Jahn-Keeper im Abschiedsinterview
Philipp Pentke: "...dann macht einen das einfach stolz"
17. Mai 2019, 11:30 Uhr aktualisiert am 17. Mai 2019, 17:46 Uhr
Philipp Pentke spielt am Sonntag letztmals für Jahn Regensburg. Im Interview spricht er über seine vier Jahre in der Oberpfalz, das Besondere am Jahn und seine Nachfolge.
Vier Jahre lang war Philipp Pentke die Konstante im Tor des SSV Jahn Regensburg. Als er kam, war der Verein gerade in die Regionalliga abgestiegen. Am Sonntag steht zu Hause gegen den SV Sandhausen das letzte Spiel Pentkes im Jahn-Trikot an - er verabschiedet sich als Zweitliga-Stammtorhüter. Im idowa-Interview spricht der 34-Jährige über seine Jahn-Zeit, was den Verein besonders macht und was für seinen Nachfolger im Regensburger Tor wichtig sein wird.
Herr Pentke, als Sie 2015 zum Jahn gewechselt sind, haben Sie einen Absteiger aus der 3. Liga vorgefunden. Was waren damals Ihre ersten Eindrücke?
Philipp Pentke: Die Verhältnisse waren ähnlich wie in Chemnitz. Man hat gemerkt, dass das Umfeld ein bisschen enttäuscht war aufgrund des Abstiegs. Aber man hat dann, auch durch das neue Stadion, schnell eine Euphorie gespürt. Man kann das damals natürlich mit heute nicht vergleichen. Ich glaube, der Verein hat sich den richtigen Cut ausgesucht, um bei Null zu beginnen und es besser zu machen als in der Vergangenheit. Ich wollte mit meinem Wechsel meinen Teil dazu beitragen, dass dieser Turnaround gelingt. Jetzt sitzen wir hier und es sieht alles ganz anders aus (lacht).
Was waren damals Ihre Gründe, eine Liga tiefer zum Jahn zu wechseln?
Pentke: Die Stadt spricht ohnehin für sich. Aber vor allem hatte ich mit Christian Keller und dem damaligen Cheftrainer Christian Brand richtig ehrliche Gespräche. Ich finde es ganz wichtig, dass im Fußball Ehrlichkeit zählt. Die Vorhaben haben super gezogen bei mir und ich wollte persönlich auch noch einmal aufsteigen. Ich bin damals den Schritt zurück gegangen mit dem Hintergedanken, im nächsten Jahr wieder einen Schritt nach vorne zu machen. Dass es dann gleich zwei Aufstiege wurden, machte das Ganze natürlich umso schöner.
Hätten Sie sich damals vorstellen können, vier Jahre im Verein zu bleiben und ihn nun als Zweitliga-Stammtorhüter zu verlassen?
Pentke: Dass ich vier Jahre bleibe, auf alle Fälle. Ich bin nicht der Spieler, der gerne jedes Jahr zu einem anderen Verein wechselt. Wenn ich mich wohlfühle, das ist für mich ausschlaggebend, dann bleibe ich gerne auch länger. Und am Ende gingen die vier Jahre hier auch schnell rum. Dass ich heute Stammtorhüter in der 2. Liga bin, soweit hatte ich damals natürlich nicht gedacht. Da war das primäre Ziel die 3. Liga. Umso schöner ist es, was wir die vergangenen beiden Jahre erleben durften und dass ich mir den Traum von der 2. Bundesliga erfüllen konnte.
Wie haben Sie den Verein in der Zeit kennen gelernt?
