SSV Jahn Regensburg
Jahn-Sportchef Christian Keller im Interview: "Die aktuelle Situation ist sehr, sehr kritisch"
25. September 2014, 22:40 Uhr aktualisiert am 25. September 2014, 22:40 Uhr
Nach der 0:2-Niederlage gegen Holstein Kiel am Mittwochabend und dem damit verbundenen Abrutschen auf den letzten Tabellenplatz der Dritten Liga richtet sich die Wut der Fans des SSV Jahn Regensburg vor allem gegen den Sportlichen Leiter Christian Keller. Im Interview mit idowa spricht der 35-Jährige über die aktuell missliche Lage bei den Domstädtern, die Arbeit von Trainer Alexander Schmidt sowie die Qualität des Kaders und mögliche Neuverpflichtungen.
Herr Keller, der SSV Jahn ist Tabellenletzter nach elf Spieltagen. Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?
Christian Keller: Die aktuelle Situation ist sehr, sehr kritisch. Es ist bis dato mit Blick auf die Gesamtsaison zwar noch nichts verloren, trotzdem müssen jetzt alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, damit wir schnellstmöglich wieder Punkte holen, um nicht frühzeitig den Anschluss in der Tabelle zu verlieren.
Nach dem Spiel gegen Holstein Kiel hat sich die Wut der Fans vor allem gegen Sie gerichtet. Mit welchen Gefühlen verlässt man danach das Stadion?
Keller: Wir hatten uns für dieses wichtige Spiel sehr viel vorgenommen, konnten davon aber leider vieles nicht umsetzen, was auch an einer physisch sehr starken und gut organisierten Kieler Mannschaft lag. Nach dem Spiel gingen meine Gedanken daher vor allem darum, wie wir die Mannschaft mit Blick auf das Spiel am Samstag in Wiesbaden wieder aufrichten und verbessern können.
Können Sie die Fans verstehen?
Keller: Ich kann den Unmut der Fans über die aktuell schlechten Ergebnisse verstehen. Da ich dem Jahn verantwortlich vorstehe, ist es auch nachvollziehbar, dass die Fans ihre Wut auf mich fokussieren. Bei aller nachvollziehbaren Kritik und den damit verbundenen Emotionen darf aber auch die Sachlichkeit in der Situationsbetrachtung nicht vollkommen verloren gehen. Reflexartige Unmutsäußerungen und -handlungen wie beim Spiel gegen Kiel tragen nicht dazu bei, die Situation zu lösen.
Gibt es ein mögliches Szenario, bei dem Sie an einen Trainerwechsel denken würden?
Keller: Gleichwohl ich weiß, dass im Profifußball letztlich nur Ergebnisse zählen, bewerte ich meinen Cheftrainer und sein Trainerteam vor allem nach der Qualität der täglich geleisteten Arbeit. Die Trainingsarbeit sowie die Spielvor- und -nachbereitung verlaufen seit Trainingsauftakt sehr professionell. Solange dies so bleibt, habe ich an Alex Schmidt und seinem Team nichts zu kritisieren. Ganz im Gegenteil: Jetzt ist unsere Mannschaft in der Pflicht und muss das Vertrauen zurückzahlen, das ihr vereinsintern entgegen gebracht wird.
Haben Sie die Qualität des Kaders überschätzt?
Keller: Nein, überhaupt nicht. Ich habe immer gesagt, dass es eine sehr schwere Saison in einer sehr starken dritten Liga wird, in der das Leistungsniveau deutlich höher ist als in der Vorsaison. Unsere Low Budget-Mannschaft hat aber das Potential sich in der dieser Liga zu behaupten. Das hat sie auch bereits nachgewiesen. Dazu müssen wir aber regelmäßig unser volles Leistungsvermögen abrufen, was uns in den letzten Wochen aus unterschiedlichen Gründen leider nicht gelungen ist.
Würden im Winter Mittel zur Verfügung stehen, um die Mannschaft zu verstärken?
Keller: Wir halten natürlich Ausschau nach möglichen Verstärkungen. Trotz der aktuellen Krise werden wir aber keine Entscheidungen treffen, die den Jahn langfristig finanziell gefährden könnten. Eine finanzielle Schieflage darf beim Jahn nie wieder eintreten. Die vielen Finanzskandale der Vereinsgeschichte zählen zu den Hauptgründen, warum der Jahn bei Öffentlichkeit und Wirtschaft in Ostbayern an gesellschaftlicher Verankerung verloren hat.
Der Jahn verfolgt ehrgeizige Ziele. Fußball ist aber immer noch ein Tagesgeschäft. Sehen Sie die mittelfristigen Ziele des Vereins durch den aktuellen Misserfolg gefährdet?
Keller: Man darf die Gesamtentwicklung des Jahn nicht an den sportlichen Ergebnissen der letzten paar Wochen festmachen, sondern muss trotz allem den langfristigen Plan zur Neuausrichtung des Clubs weiter verfolgen. Klar ist aber auch, dass uns eine Fortsetzung des derzeitigen sportlichen Negativlaufs in der Gesamtentwicklung massiv hemmen würde. Deshalb werden wir alles uns mögliche unternehmen, um wieder zurück in die Spur zurückzukommen.