"Kann als Chef eine Epoche prägen" 

FC Bayern: Bosse grübeln - wird Hansi Flick die Dauer-Lösung?


Kann Hansi Flick auch in der nächsten Saison in Bayern-Jacke an der Seitenlinie jubeln?

Kann Hansi Flick auch in der nächsten Saison in Bayern-Jacke an der Seitenlinie jubeln?

Von Franziska Bohn

Der Interimscoach darf sich nach AZ-Informationen Hoffnungen machen, dass er auch nächste Saison der Chef ist. Jetzt gilt es aber für Bayern erst einmal, die Hinrunde zu einem positiven Abschluss zu bringen.

München - Wenn seine Mannschaft - die letzten zwölf aufrechten, weil spielfähigen Profis - am Samstag gegen den VfL Wolfsburg genau so viel Energie ausstrahlt wie Hansi Flick am Freitag auf der Pressekonferenz an der Säbener Straße, steht dem Erfolg zum Hinrundenabschluss nichts im Wege. Ab Sonntag ist frei, durchschnaufen ist angesagt vor der Rückrunde. Während man das Gefühl hat, dass sein Team auf dem Zahnfleisch Richtung Winterpause schlittert, sagte Flick: "Ich brauche jetzt nicht unbedingt Urlaub. Für mich könnte es so weitergehen."

Flick war bester Laune vor Spiel zehn seines Zehn-Spiele-Engagements, seit er am 3. November zum Nachfolger seines vorherigen Chefs Niko Kovac berufen wurde. Im Grunde ist Flick DIE Entdeckung des Jahres 2019 im Bayern-Kosmos. Nach dem Abgang des ehemaligen Heynckes-Assistenten Peter Hermann wurde er als Unterstützer für Kovacs Trainerteam im Sommer geholt.

Ein überqualifizierter Co-Trainer, der diese Rolle schon an der Seite von Bundestrainer Joachim Löw ausfüllte und mit dem WM-Triumph 2014 krönte. "2019 war für mich ganz anders geplant vor dem Anruf vom FC Bayern", gestand Flick, "und dann war wieder alles ganz anders." Weil Kovac gehen musste, ist Flick federführend. "Es ist das normale Leben", so Flick. "Es kommt meistens anders, als man es sich vornimmt."

Heynckes: "Flick kann als Chef eine Epoche prägen"

Mit dem dritten Liga-Dreier hintereinander wollen die Bayern ihr Es-kam-ganz-ganz-anders-als-wir-dachten-Jahr abschließen. Um dann in der Trainerfrage Vollzug zu melden: Flick bleibt bis Saisonende. "Ich finde, er macht einen guten Job", lobte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge in der "Sport Bild": "Was wir brauchen, ist ein Trainer, der für Ballbesitzfußball auf dem Niveau eines van Gaal, Heynckes oder Pep Guardiola steht. Das ist die Philosophie von Bayern München."

Die wichtigste Qualität im Spiel sei "nicht exklusiv das nackte Ergebnis, sondern die Spielqualität. Man muss die Handschrift eines Trainers sehen. Und das ist bei uns wieder der Fall." Selbst die Mini-Ergebniskrise (jeweils 1:2 gegen Leverkusen und Gladbach) änderte daran nichts. Bayerns Trainer-Legende Jupp Heynckes sprach davon, dass Flick als Chef eine "Epoche prägen" könne. Bisher war stets vom Übergangstrainer die Rede.

Das Verhältnis stimmt: Mit der Mannschaft kommt Hansi Flick gut aus.

Das Verhältnis stimmt: Mit der Mannschaft kommt Hansi Flick gut aus.

Bei erfolgreicher Rückrunde wird Flick zur Dauerlösung

Doch warum nur Übergang? Laut AZ-Informationen gibt es im Verein Überlegungen, bei erfolgreicher Rückrunde Flick zur Dauerlösung zu machen. Was natürlich vom Abschneiden in der Champions League (Achtelfinal-Gegner FC Chelsea) und in der Meisterschaft abhängt. Doch warum sollte man, falls es gut läuft im Frühjahr, Flick und dem Team Antrieb rauben, in dem man den Coach zur endlichen Figur erklärt? Ein Abwarten würde die Sinne schärfen und einen weiteren Vorteil bieten: Man müsste sich nicht zu früh auf Ajax Amsterdams Coach Erik ten Hag (49), die einzig verbliebene Option, festlegen.

Vom Holländer, zwischen 2013 und 2015 Trainer der zweiten Mannschaft, sollen nicht alle Entscheidungsträger zu hundert Prozent überzeugt sein. Könnte ten Hag eine Epoche prägen? Gehört er in die Reihe, die Rummenigge erwähnte? Jürgen Klopp, beim FC Liverpool kurz vor der Heiligsprechung, Thomas Tuchel (Paris St.Germain) und mittlerweile auch Julian Nagelsmann (RB Leipzig) wären potenzielle Epochenpräger, sind aber diesen Sommer nicht verfügbar.

Flick, anfangs sehr bescheiden und demütig, wenn es um seine Rolle ging, ist durch die Erfolge und den Rückhalt der Mannschaft peu à peu ein wenig forscher in seiner Rhetorik geworden. "Ich genieße es aktuell so, wie es ist, mir macht es viel Spaß", sagte er, "die Mannschaft ist top, ich habe ein gutes Umfeld, ein gutes Team. Ich bin zufrieden mit dem, was ich habe." Und was man (liebgewonnen) hat, gibt man nicht gerne auf.