Pentke: Hier arbeiten absolut ehrliche Leute. Ich habe mich mit Menschen unterhalten, die hier schon alles erlebt haben. Dass es keinen Strom und kein Wasser mehr gab (lacht). Die haben alles mitgemacht. Wenn Leute sagen, dass sie zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder eine Jahn-Mannschaft lieben und einfach gerne ins Stadion gehen, weil sie uns gerne zuschauen, dann macht einen das einfach stolz. Das, was sich hier entwickelt hat, ist einfach super. Das ist einer der ehrlichsten Vereine, die ich kennengelernt habe und der aus seinen Mitteln das Bestmögliche herausholt im Moment. Das hat sich der Verein einfach verdient, weil er seinen Weg ehrlich und konsequent gegangen ist. Das gibt es nicht mehr so häufig im Fußball, weil immer alles schnell, schnell gehen muss.
Wie haben Sie die sportliche Entwicklung aus Spielersicht wahrgenommen vom Regionalligisten zu einem Verein, der zweimal in Folge souverän die Klasse gehalten hat?
Pentke: So souverän fand ich das alles nicht. Für uns ist es immer ein riesiger Kraftakt gewesen, drei Punkte am Wochenende zu holen. Vielleicht sieht es von außen irgendwo leicht aus, wenn man in Köln oder in Hamburg gewinnt. Aber gerade die wichtigen Spiele, die engen Spiele, waren für uns immer ein enormer Kraftakt. Wir mussten immer ans Limit gehen. Was wir geschafft haben, ist schon besonders. Das große Plus ist einfach, dass wir wirklich eine Mannschaft sind. Wir haben keinen Spieler, bei dem wir sagen: Wenn der heute gut spielt, dann gewinnen wir sicher. Es müssen immer alle elf funktionieren. Das hatte ich noch nie bei einer anderen Mannschaft, dass dieser Teamgeist so ausschlaggebend ist. Aber da merkt man, was man als geschlossene Mannschaft erreichen kann. Und ich bin jedes Wochenende wieder beeindruckt, was die Jungs da vor mir abreißen.
Auch Sie haben Ihre Sache nicht so schlecht gemacht…
Pentke: Dankeschön (lacht).
Wie war für Sie die Entwicklung vom Regionalliga- zum Zweitligatorhüter?
Pentke: Ich hatte hier mit Kristian Barbuscak einen sehr guten Torwarttrainer, der mich nicht nur sportlich, sondern auch in meiner Persönlichkeit weitergebracht hat. Das war sehr gut für mich. Die 2. Liga war für mich sportlich natürlich ein neues Level. Das war nicht immer einfach, aber ich denke, es ist mir ganz gut gelungen.
Wenn man von außen das Torwarttraining beobachtet, dann kommen da auch mal Augenklappen, Tennisbälle und Co. zum Einsatz. Was zeichnet das Torwarttraining von Kristian Barbuscak aus?
Pentke: Der Fußball wird immer schneller, die Bälle werden immer verrückter - und dafür müssen wir uns etwas einfallen lassen. Das Training wurde nie langweilig. Das ist wichtig, dass man abwechslungsreich und anspruchsvoll belastet und vor Aufgaben gestellt wird. Denn die kommen irgendwann im Spiel auch. Er ist auch ein spezieller eigener Mensch - so wie ich auch. Ich glaube, wir haben da ganz gut harmoniert und hatten einen super Austausch. Er war auf jeden Fall einer meiner besten Torwarttrainer bislang.
Wenn Sie auf vier Jahre Jahn Regensburg zurückblicken: Was bleibt besonders in Erinnerung?
Pentke: Natürlich die beiden Aufstiege. Einzelne Spiele gab es viele. Wenn man 5:0 in Hamburg gewinnt, dann ist das schon cool. Aber auch die Spiele gegen Düsseldorf und Ingolstadt, als wir 0:3 beziehungsweise 0:2 zurückliegen und dennoch gewinnen, wird man nicht vergessen. Generell war jedes Spiel in der 2. Liga ein Highlight für uns. Wenn ich mich auf einen Moment beschränken muss, dann würde ich sagen, dass das Relegations-Rückspiel bei Sechzig schon ziemlich cool war (schmunzelt).
