Überblick
Bayerns Torwart-Domino: Wer profitiert, wer auf Tapalovic folgen soll
24. Januar 2023, 18:03 Uhr aktualisiert am 24. Januar 2023, 19:52 Uhr
München - Kein Coach aus dem aktuellen Stab des FC Bayern arbeitete so lange für die Münchner wie Toni Tapalovic.
Doch nach elfeinhalb Jahren zogen die Münchner am Montagabend einen Schlussstrich. Der 42-Jährige wurde mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben freigestellt.
Nun endete Tapalovics Wirken an der Säbener Straße. Der Assistenzcoach hatte den Kontakt zum nach Monaco ausgeliehenen Alexander Nübel (26) schleifen lassen, worüber sich der einst als Kronprinz von Neuer auserkorene Keeper beschwerte. Der Leihvertrag von Nübel läuft bis Saisonende, bei Bayern steht der gebürtige Paderborner noch bis 2025 unter Vertrag. Auch zu Trainer Julian Nagelsmann soll es unüberbrückbare Differenzen über die Gestaltung des (Torwart-)Trainings gegeben haben, die der eigentliche Auslöser der Trennung von Tapalovic gewesen sein sollen. Die Causa Nübel war das i-Tüpfelchen.
"Toni war als Torwarttrainer unserer Mannschaft an den Erfolgen der vergangenen Jahre beteiligt. Dafür möchten wir uns bei ihm bedanken. Insbesondere Differenzen über die Art und Weise der Zusammenarbeit haben jetzt dazu geführt, dass wir getrennte Wege gehen", wird Bayerns Sportvorstand Hasan Salihamidzic in der knappen und wenig emotionalen Klub-Mitteilung auf der Homepage zitiert.
Ein Schock für den Kroaten und ein echter Tiefschlag für Manuel Neuer, den engen Freund, Vertrauten und sogar Trauzeugen, mit dem der Nationaltorhüter Seite an Seite vertrauensvoll seit dem gemeinsamen Wechsel vom FC Schalke zu Bayern im Sommer 2011 trainierte und gemeinsame Urlaube, etwa in Tapalovics Heimat Kroatien, verbrachte.
Bei sämtlichen Vertragsverlängerungen des mehrmaligen Welttorhüters, zuletzt bis Sommer 2024, war es Neuers Bedingung, dass Kumpel Toni auch bleiben muss. "Der Torwart, der ich heute bin, bin ich auch dank Toni Tapalovic", sagte Neuer einmal, "er hat mich mitentwickelt und ich konnte auch einiges aus Tonis aktiver Zeit lernen." Mit anderen Worten: Neben Tapalovic ist der 36-jährige DFB-Rekordnationaltorhüter der Verlierer des ganzen Torhüter-Dominos, das Neuer selbst mit seiner Skitour und dem dabei erlittenen Unterschenkelbruch ins Rutschen gebracht hatte. Weil er mindestens bis zur Sommerpause ausfällt und die Dauer der Reha fraglich ist, verpflichteten die Bayern Yann Sommer (34) von Borussia Mönchengladbach für acht Millionen Euro Ablöse plus Boni in Höhe von 1,5 Millionen als neue Nummer eins.
Der Schweizer hat einen Vertrag bis 2025, die Münchner Zukunftssicherung ist auch ein Misstrauensvotum gegenüber Neuer, der lediglich bis 2024 an den Verein gebunden ist. Mit der Entlassung seines engsten Vertrauten signalisiert der Verein, dass der Kapitän nicht mehr als unantastbar gilt - unabhängig davon, wie stark er nach seiner Genesung zurückkehrt. Gewinner der ganzen Sache ist Nübel, für den nun die Tür ins Tor der Bayern wieder weit offensteht. Ob 2024 oder 2025 - Nübel gehört die Zukunft. Nicht nur wegen seines Alters. Das Torwart-Duo ab der Saison nach der EM 2024 dürfte Nübel/Sommer heißen - unter der Anleitung eines neuen Torwarttrainers.
Am Dienstagnachmittag legte Tom Starke (41) als Interimsersatz für Tapalovic los, betreute die Profi-Keeper Sommer und Sven Ulreich (34/Vertrag bis 2024) beim Warm-up sowie während des Heimspiels am Abend gegen den 1. FC Köln. Parallel zu seiner Rolle als übergeordneter Torhüter-Koordinator am Campus der Bayern trainiert der im Verein allseits beliebte und geschätzte Starke die Keeper der U19. Nach AZ-Informationen wäre der Tscheche Jaroslav Drobny (43), seit November 2021 als Torwart-Trainer der zweiten Mannschaft in der Regionalliga Bayern tätig, eine weitere Option als Tapalovic-Nachfolger. Für beide ehemaligen Torhüter spricht die sofortige Verfügbarkeit, man müsste nicht extra einen neuen Torwartcoach scouten und inklusive Ablösesumme verpflichten.