Von der Bank in die Stammelf

Dank Hansi Flick: Jérôme Boateng glänzt wieder beim FC Bayern


Jérôme Boateng hat wieder Spaß am Fußball - und zeigt das aktuell auch auf dem Platz.

Jérôme Boateng hat wieder Spaß am Fußball - und zeigt das aktuell auch auf dem Platz.

Von Michael Schleicher / Online

Jérôme Boateng hat sich beim FC Bayern nach schweren Monaten in die Stammelf zurückgekämpft. Als Schlüssel sieht er Transfer Hansi Flick - doch ein Abschied im Sommer bleibt für ihn ein Thema.

München - Vertrauen. Wenn Jérôme Boateng über seine bemerkenswerte sportliche Wiederauferstehung spricht, fällt immer wieder dieses Wort. Unter Coach Niko Kovac hat Boateng dieses Vertrauen beim FC Bayern nicht gespürt, von Uli Hoeneß oder Karl-Heinz Rummenigge hätte er es sich oftmals gewünscht - er bekommt es jetzt: von Hansi Flick.

Der neue Trainer, sagt Boateng im SID-Interview, spiele "eine große Rolle" bei seinem für viele unerwarteten Aufschwung: "Er ist sicher einer der Gründe, warum ich geblieben bin." Wer Boateng von Flick schwärmen hört, braucht nicht viel Phantasie, um zu erahnen: Flick war der entscheidende Grund.

Boateng vergleicht Flick mit Löw und Heynckes

Flick und Boateng, das war schon in der Nationalelf eine besondere Beziehung, die 2014 mit dem WM-Titel gekrönt wurde. Boateng schwärmt von Flicks "Art, wie er mit den Spielern umgeht, wie er ihnen Vertrauen schenkt - egal, ob man in einer guten oder schlechten Phase ist. Hansi ist da in erster Linie Mensch. Ich würde ihn in dieser Hinsicht mit Jogi Löw oder Jupp Heynckes vergleichen."

Wie Löw in Rio oder Heynckes in der historischen Münchner Triple-Saison 2013 gelingt es Flick, das Beste aus Boateng herauszukitzeln. Dabei war der Verteidiger schon mehrfach drauf und dran, den FC Bayern zu verlassen. Im Sommer 2018 scheiterte ein Transfer zu Paris Saint-Germain, ein Jahr später, nachdem Hoeneß ihm "als sein Freund" öffentlich den Abschied nahegelegt hatte, ein Wechsel nach Turin.

Boateng liefert seit der Winterpause ab

Flick, damals noch Kovacs Assistent, hielt Boateng bei Laune. Und als nach Niklas Süle auch noch Lucas Hernández sowie Javi Martínez ausfielen, erinnerte er sich, inzwischen zum Chef befördert, wieder an ihn. Seit der Winterpause stand der 31-Jährige in allen fünf Pflichtspielen in der Startelf - und überzeugte. Die Schweizer Fußballstatistiker von CIES führen ihn in ihrer Innenverteidiger-Liste auf Rang drei in Europas Top-Ligen, hinter Sergio Ramos (Real Madrid) und Presnel Kimpembe (PSG) - aber vor Europas Fußballer des Jahres Virgil van Dijk.

"Wir lachen wieder viel, es herrscht wieder gute Stimmung in der Kabine", sagt Boateng, auch er selbst habe endlich "wieder Spaß am Fußball" und dürfe "wieder zeigen, was ich kann". Das tut er so zuverlässig, dass Experte Stefan Effenberg eine Rückkehr in die DFB-Elf ins Gespräch brachte. Er sei "nicht abgeneigt", sagt Boateng, zwischen ihm und Löw sei nach der Ausbootung vor gut einem Jahr alles geklärt, aber er weiß: Der Bundestrainer setzt auf Jüngere, "das muss man respektieren".

Boateng: "Kenne nichts anderes als Konkurrenzkampf"

Für seine Rückkehr auf Top-Niveau habe er "viel getan", betont Boateng, "ich habe auch in der für mich schweren Zeit immer Gas gegeben". Das tat er im Training, mit Extraschichten, einer eigenen Vorbereitung, der Umstellung seiner Ernährung, Yoga, Pilates. Sportdirektor Hasan Salihamidzic lobte seinen Fleiß, Flick sein Standing in der Mannschaft. Und sogar Rummenigge würdigte die wiedererlangte "Stabilität".

Ausgerechnet Rummenigge, der Boateng einst empfahl, "back to earth" zu kommen. Spürt er Genugtuung? Was Rummenigge sage, sei "nicht entscheidend", sagt Boateng. Wer genau hinhört, spürt, dass er den Bossen noch immer grollt. Dass Boateng im Sommer erneut seinen Abschied forcieren wird, gilt als wahrscheinlich.

Aktuell blickt er aufs Sportliche. Im Topspiel gegen Leipzig musste der 76-malige Nationalspieler nach einer guten Stunde raus, nach Rückenproblemen und einer Erkältung fehlte ihm die Kraft. Für ihn kam kein Geringerer als Rekordeinkauf Hernández. Ist er bereit für das Duell mit dem Weltmeister? "Ich bin seit Jahren bei Bayern, ich kenne nichts anderes als Konkurrenzkampf", sagt er: "Ich weiß um meine Qualitäten, die gibt es nicht oft."

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