Landesliga Mitte
TSV Bogen stellt sich neu auf: Helmut Muhr wird Sportdirektor
3. November 2017, 9:10 Uhr aktualisiert am 3. November 2017, 9:10 Uhr
Der Bogener Landesligist will sich neu erfinden. Eine tragende Rolle soll dabei der neue Sportdirektor Helmut Muhr (30) einnehmen. Er möchte "an vielen Stellschrauben drehen".
Der TSV Bogen lag in diesem Sommer am Boden. Der Bayernliga-Abstieg hinterließ seine Spuren, der Club stand ohne Trainer da und ein Großteil der Mannschaft hatte sich verabschiedet. Dass es keine leichte Saison werden würde, das war den Bogener Verantwortlichen klar - und mit Platz zehn kann man bislang durchaus zufrieden sein. Der Verein ist dabei, sich neu zu erfinden. Und nun hat man einen Mann dazu geholt, der die Entwicklung vorantreiben, ja die Zukunft des niederbayerischen Landesligisten mitgestalten soll: Helmut Muhr übernimmt mit dem Ende der Hinrunde den Posten des Sportdirektors beim TSV Bogen.
"Wir haben eine harte Sommerpause hinter uns und sind stolz auf das, was wir bisher geschafft haben", sagt Vereinspräsident Franz Hilmer. Nun geht es darum, die Zukunft strukturiert zu gestalten. "Da haben wir uns mit ,Helle' einen sehr guten Mann ins Boot geholt. Wir lagen in den Gesprächen von Anfang an auf einer Wellenlänge und verfolgen die gleichen Ziele. Er will mithelfen, in Bogen wieder etwas aufzubauen, und wir sind sehr froh, dass er sich uns anschließt." Für Muhr, 30 Jahre alt, fühlt es sich an, wie nach Hause zu kommen. Er ist gebürtiger Bogener und wohnt in der Rautenstadt. Allein mit dem TSV Bogen fehlte bislang die Verbindung.
Bayernliga-Aufstieg am Roten Steg
Muhr hat im Fußball schon vieles mitgemacht, spielte für den SV Motzing in der Bezirksliga, musste aufgrund einer Sprunggelenksverletzung aber 2009 seine Laufbahn beenden. Ein Jahr lang blieb Muhr dennoch noch im Club und arbeitete als Jugendtrainer. Auf dem Platz als Zehner der Spielgestalter, wollte er aber auch als Funktionär die Fäden in der Hand halten. Deshalb schloss er sich 2011 dem 1. FC Bad Kötzting an und übernahm dort zuerst die Position des Nachwuchskoordinators und anschließend den Posten des Sportdirektors. Muhr bezeichnet seine erste Station in dieser Funktion rückblickend als "erfolgreiche Lehrjahre".
Die Situation der Oberpfälzer damals ist durchaus vergleichbar mit der aktuellen in Bogen. Der Verein hatte einen Abstieg aus der Bayernliga hinter sich und war dabei, sich neu zu sortieren. Unter Muhrs Mitwirken gelang es, den Absturz in die Bezirksliga zu verhindern. Er arbeitete vier Jahre lang am Roten Steg, formte zusammen mit dem von ihm verpflichteten Trainer Manfred Stern eine neue Mannschaft nach seinen Vorstellungen und 2014 schaffte der FCK als Landesligameister die Rückkehr in die Bayernliga.
Drei Stellschrauben des TSV Bogen
In Bogen sieht Muhr "viele Stellschrauben, an denen man drehen muss". Wenn man aus der Bayernliga absteige, dann sei das ja auch das Ergebnis der Arbeit. Peu a peu will er die einzelnen Bereiche verbessern. Wichtig ist ihm: "Es wird keinen Radikalumbruch geben." Vielmehr will er nach und nach neue Strukturen schaffen, um den Verein für eine erfolgreiche Zukunft fit zu machen. "Man kann einen Abstieg auch als Chance sehen, sich neu zu erfinden und aus alten Fehlern zu lernen", sagt Muhr. "Wir müssen einen Plan aufstellen, wie der Verein in Zukunft dastehen soll und dann konsequent und kontinuierlich arbeiten."
An drei Stellschrauben will Muhr zuerst drehen: Marketing, Außendarstellung und Kader. Im Bereich Marketing will er eine Strategie entwickeln, mit der er die Unternehmen aus dem Umkreis mitnehmen und dadurch mehr Partner für den Club gewinnen kann. Für die Außendarstellung soll vor allem die Mannschaft in den Fokus rücken. Jung, dynamisch und heimatverbunden lauten die Stichworte, "Rautenelf" die neue Bezeichnung.
Im Kader will Muhr den im Sommer eingeschlagenen Weg fortsetzen und noch konsequenter gehen. "Wir haben bereits fünf Bogener Spieler im Kader. In Zukunft wollen wir noch mehr auf Spieler aus dem Landkreis und der näheren Umgebung setzen", erklärt Muhr. Zudem will er vor allem jungen und talentierten Spielern eine Chance geben. "Das war schon immer meine Philosophie", sagt Muhr. Eine Philosophie, die der Club voll unterstützt. "Das ist die neue DNA des TSV Bogen. 100 Prozent Teamarbeit und 100 Prozent Identifikation mit dem Verein. Das verlangen wir in Zukunft auch von unseren Spielern", sagt Präsident Hilmer.
