AZ-Meisterzeugnisse, Teil 2
"Roadrunner" Alphonso Davies überflügelt alle in Bayerns Abwehr
1. Juli 2020, 9:59 Uhr aktualisiert am 1. Juli 2020, 9:59 Uhr
Im zweiten Teil der AZ-Meisterzeugnisse sind die Abwehrspieler des FC Bayern dran. Guardiolas Geistesblitze machen sie wieder stark.
München - Noch in der Hinrunde wackelte die Abwehr des FC Bayern bedenklich und trug mit 22 Gegentreffern maßgeblich zu einem stürmischen Herbst bei. Tiefpunkt: Das 1:5 der Bayern Anfang November in Frankfurt, das schließlich zur Entlassung von Trainer Niko Kovac führte.
Nachdem Hansi Flick vom Co- zum Chefcoach aufrückte, schaffte er es, trotz seines deutlich offensiveren Spielstils die Defensive gleichzeitig wieder zu stabilisieren, und gab dem Team die notwendige Balance zurück. In der Rückrunde mussten die Bayern auch dank ihrer dominanten Spielweise, die bisweilen wieder an die Zeit unter Pep Guardiola erinnerte, nur noch zehn Gegentreffer hinnehmen.
Die Abwehr ist das Prunkstück und steht im zweiten Teil der AZ-Zeugnisse im Fokus:
DAVID ALABA, NOTE 2: Beim 1:5 in Frankfurt rückte der Linksverteidiger erstmals als Notlösung in die Innenverteidigung. Hansi Flick machte daraus dann eine Tugend und hielt an der Idee mit Alaba im Zentrum, auf die Guardiola einst übrigens als Erster gekommen war, fest. Mittlerweile ist Alaba mit seiner Ballsicherheit, Schnelligkeit, Zweikampfstärke und Spieleröffnung als Abwehrchef der Bayern nicht mehr wegzudenken. Die Münchner warten allerdings noch immer sehnsüchtig auf Alabas Ja-Wort bei der gewünschten Verlängerung seines Vertrags, der nur noch bis 2021 läuft.
ALPHONSO DAVIES, NOTE 1: Die Maßnahme, den Kanadier von der Außenbahn auf die Linksverteidiger-Position zurückzuziehen, hatte noch Kovac zu verantworten. Flick setzte dort dann dauerhaft auf den 19-Jährigen - und der zahlte das Vertrauen Woche für Woche mit immer stärkeren Leistungen zurück. Davies ist die Entdeckung und der Shootingstar der Saison. Mit 36,51 km/h erreichte er kürzlich in Bremen die höchste jemals in der Bundesliga gemessene Geschwindigkeit. "Alphonso ist ein Spieler, der mit Herz spielt und extrem viel Power hat", sagt Thomas Müller. Manchmal habe Davies noch Mühe mit dem Stellungsspiel. Dann würden die Gegner denken, sie hätten Zeit, so Müller: "Meep meep meep, aber dann kommt der Bayern-Roadrunner, zieht an ihnen vorbei und stiehlt ihnen den Ball."
Boateng zeigte es allen Kritikern
JÉRÔME BOATENG, NOTE 2: Der 31-Jährige war vor der Saison bereits abgeschrieben. Uli Hoeneß empfahl ihm - und zwar sogar öffentlich - einen Vereinswechsel. Der platzte aber wie schon im Vorjahr. Boateng blieb in München und zeigte es all seinen Kritikern noch mal. Boateng kennt Flick noch als Co-Trainer von der Nationalelf, mit der beide 2014 in Brasilien gemeinsam Weltmeister wurden. In individuellen Einheiten nahm sich der Bayern-Coach persönlich um Boateng an und verhalf ihm wieder zu alter Stärke und Selbstvertrauen. Mit konstant guten Leistungen war Boateng in der Rückrunde eine feste Säule in der Abwehr.
LUCAS HERNÁNDEZ, NOTE 4: Der Rekordtransfer des FC Bayern kam für 80 Millionen Euro und mit einer gerade erst verheilten Innenbandverletzung im Sommer nach München. Als er sich gerade ans Team herangearbeitet hatte, riss er sich im Oktober das Innenband im Sprunggelenk. So richtig angekommen ist der Franzose in München bisher nicht. Aufgrund der starken Leistungen speziell von Alaba, Davies und Boateng ist momentan kein Platz für ihn in der Mannschaft. Es wurde bereits über einen Abschied im Sommer spekuliert.
BENJAMIN PAVARD, NOTE 2: Der Weltmeister kam im Sommer als Absteiger für 35 Millionen Euro vom VfB Stuttgart. Die Erwartungen an ihn waren im Vergleich zu Hernández deutlich geringer. Dafür übertraf er sie umso mehr. Pavard spielte eine starke Debütsaison als torgefährlicher Rechtsverteidiger. In der kommenden Saison wird er wohl trotzdem eher wieder auf seine Lieblingsposition in die Mitte rücken. Hoeneß schwärmt von ihm als einem "der besten Transfers, die wir je gemacht haben".
Odriozola-Leihe endet im großen Missverständnis
ÁLVARO ODRIOZOLA, NOTE 4: Flick wollte im Winter einen neuen Rechtsverteidiger - und bekam von Sportdirektor Hasan Salihamidzic den Spanier als Leihgabe von Real Madrid. Flick konnte nicht viel mit Odriozola anfangen. Nach dieser Saison endet die Leihe und damit ein großes Missverständnis.
NIKLAS SÜLE, NOTE 3: Bayerns eigentlicher Abwehrchef riss sich Anfang Oktober im Spiel gegen Augsburg zum zweiten Mal in seiner Karriere das Kreuzband. Seitdem arbeitet der 24-Jährige für sein Comeback. Spätestens beim Champions-League-Turnier im August will er wieder dabei sein.
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