Scheidender Finanz-Geschäftsführer
TSV 1860: Michael Scharolds letzter Löwen-Appell
13. Mai 2020, 6:21 Uhr aktualisiert am 13. Mai 2020, 6:21 Uhr
Sechzigs bald scheidender Finanz-Geschäftsführer Michael Scharold kämpft noch einmal für die Löwen und richtet zahlreiche Appelle und Forderungen an Fans, Vereine, DFB und DFL sowie Investor Ismaik.
München - Am 18. Februar gab Michael Scharold seine letzte Pressekonferenz, um sein Ausscheiden aus persönlichen Gründen zu verkünden. Bis Dienstag. Da lud der 39-Jährige zu einer digitalen Runde, um über die wackelnde Existenz der Löwen und der Dritten Liga zu sprechen.
"Vor knapp drei Monaten konnte sich keiner vorstellen, was passiert", erklärte der Finanz-Geschäftsführer des TSV 1860 über die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie: "Unsere wirtschaftlichen Planungen wurden über den Haufen geworfen." Bevor er zum 30. Juni seinen Posten räumt, setzte er sich - vielleicht zum letzten Mal - mit einer ganzen Reihe an Appellen und Forderungen für die Löwen ein, um den Worst Case zu verhindern: "Wenn die Dritte Liga nicht weitergehen kann, dann haben wir keine Existenzgrundlage mehr." Die AZ fasst das Scharold-Plädoyer zusammen.
Scharold: Schaden durch Corona-Schaden im mittleren sechsstelligen Bereich
Geisterticket-Appell: Im Rahmen der Aktion "Macht das Sechzger voll" bittet der TSV seine Anhänger, die wegbrechenden Zuschauereinnahmen zu kompensieren: "Die Aktion liegt mir sehr am Herzen. Es ist ganz wichtig, dass die Fans mitmachen und aktiv auf die Rückerstattung verzichten oder Geistertickets kaufen." Die Corona-Krise habe einen Schaden "im mittleren sechsstelligen Bereich" angerichtet, Scharold rechnet zudem mit einem Rückgang der Sponsoring-Einnahmen. Daher gebe 1860 "jedes einzelne Ticket Planungssicherheit, auch was die nächste Saison betrifft." Neue Zahlen hatte Scharold nach den 15.000 verkauften Geistertickets (Stand letzte Woche) nicht parat, verspricht sich aber nach der "essenziell wichtigen Entscheidung" für eine Saisonfortsetzung am 26./27. Mai weitere Unterstützer.
Forderung an die Abbruch-Befürworter: Manche Klubs wie Mannheim, der Hallesche FC oder Jena stellten sich quer und streben weiterhin ein vorzeitiges Saisonende an. Sechzigs KGaA-Boss diplomatisch: "Man muss die Schwierigkeiten jedes einzelnen Klubs sehen. Viele sind davon getrieben, die Existenz sicherzustellen." Aber: "Ich will dazu aufrufen, dass wir gemeinsam unser Produkt verbessern." Die DFL werde sich zudem "ganz genau überlegen, Mannschaften absteigen zu lassen, wenn nicht sichergestellt ist, ob man in der Dritten Liga seinem Beruf nachgehen" könne.
Corona-Krise trifft 3. Liga viel härter als Bundesliga
Aufruf an Verbände und Klubs: Die Corona-Krise habe die Dritte Liga "doppelt hart" getroffen, da im Gegensatz zu den beiden höchsten Profiligen ein "finanzielles Missverhältnis" herrsche: "So können wir ja gar nicht gesund leben." Für Erst- und Zweitligaklubs gelte pro Saison "die grobe Faustregel, dass sie für den Personalaufwand etwa so viel ausgeben, wie sie durch mediale Verwertungsrechte einnehmen." In der Dritten Liga, wo die TV-Einnahmen nur ein Zehntel der Zweitliga-Einkünfte betragen, sei das nicht der Fall: "Es steht nur gut eine Million Euro aus der Zentralvermarktung zur Verfügung - für einen Kader mit 25 Mann und Funktionsteam braucht man mindestens 2,5 bis drei Millionen." Scharolds Aufruf an DFL und DFB, aber auch an alle 20 Klubs: "Wir müssen an dieses Kernproblem rangehen und die Krise nutzen, die Dritte Liga als Profiliga auszustatten."
Weiß-blauer Tabubruch: Im Winter 2018 verkündete das 1860-Präsidium einen Konsolidierungskurs. Jetzt müsse man wieder über Darlehen von Investor Hasan Ismaik sprechen, erklärt Scharold auf AZ-Nachfrage: "Wichtig ist jetzt, dass wir alle begreifen: Die Herausforderungen, die uns Corona beschert hat, werden wir nur bewältigen, wenn wir mit ganz viel Solidarität und Zusammenhalt an Lösungen arbeiten. Wir müssen alle zusammenarbeiten, um 1860 wieder auf die Beine zu stellen." Ein weiterer Ausweg hieße Aufstieg. "Natürlich wissen wir, dass die Zweite Bundesliga eine gesündere Basis hat. Aber es wollen noch elf Vereine aufsteigen", so Scharold. Sein Schlusswort: "Es ist schon die Hoffnung da."
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