Schon in Bad Kötzting ging Muhr den Weg mit Talenten. Dort holte er zum Beispiel den damals gerade 18 Jahre alt gewordenen Michael Faber. Dieser war in der Deggendorfer Jugend durchs Raster gefallen und spielte in Plattling in der U19-Bezirksoberliga. Aber Muhr sah großes Potenzial in ihm und setzte die Verpflichtung durch. Ein absoluter Glücksgriff, wie sich später herausstellte. Faber wurde erst zu einem Leistungsträger beim FCK und wechselte später zu Jahn Regensburg, wo er in der Regionalliga und in der 3. Liga zu Einsätzen kam.
Faber hat Muhr im Sommer auch zum Bayernligisten DJK Vilzing gelotst. Dort war er im Januar 2017 als Technischer Leiter eingestiegen. Nach drei Jahren als Jugendtrainer in Deggendorf wollte er wegen der Geburt seines Sohnes Luca etwas kürzer treten und den Aufwand verringern. Bei der DJK zeigte sich Muhr auch zu großen Teilen verantwortlich für die Zusammenstellung des Kaders, der aktuell in der Bayernliga vorne mitmischt und an die Tür zur Regionalliga klopft.
Die Kappe, Max Eberl und Pep Guardiola
Nun will Muhr aber auch in erster Reihe wieder selbst gestalten. "Ich bin richtig heiß auf die neue Aufgabe", sagt er. Wenngleich er betont: "Ich bin absolut kein Freund von One-Man-Shows. Das wird es auch in Bogen nicht geben." Stattdessen setzt er auf die Zusammenarbeit mit dem Präsidenten Franz Hilmer und Franz Käufl. Letzterer war bislang der Sportliche Leiter, hatte im Sommer aus Verbundenheit zum Club das Amt in einer schwierigen Situation übernommen. Käufl wird dem Verein als Teammanager erhalten bleiben.
Muhr, dessen Markenzeichen die Kappe ist, steht für unaufgeregtes und weitsichtiges Arbeiten. Schnellschüsse oder gar unüberlegte Handlungen sind ihm fremd. Ganz so wie seinem großen Vorbild als Sportdirektor: Max Eberl, Sportdirektor beim Bundesligisten Borussia Mönchengladbach und ebenfalls gebürtiger Bogener. "Ich denke, dass sich unser Führungsstil schon ähnelt", sagt Muhr. "Konsequent, aber nicht hektisch."
Zudem zeichnet Muhr aus, dass er ein gutes Auge für Talente hat und neuen Ideen gegenüber sehr offen ist. "Jeder Verein macht auf seine Art irgendetwas gut. Ich finde es interessant, das herauszuarbeiten und zu schauen, was man auch auf den eigenen Verein übertragen kann. Dabei ist es egal, ob es ein Verein in der Champions League oder ein Amateurclub ist", sagt Muhr. Er besitzt durch seine jahrelange Arbeit im Jugend- und Herrenbereich auch ein ausgezeichnetes Netzwerk. Sich selbst bezeichnet der 30-Jährige als "absolut fußballverrückt", sein Herzensclub: Manchester United.
Offensiv, aktiv und spielintelligent
In Bogen will Muhr mittelfristig auch einen attraktiveren Fußball anbieten. Er selbst ist Fan der Arbeit von Ex-Bayern-Trainer Pep Guardiola. "So habe ich mir Fußball immer vorgestellt", sagt er. Ihm schwebt ein offensiver, aktiver und spielintelligenter Fußball vor. "Dafür muss die Mannschaft auch etwas verstärkt und das Gerüst etwas umgebaut werden", sagt Muhr.
Aber das ist zunächst noch Zukunftsmusik. Denn höchste Prioriät hat aktuell der Klassenerhalt in der Landesliga - man befindet sich derzeit nur zwei Zähler vor einem Relegationsplatz. "Man steht zwar über dem Strich, aber die Situation ist sehr gefährlich", weiß Muhr. Deshalb wäre er auch nicht abgeneigt, schon im Winter auf dem Spielermarkt tätig zu werden: "Grundsätzlich sind wir daran interessiert, gezielt etwas zu machen. Aber es muss auch passen, und das ist im Winter nicht immer ganz einfach."
Wo der Club die nächsten Jahre hinwill? "Wir wollen uns in erster Linie wieder stabilisieren und nächste Saison im vorderen Mittelfeld dabei sein. Mehr, oder gar einen Aufstieg, kann man ohnehin nicht planen", sagt Franz Hilmer. Über konkrete Ziele will Helmut Muhr nicht reden. "Ich will, dass die Leute in zwei, drei Jahren sagen: ,Da wird gute Arbeit geleistet.'" Ohnehin ist sein Motto: nicht reden, machen! Große Parolen wird man von ihm nicht zu hören bekommen. Muhr ist nach langer Reise in seinem Heimatclub angekommen und will dort durch gute und ehrliche Arbeit überzeugen.