit dem Minimalvorsprung von 2,03 Minuten vor den beiden immer stärker werdenden Deutschen Markus Mingo/Tina Fischl. Mit einer Klasse-Leistung und das konstant über alle sieben Etappen hinweg sorgten die beiden Bayerwaldler für Spannung pur bis zur letzten Minute. 31:00.26,6 Stunden waren sie dafür überwiegend im hochalpinen Gelände unterwegs. Der 3. Platz in der Kategorie Mixed bedeutet gleichzeitig den 11. Rang in der Gesamtwertung aller rund 300 Teams aus 30 Nationen. Die letzte Etappe des Transalpine Run versprach nochmals Trails und Höhenwege der Extraklasse. Nach einem 15 Kilometer langen Anstieg von Sarnthein wird eine Höhe von 2 000 Metern erreicht und für die folgenden 15 Kilometer nicht mehr unterschritten. Vis à vis zu den Dolomitengipfeln der Langkofel- und Sellagruppe folgt darauf der letzte Downhill ins Ziel nach Brixen.
Das Starterfeld vor der letzten Etappe des Transalpine Run ist eigentlich unbeschreiblich. Es gleicht mehr einem Lazarett als einer Laufveranstaltung: Überall offene, zerschundene Füße und Beine, humpelnde Menschen und stöhnende, ächzende Läufer. Tina und Markus geht es dank der heilenden Hände von Michael Franz überraschend gut. Klar sind die Beine etwas schwer, aber prinzipiell fühlen sie sich gut und den Umständen entsprechend frisch. Michael Franz ruft kurz vor dem Startschuss noch ein "Achtung Singletrail" zu, was bedeutet, dass es sich sofort staut, befindet man sich nicht an der Spitze des Feldes. So heißt es für das Bayerwald-Duo wieder einmal losspurten nach dem Start, rein in den Trail und Vollgas die erste Rampe hoch zum Schloss Reinegg.
Tina Fischl stürzte
Sie finden ihren Rhythmus, halten das Tempo hoch und laufen als erstes Mixedteam zur VP 1 und VP 2 - immer dicht gefolgt von den beiden Führenden in der Gesamtwertung Melanie Albrecht und Timo Zeiler. Unbeschreiblich bei der letzten Etappe ist der Übergang über das Latzfonser Kreuz. Das Streckenmarkierungsteam um Carsten und Philipp jubelt ihnen zu und feuern sie frenetisch an. Was dann folgt ist das absolute Hochgefühl: Im leicht fallenden Gelände geht es auf wunderschönen Singletrails durch die atemberaubende Südtiroler Bergwelt - immer die Drei Zinnen vor Augen. "Es ist ein Gefühl, das sich ganz schwer beschreiben lässt: Ich schwebe förmlich über die Pfade vor mir, spüre keine Müdigkeit und bin eins mit der Natur, der Kopf völlig frei und ich denke an gar nichts, weder an unsere Verfolger noch an die anstrengende Strecke, die vor uns liegt. Ich weiß nicht, wie lange ich so dahinlaufe, aber plötzlich fällt mir wieder ein, dass ich ja Tina dabeihabe", beschreibt Markus seine Gefühle. Er bleibt stehen, blickt zurück, doch sie kommt nicht. Es ist etwas passiert, schießt es ihm sofort durch den Kopf. Wenig später biegt sie etwas angeknockt um die Ecke: Gestürzt, Stöcke verloren, Hüfte geprellt.
Doch diese Frau ist hart im Nehmen: Kein Jammern, kein Lamentieren - weiter geht es den letzten Anstieg hoch zum Königsanger (2 436 m) und hinein in den letzten Downhill. Hier hatte sich der Veranstalter etwas ganz Fieses ausgedacht: 2 000 Höhenmeter auf sieben Kilometer hinunter nach Brixen. Alle Starter, die nach inzwischen 243 Kilometern Probleme mit den Knien oder den Oberschenkeln haben, müssen hier noch mal gewaltig leiden. Markus geht es in diesem Jahr nach wie vor ungeheuer gut: Keine Blasen, keine Schmerzen und die leichte Sehnenentzündung im Schienbein, die ihn tags zuvor noch geplagt hatte, ist über Nacht quasi von selbst verschwunden. So genießt er auch diesen letzten Streckenabschnitt und versucht, Tina immer wieder anzutreiben, da die Verfolger nur wenige Sekunden hinter ihnen liegen.
Gemeinsamer Zieleinlauf
Vier Kilometer vor dem Ziel läuft Timo Zeiler zu ihnen auf, mit dem Vorschlag, doch gemeinsam ins Ziel zu laufen. Sieben Tage haben die Bayerwaldler um jede Minute gekämpft, alles gegeben und keine Chance mehr, dieses Team in der Gesamtwertung zu schlagen. Also hielten sie es für eine gute Idee, was sich nun im Nachhinein leider als Fehler erwies. "Zum einen wurden wir 50 Meter vor dem Ziel vom Veranstalter gestoppt, um das Siegerteam für die Zielfotos alleine ins Ziel laufen zu lassen, was uns den ersehnten Zieleinlauf in Brixen nach 250 Kilometer und 15 000 Höhenmeter doch etwas vermieste, zum anderen nahmen wir die letzten Kilometer doch etwas an Tempo heraus, was uns in der Nachbetrachtung (nur zwei Minuten Rückstand) den 2. Platz in der Gesamtwertung gekostet haben könnte.
Na ja, schuld waren wir selbst", resümierte Markus. Zwei Stunden, drei Pizzen und einige Kugeln Eis später sind sie dann aber unheimlich stolz auf ihre Leistung und freuen sich wahnsinnig über den geteilten Etappensieg und den dritten Platz in der Gesamtwertung.