Straubing

Querschnittsgelähmt: Vom Leben eines Kämpfers


Und dann steht Mario auf. Das ist beeindruckend. Nicht, weil die Servomotoren summen und die Uhr zur Bestätigung piepst, sondern weil ein Querschnittsgelähmter sich selbst aufrichtet. Man sieht ihm im Gesicht an, was das an Kraft und Konzentration kostet. Er steht und sein Mundwinkel, der lächelnd nach oben geht, verrät seine Gedanken: "Geht doch!" Das hat er sich gerade wieder mal selber gezeigt und teilt das dann auch so mit.

Und dann steht Mario auf. Das ist beeindruckend. Nicht, weil die Servomotoren summen und die Uhr zur Bestätigung piepst, sondern weil ein Querschnittsgelähmter sich selbst aufrichtet. Man sieht ihm im Gesicht an, was das an Kraft und Konzentration kostet. Er steht und sein Mundwinkel, der lächelnd nach oben geht, verrät seine Gedanken: "Geht doch!" Das hat er sich gerade wieder mal selber gezeigt und teilt das dann auch so mit.

Mario ist querschnittsgelähmt und er kann gehen. Der 55-Jährige schafft das, weil er ein Kämpfer ist, mit der richtigen Einstellung, Kraft und Durchhaltewillen und dank eines Exoskeletts sowie der Unterstützung seiner Physiotherapeuten der Praxis Monika Nelson-Brandt. Nur mit der Krankenkasse läuft es noch nicht so. Das Exoskelett kostet rund 100.000 Euro.

Mario fährt mit seinem Rollstuhl an das auf einem Stuhl "sitzende Exoskelett" und hievt sich selber in das Gestell. Erst schlüpft er in die Schuhe. Das dauert, weil seine Beine seine Hände nicht unterstützen können. Der Rollstuhl dient pragmatisch als Stütze. Dann schnallt er sich die Gurte seiner schwarzen Montur um. Angefangen an den Schienbeinen über die Oberschenkel; zuletzt ist der Brustgurt dran. Vorher und später unterhält er sich gern und viel.

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Monika Nelson-Brandt und Marcus Simon haben als Physiotherapeuten Mario beim Gehenlernen unterstützt.

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Und dann steht Mario auf. Das ist beeindruckend. Nicht, weil die Servomotoren summen und die Uhr zur Bestätigung piepst, sondern weil ein Querschnittsgelähmter sich selbst aufrichtet. Man sieht ihm im Gesicht an, was das an Kraft und Konzentration kostet. Er steht und sein Mundwinkel, der lächelnd nach oben geht, verrät seine Gedanken: "Geht doch!" Das hat er sich gerade wieder mal selber gezeigt und teilt das dann auch so mit.

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Und dann steht Mario auf. Das ist beeindruckend. Nicht, weil die Servomotoren summen und die Uhr zur Bestätigung piepst, sondern weil ein Querschnittsgelähmter sich selbst aufrichtet. Man sieht ihm im Gesicht an, was das an Kraft und Konzentration kostet. Er steht und sein Mundwinkel, der lächelnd nach oben geht, verrät seine Gedanken: "Geht doch!" Das hat er sich gerade wieder mal selber gezeigt und teilt das dann auch so mit.

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Und dann steht Mario auf. Das ist beeindruckend. Nicht, weil die Servomotoren summen und die Uhr zur Bestätigung piepst, sondern weil ein Querschnittsgelähmter sich selbst aufrichtet. Man sieht ihm im Gesicht an, was das an Kraft und Konzentration kostet. Er steht und sein Mundwinkel, der lächelnd nach oben geht, verrät seine Gedanken: "Geht doch!" Das hat er sich gerade wieder mal selber gezeigt und teilt das dann auch so mit.

Jetzt aber hört man nur das Klicken der Schnallen. Das Anlegen seines Exoskeletts macht er alleine, schweigsam und konzentriert. Physiotherapeut Marcus Simon fragt, ob alles passt, und per Knopfdruck auf der Uhr aktiviert er den Sitzmodus und reicht Mario die Krücken. Der nickt und Marcus meint: "Here we go!" Die Servos surren. Mario erhebt sich. Er sammelt sich. Er geht. Beeindruckend.

Der Hersteller beschreibt das sachlicher: Das Exoskelett besteht aus einem Rahmen mit mehreren Gelenken, die den Hüft-, Knie- und Fußgelenken des menschlichen Körpers entsprechen. Es ist etwa 25 Kilogramm schwer. An den Gelenken befinden sich aufgesetzte Antriebsmotoren, die den Körper in Gang setzen. Zahlreiche Sensoren sammeln Informationen über die gewünschten Bewegungen des Trägers. Diese werden an einen Computer weitergeleitet, der sie analysiert und die Bewegungsabläufe steuert. Betrieben wird das Exoskelett von Batterien, die neben dem Computer in einem Rucksack untergebracht werden. Die Energie reicht für mehrere Stunden aus. Mit einer Fernbedienung am Handgelenk, die aussieht wie eine Sportuhr, können verschiedene Programme eingestellt werden: Sitzen, Stehen, Gehen und sogar Treppensteigen.

"Kann ich das?" Nein: "Ich will das!"

