Nikolaus oder Krampus

Thiago steht beim FC Bayern unter Druck wie nie


Bayerns Thiago (l.) gehört unter Münchens Interimscoach Hansi Flick nicht mehr zur Stammelf.

Bayerns Thiago (l.) gehört unter Münchens Interimscoach Hansi Flick nicht mehr zur Stammelf.

Von Daniel Gahn

In seinem siebten Jahr beim FC Bayern gehört Thiago unter Interimscoach Hansi Flick aktuell nicht mehr zur Stammelf. "Er wird noch sehr wichtig werden in dieser Saison", sagt Dieter Hoeneß der AZ.

München - Kleine Geschenke und Aufmerksamkeiten darf man am Nikolaustag ja durchaus erwarten. Auch im Hause Alcántara wird die Freude über das, was in der Nikolaussocke zu finden sein wird, sicher groß sein. Zumindest bei Thiagos zweieinhalb Jahre altem Sohn Gabriel.

Und beim Papa? Der musste nach mittlerweile sechseinhalb Jahren beim FC Bayern zum ersten Mal den Besuch des Krampus fürchten, der - während der Nikolaus die braven Kinder beschenkt-, die unartigen bestraft. In seinem "verflicksten" siebten Jahr in München läuft es nämlich nicht ganz so rund für den Spanier, den sich Pep Guardiola 2013 mit mittlerweile berühmten Worten in seinen Kader wünschte. "Thiago oder nix", sagte Guardiola damals. Und dieser Leitsatz galt bis vor kurzem auch uneingeschränkt, was die Besetzung des Bayern-Mittelfeldes betraf.

Seitdem Interimscoach Hansi Flick den Chef-Trainerposten von Niko Kovac vor knapp einem Monat übernommen hat, gehört der 28 Jahre alte Edeltechniker nun aber nicht mehr zum Stammpersonal. In den fünf Spielen unter Flicks Regie spielte Thiago nur einmal von Beginn an - beim 6:0 in der Champions League bei Roter Stern Belgrad.

Flick hat momentan keinen Platz für Thiago

Flick vertraut auf der Sechs, wo Thiago unter Kovac noch ausnahmslos gesetzt war, nun Joshua Kimmich. Auf den beiden Achterpositionen davor setzt er bevorzugt auf Thomas Müller und Leon Goretzka. Für Thiago ist da momentan kein Platz mehr. Verflickst!

"Er ist ein Spieler, den man immer bringen kann, der Top-Qualitäten hat", lobte ihn Flick vor seinem anschließenden Startelf-Einsatz in Belgrad. Den Verzicht auf Thiago und Philippe Coutinho erklärte der Trainer auch mit den Umständen bei seiner Amtsübernahme. "Es war eine Situation, die nicht ganz so einfach war", sagte Flick.

"Deshalb haben wir ein bisschen unseren Spielstil verändert, nach vorne verteidigt. Da habe ich auf Spieler gesetzt, die gegen den Ball vielleicht besser sind." Er wisse aber, "dass Thiago und Coutinho im Ballbesitz enorme Qualität haben". Abgeschrieben hat Flick Thiago also noch nicht, erste Wahl ist er bei ihm aber eben nicht mehr. Und damit aktuell der größte Verlierer des Trainerwechsels.

Möglichkeiten für Thiago in einer offensiveren Rolle?

Dieter Hoeneß glaubt aber, dass Thiago seine Chance wieder bekommen und nutzen wird. "Die Saison ist noch lang und Bayern hat hohe Ziele - gerade auch in der Champions League. Da brauchst du 17,18 Topspieler", sagte der ehemalige Bayern-Stürmer der AZ: "Thiago gehört natürlich dazu, er wird dank seiner technischen Fähigkeiten noch sehr wichtig werden in dieser Saison." Vor allem seine Vielseitigkeit könnte laut Hoeneß dabei zum Trumpf werden: "Er ist ein polyvalenter Spieler, er kann auf der Achterposition agieren, aber gegen defensivere Mannschaften auch als Sechser."

Gut möglich, dass Thiago nun wieder eher mit Müller und Goretzka und Co. um einen der beiden offensiven Plätze im zentralen Mittelfeld konkurriert. Dort machte er in den vergangenen Jahren auch seine stärksten Spiele für Bayern. Im defensiven Zentrum zeigte er dagegen speziell in dieser Saison häufig Schwächen. Immer wieder unterliefen ihm dort schwerwiegende Ballverluste und Fehlpässe.

Ob ihm Flick deshalb nun den Krampus vorbeigeschickt hat? "Mir ist es wichtig, dass man eine gewisse Balance hat, dem Spieler aber auch sagt, was man von ihm erwartet und warum er vielleicht nicht spielt", sagte Flick: "Ich bin da immer offen und ehrlich. Ich möchte keinem irgendwas vorgaukeln." Das klingt dann doch eher mehr nach nettem Nikolaus.

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