Kundgebung am Haidplatz
Tausende Menschen demonstrieren in Regensburg gegen Rechts
21. Januar 2024, 12:27 Uhr aktualisiert am 23. Januar 2024, 6:30 Uhr
Seit Tagen demonstrieren in vielen deutschen Städten Tausende Menschen gegen Rechtsextremismus. Am Sonntag setzen auch in Regensburg tausende Demonstranten ein deutliches Zeichen.
Mit rund 13.000 Teilnehmern, wie die Veranstalter es mitteilten, setzte die Stadt am Sonntag auf dem Haidplatz ein starkes Zeichen gegen rechte Strömungen und zunehmende Radikalisierung. Von allen Seiten strömten die Menschen in Richtung Haidplatz. Wer dort keinen Platz fand, stand in einer der Seitengassen. Veranstalter war das Bündnis gegen Rechts. Dennis Forster moderierte die lange Rednerliste.
Gut zwei Stunden lang sprachen die Vertreter verschiedener Initiativen. Gemeinsam forderten alle, lautstark einzutreten gegen die Ideologien der AfD, gegen antisemitische Hetze und Umsturztheorien. Es sei nicht die Zeit, in der man sich raushalten könne. Es müsse jetzt lautstark und entschlossen Stellung bezogen werden.
Ernst Grube, ein Überlebender des Holocaust, sagte, er sei "entsetzt und aufgewühlt" über die Ergebnisse der Recherchen von "Correctiv". In seiner Rede zeigte er immer wieder Parallelen auf zwischen der Zeit des Aufkeimens des Nationalsozialismus und heute. Seine Familie sei verfolgt, auseinandergerissen und nach Theresienstadt ins Ghetto verschleppt worden. Mit Glück hätten sie überlebt.
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AfD schürt Angst und schafft Feindbilder
Die AfD gefährde die Grundaussage wichtiger Verfassungsartikel, zersetze die Demokratie. Die Partei beschwöre bewusst Angst herauf und erschaffe Feindbilder. Damit werde abgelenkt von den tatsächlichen Aufgaben, dem Klimaschutz und der sozialen Gerechtigkeit. In den Recherchen von "Correctiv" sei die Rede von Deportationsgebieten in Nordafrika gewesen. Im Nationalsozialismus seien Tausende außerhalb des Deutschen Reichs getötet worden. Das sei durch die Eroberung von Gebieten im Osten möglich gewesen.
Die Deutschen hätten damals davon nichts wissen wollen. "Umsiedlung zur Arbeit" habe es geheißen. Es müsse heute Druck auf die Politik ausgeübt werden, dass ein Verbot der AfD "mit entschlossener Sorgfalt vorangebracht wird". Es sei die Pflicht der demokratischen Bürger, "hier nicht locker zu lassen".
Viel Applaus bekam Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer für ihren Appell, jeden Tag Verantwortung zu übernehmen, um die Demokratie zu schützen. Zu zeigen, "dass die Mehrheit nichts mit menschenverachtenden Parteien zu tun haben will". Toleranz und Weltoffenheit würden unsere Freiheit ausmachen. Es dürfe nicht hingenommen werden, dass Rechte Kräfte Angst und Verunsicherung schürten. "Unsere Städte gehören allen Menschen, die hier leben". Dass so viele Menschen gekommen seien, zeige, "Regensburg steht gemeinsam gegen Rechts."
Mit Masterplan Migration wird Rechte Politik Realität
Die Normalisierung rechter Ideologien habe längst stattgefunden, sagte Eva Kohnen von der Grünen Jugend. "Dass ihre Politik heute in der Mitte der Gesellschaft anerkannt ist, erleben wir jeden Tag." Und zwar nicht nur, weil die Prozente bei Wahlen hoch gingen, sondern weil ihre Politik Realität werde.
Am Montag habe der bayerische Ministerpräsident Markus Söder einen "Masterplan Migration" vorgestellt. Die bayerische Regierung wolle den Grenzschutz ausbauen, Ukrainerinnen das Bürgergeld nehmen, Syrer abschieben und prüfen, ob man nicht das individuelle Recht auf Asyl auch einfach abschaffen könne. Am Donnerstag habe die Bundesregierung das "Rückführungsverbesserungsgesetz" beschlossen. Das Gesetz kriminalisiere humanitäre Hilfe und schränke Grundrechte ein. Die Strategie rechter Politik entgegenzukommen, um den Rechten Wind aus den Segeln zu nehmen, die sei nicht nur gescheitert, sie sei von Anfang an eine Sackgasse gewesen.
Die Welle der Solidarität interpretierte Gewerkschaftsvertreter Rico Irmischer als deutliches Zeichen. Die Menschheit trete den "ekelhaften Plänen der extremen Rechten" entgegen, die hemmungslos nach unten trete. Wenn Oppositionspolitiker "mit Schaum vor dem Mund" über das Bürgergeld diskutierten, trage das nur zur Hetze bei. Man dürfe die Ampelregierung kritisieren, aber konstruktiv und ohne "plumpe Umsturzfantasien". "Wir müssen mit AfD-Sympatisanten ins Gespräch kommen", sagte Irmischer, "ihnen unsere Lösungen vermitteln". Für alle bringe dieser aktuelle Aufschrei der Gesellschaft einen Energieschub und neue Kraft.
Aus seinem Heimatland Syrien berichtete Sarhad Hannan, der Mitglied im Vorstand von Campus Asyl ist. Er sei zu Hause mit seinen drei Geschwistern glücklich gewesen, bis der Krieg kam. Dann mussten sie fliehen. In Deutschland habe er eine Chance bekommen. "Wir möchten arbeiten, studieren, an der Gesellschaft teilhaben", sagte er. Aber im Ankerzentrum hätten die Menschen keine Möglichkeit.
Die AfD mache bereits jetzt Politik, obwohl sie gar nicht in der Regierung sei, sagte ein Vertreter der Antifaschistischen Aktion Regensburg. Er frage sich, wo die Massen in den letzten zehn Jahren gewesen seien. Dass die AfD "ein faschistischer Scheißhaufen" sei, habe man immer schon gewusst. Dem müsse man sich lautstark entgegenstellen, am Arbeitsplatz, in der Schule und auf der Straße.