Mario ist Realist, ein knallharter: "Im Rollstuhl ist es bequemer. Es ist eine brutale Schinderei. Aber es bringt einem ungeheuer etwas. Ich will das Exoskelett. Ich will gehen können." Seine Frau verlor Mario vor sieben Jahren an Krebs, das Gefühl in seinen Beinen an die Straße. Motorradunfall, genau heute vor drei Jahren, berichtet er beim Gespräch. Krankenhaus, Reha, Rollstuhl - dieser Dreiklang in Moll wurde etwas anders gestimmt, als ihm zum ersten Mal ein Exoskelett gezeigt wurde. Kein Allheilmittel, ein kleines technisches Wunder, das aber beherrscht werden will. Kein Problem, sondern eine Herausforderung für den 55-Jährigen. Unterkriegen lässt er sich nicht. Mario ist ein Kämpfer.

Er ist ein starker Mann. Er hat Kraftsport betrieben. Seine Oberarmmuskeln helfen ihm, sein Exoskelett zu steuern. Aber seine wahre Stärke liegt im Denken. Mario denkt nicht "Kann ich das?" Er denkt: "Ich will das! Also kann ich das auch." Vielleicht ist er Yoda-Fan?

"Das ist wie beim Skifahren, wenn du zum ersten Mal auf den Brettern stehst, fällst du um und willst die Ski nur noch zum Einheizen verwenden. Du brauchst einfach eine gewisse Zeit, um damit klarzukommen. Und du musst dich trauen. Du kannst auf jede Seite umfallen, nach links, rechts, vorne, hinten", beschreibt er seine ersten Schritte mit dem Exoskelett.

Die meiste Kraft brauche er aber mit und beim Kontakt zu seiner Krankenkasse. Da findet Mario deutliche Worte. Diplomatische Wortwahl ist nicht sein Ding, eher schwarzer Humor und die Mitgliedschaft im Verein der lauten und deutlichen Sprache, Ortsverein Niederbayern. Bisher hat er sein Exoskelett unter Vorbehalt bekommen, das Sozialgericht war eingeschaltet, er musste beweisen, dass er damit Fortschritte macht.

Körperliche und geistige Kraft sind wichtig

Das Exoskelett stehe noch am Anfang, aber die Technik könne sich nur entwickeln, wenn die Firmen ihre Exoskelette auf den Markt bringen und damit auch Geld verdienen können, erklärt der ehemalige BMW-Schichtleiter. "Aber die Krankenkassen wehren sich wie die Sau", schimpft er darüber. Mario will kein Bittsteller sein, sondern selbstständig allein das Leben meistern. Und allein heißt auch, alleine zum Treffen mit Freunden in den Biergarten gehen zu können. Der um die Ecke, der bei der Villa entstehen soll, wird eines seiner Ziele sein. Der Motorradfahrer, der sich jetzt ein Trike besorgt hat, will einfach in jeder Situation mobil sein - so gut es geht.

"Wir kennen Mario seit gut einem Jahr", erklärt sein Therapeut Marcus Simon und fügt hinzu: "Wir haben dafür gesorgt, dass seine Beine beweglich bleiben, als Vorbereitung für das Exoskelett, und dass der Oberkörper kräftig bleibt, plus eine Schmerztherapie", fügt seine Chefin Monika Nelson-Brandt an. Marcus Simon zählt weitere Voraussetzungen auf. Der Grad der Behinderung sowie Körpergröße und Gewicht müssen passen. Die Hauptvoraussetzung ist aber psychischer Natur, erklärt der Physiotherapeut. Sprich: Der Querschnittsgelähmte "muss es wollen" und Durchhaltewillen besitzen. Einfach Ehrgeiz haben. Wer mit einem Exoskelett wieder gehen lernen will, muss Kraft (körperliche und geistige) und Leidensfähigkeit mitbringen. Wie Mario es ausdrückt: "Man fliegt auch oft auf die Schnauze."

Physiotherapeuten brauchen dazu eine spezielle Schulung, in Straubing und Niederbayern ist Mario der erste Exoskelett-Läufer. Mario und seine Physiotherapeuten sind ein eingespieltes Team, haben Kommandos entwickelt, sehen wo und wie der andere hin will. Wie beim Fahrradfahren muss man alles Schritt für Schritt lernen - im wahrsten Sinne des Wortes.

Ziel: Menschen auf Augenhöhe begegnen

Sein nächstes Ziel, auf das er sich steigern will, wenn er sein Exoskelett hoffentlich bald wieder von der Krankenkasse zurück hat, ist eines, das jeder Straubinger hat: Er will damit das Gäubodenvolksfest besuchen. Seine Begründung dafür ist für ihn logisch: "Mit dem Rollstuhl hat man es schwer am Volksfest, ständig wollen da schöne Frauen im Dirndl auf deinem Schoß mitfahren." Aber nach seinem Humor, der wahrscheinlich neben der Batterie seines Exoskelett seinen Willen zu laufen antreibt, kommt seine nachdenkliche Seite zum Tragen: "Der Rollstuhl wird zu 80 Prozent mein Fortbewegungsmittel bleiben", da macht sich Mario keine Illusionen. Ein Sprinter wird er auch nicht, Fußgänger werden schneller sein. Aber. "Menschen wieder auf Augenhöhe zu begegnen", das ist seine Motivation für das Exoskelett. Und die Freiheit, weiterhin alleine leben zu können. Bekommt er sein Exoskelett zurück, hat er schon sein erstes großes Etappenziel vor Augen: "Alleine aufs Volksfest zu gehen und wieder heimzugehen."

Mario braucht wie die meisten Menschen mit Behinderungen kein Mitleid, er braucht Respekt. Mario ist querschnittsgelähmt und er kann gehen. Er ist halt ein Aufsteher. Respekt!

Hinweis: Zum Jahreswechsel veröffentlichen wir Lieblingsartikel der Straubinger Redaktion aus dem Jahr 2019 - in voller Länge, als Geschenk für unsere Leser.