Ein Spiel, in dem Sie in der Schlussphase zum Hauptprotagonisten geworden sind, als Sitzschalen in Ihren Strafraum geworfen wurden. Wie haben Sie diese Partie in Erinnerung?
Pentke: Wenn man heute darauf zurückblickt, dann war das damals schon krass. Das hätte auch nach hinten losgehen können und ich hätte mich auch schwer verletzten können, wenn mich so ein Ding trifft. Das wäre heute nicht mehr vorstellbar. Aber an so etwas denkst du ja vorher nie. Wir hatten in der Saison ein Spiel bei Fortuna Köln, als wir nach einer Verletzungsunterbrechung in der Nachspielzeit eine 2:0-Führung aus der Hand gegeben und in der 100. Minute den Ausgleich kassiert hatten. Daran wurden wir in der Unterbrechung in München erinnert. Ich habe gesagt, wir spielen auf jeden Fall weiter, nach dem Motto: Da stehen 1000 Polizisten, die sollen das klären. Es war dann natürlich eine spezielle Situation: Immer wenn ein Raunen zu hören war, wusste ich, dass wieder etwas geflogen kommt und habe einfach gehofft, nicht getroffen zu werden. Heute kann ich drüber lächeln, aber im Rückblick hätte es auch wirklich schlecht ausgehen können.
War es für Sie speziell, weil Sie den Aufstieg in die 2. Liga ausgerechnet gegen Ihren Ex-Club 1860 geschafft haben?
Pentke: Es war schon besonders. Ich habe dort meine Jugend gespielt und mein erstes Profijahr im Verein erlebt. Es tat mir richtig leid, weil ich da noch viele Leute kannte, die den Verein lieben. Darauf konnte ich aber keine Rücksicht nehmen. Im Rückblick war es, glaube ich, auch für 1860 das Beste, um neu anzufangen. Es ist einfach ein großer Verein. Ich habe noch nie so viele Leute erlebt, die alles für den Verein tun würden und ihm so lange die Treue halten. Der Verein hat ja schon ziemlich viel durchmachen müssen. Aber in der Relegation habe ich für den Jahn gespielt und konnte da kein Mitleid zeigen. Wir wollten aufsteigen - und dafür mussten sie eben absteigen.
Am Wochenende geht Ihre Zeit beim Jahn zu Ende. Wie viel Wehmut ist mit diesem Schritt verbunden?
Pentke: Dass es irgendwann zu Ende ist, war mir immer bewusst. Der Entschluss, dass es jetzt soweit ist, steht auch schon länger fest. Jetzt kommt der Tag und sicher wird es emotional für mich. Aber es ist auch nicht mein erstes Abschiedsspiel. Trotzdem werde ich das professionell angehen. Für den Gegner geht es ja noch um sehr viel. Ich freue mich einfach, dass ich die letzten vier Jahre Teil des Jahn sein durfte. Natürlich ist es schade, dass es zu Ende geht, weil ich mich hier sehr wohlgefühlt habe. Aber es gibt im Leben auch noch andere Sachen, die wichtig sind.
Ihr Abschied hat familiäre Gründe, Sie wollen näher bei Ihrer Tochter sein. Inwieweit haben sich durch die Geburt von Mexie-Sophia die Prioritäten verschoben?
Pentke: Jeder, der Papa ist, weiß, was es heißt, wenn man eine Tochter oder einen Sohn hat. Es war meine Entscheidung, dass ich das für die Zukunft ändern und näher bei meiner Familie sein will. Meine Tochter frage ich dann, wenn sie reden kann, was sie davon hält (lacht).
Wie oft haben Sie Ihre Tochter in der Zeit beim Jahn gesehen?
Pentke: Wenn wir frei hatten. Dann ab ins Auto und los ging's. Ich hatte mit Achim Beierlorzer auch einen sehr guten Trainer, der selbst drei Kinder hat, und weiß, wie es ist, weg von der Familie zu sein. Und dass es wichtig ist, bei der Familie zu sein. Gerade in einem Alter, wo das Kind täglich wächst, will man das so intensiv wie möglich miterleben. Da konnten wir meist ein gutes Arrangement treffen, dass ich so oft wie möglich fahren durfte. Aber dennoch stand ich jeden Tag auf dem Trainingsplatz.
Nachdem Sie Ihren Abschied bekannt gegeben haben, sind Sie ins zweite Glied gerückt und durften zunächst nicht mehr spielen. Wie war diese Situation für Sie?
Pentke: Auf der einen Seite hätte ich natürlich gerne gespielt. Aber ich habe mich den Interessen des Vereins untergeordnet. Ich wurde komplett in die Entscheidung eingebunden. Es ist klar, dass der Verein schauen will und muss, wer nächstes Jahr im Tor steht. Ich habe versucht, André so gut es ging zu unterstützen.
Haben Sie dadurch auch etwas an Ihren Kollegen zurückgegeben, weil sich André Weis Ihnen gegenüber auch immer sehr loyal verhalten hat?
Pentke: Ich und André hatten nie ein Problem. Ich bin generell kein Typ dafür. Wir hatten ein sehr gutes Verhältnis. Wir haben uns immer ausgetauscht und uns gegenseitig gepusht. André hat sich immer korrekt verhalten. So wollte ich es ihm auch zurückgeben, als er dann spielen durfte.
Würden Sie ihm die Rolle des ersten Torhüters zutrauen?
Pentke: André hat ja schon 2. Bundesliga gespielt. Dass er ein guter Torhüter ist, hat er schon gezeigt. Es ist natürlich nicht einfach, wenn man über einen langen Zeitraum gar nicht spielt und dann ins kalte Wasser geworfen wird. Er hat aber schon gezeigt, dass er das spielen kann.
Was wird unabhängig von André Weis wichtig sein für Ihren Nachfolger?
Pentke: Am Ende braucht der Jahn einen Torhüter, der die Bälle hält, das ist entscheidend. Wie er es macht, ist dann egal. Genauso, ob er 19 oder 39 Jahre alt ist. Wichtig ist, dass sich die Mitspieler auf ihn verlassen können.
Der Trainer, die Nummer eins und der Topscorer verlassen den Jahn. Warum muss sich der Fan dennoch keine Sorgen für die Zukunft machen?
Pentke: Wir haben uns jetzt schon einen Namen gemacht in der Liga und einige Ausrufezeichen gesetzt. Seitdem ich da bin, hatte Christian Keller bei den Transfers immer ein gutes Händchen. Wenn man das Beispiel Sargis Adamyan nimmt: der kam aus der Regionalliga und keiner kannte ihn. Jetzt wechselt er in die Bundesliga. Du musst nicht immer die großen Namen holen, damit es funktioniert.
Noch eine Frage weg vom Sportlichen. Wenn man die Sozialen Netzwerke ein bisschen verfolgt, dann sind Sie unter die Modedesigner gegangen. Was hat es mit den "PP1"-Shirts auf sich?
Pentke: Ich und mein Team haben uns Gedanken gemacht, ob wir etwas machen könnten. Wir haben ein bisschen rumgetüftelt und sind jetzt dazu gekommen, dass wir ein paar Freizeit-T-Shirts machen. Damit bin ich auch mal anders vertreten, nicht nur im Trikot. Bislang habe ich nur positives Feedback erhalten. Wir wollen das seriös machen und das Ziel ist nicht, damit eine Million zu verdienen - wenn es so sein sollte, dann wäre es natürlich auch schön (lacht). Wir machen das auch für Kids und für Frauen. Mal gucken, wie es läuft. Ich find es eine coole Sache - und vielleicht kann Mexie damit später aufs College gehen (lacht).
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