Nach Beschluss in Wien
Kommt das Ess-Verbot jetzt auch in deutschen Zügen?
30. Juli 2018, 16:26 Uhr aktualisiert am 30. Juli 2018, 16:26 Uhr
Döner, Fischsemmeln und Co. sollen in U-Bahnen in Wien ab September tabu sein. Vermehrt hatten sich dort Fahrgäste in der Vergangenheit über die Geruchsbelästigung durch stark riechende Speisen beschwert. Nun schob die Wiener Kommunalpolitik dem "Ess-Genuss" einen Riegel vor, wohl auch um Reinigungskosten einzusparen. Ein Modell nur für den innerstädtischen Nahverkehr oder auch für den Fernverkehr in Deutschland?
Wer kennt das nicht? Man hetzt noch schnell zum Zug, völlig außer Atem ergattert man im Abteil noch einen letzten freien Platz und plötzlich wickelt der Nachbar aus der Alufolie seinen Döner aus. Wenige Minuten später mischen sich der Geruch von Zwiebeln und Knoblauch mit den üblichen Körperausdünstungen der Fahrgäste. Insbesondere bei den hohen Temperaturen dieser Tage ein "Traum". Auf eben dieses Problem hat man nun in Wien reagiert. Zumindest in den dortigen U-Bahnen. Ab September 2018 ist dort der Verzehr "stark riechender Speisen" wie Döner, Pizza, Burger und sogar Leberkässemmeln strikt verboten. Zum einen, um die Geruchsbelästigung anderer Fahrgäste zu mindern, zum anderen aber auch, um Reinigungskosten zu verringern. Für den Nahverkehr ein durchaus nachvollziehbares Modell. Denn bei wenigen Minuten Fahrtzeit wird wohl niemand den Hungertod erleiden müssen.
Wäre dieses Modell aber auch für den Fernverkehr in Deutschland anwendbar? Eine entsprechende Umfrage, die wir zu diesem Thema unter Fahrgästen am Straubinger Bahnhof durchgeführt haben, sprach eine recht eindeutige Sprache. Demnach würde ein Großteil der Befragten ein ähnliches "Ess-Verbot" in Zügen im Fernverkehr befürworten.
Hier sehen Sie die Umfrage im Video:
Video zum Thema:
Gänzlich anders ist der Tenor jedoch bei den jeweiligen Bahnunternehmen. "Bei der Deutschen Bahn (DB) gibt es keine Pläne, in unseren Fernverkehrszügen gesonderte Essensregeln einzuführen. Auch sind uns keine Beschwerden von Fahrgästen bekannt, die sich aufgrund von diesbezüglichen Geruchsbelästigungen mit einer Beschwerde an uns gewandt haben", äußert sich ein Sprecher der Deutschen Bahn. Dort bietet man Fahrgästen, die sich durch derartige Gerüche belästigt fühlen, stattdessen einen anderen Service an. "Sollten sich Reisende dennoch belästigt fühlen, stehen selbstverständlich unsere Servicemitarbeiter an Bord als Ansprechpartner zur Verfügung. Ein alternativ angebotener Sitzplatz kann in einem solchen Fall eine Lösung des Problems sein", so der Bahnsprecher weiter.
"Keine Beschwerden" bei agilis
Auch bei agilis gibt es keine Überlegungen, bestimmte Speisen in ihren Zügen zu verbieten. "Wie bisher auch, berufen wir uns auf unsere Beförderungsbedingungen, die es Fahrgästen untersagen, Fahrzeuge und Betriebsanlagen zu verunreinigen (§5, Abs. 4(11). Vom Betriebspersonal oder durch örtliche Anweisung kann das Essen oder Trinken wie bisher auch in besonderen Fällen untersagt werden", berichtet agilis-Sprecherin Katharina Ziegler auf idowa-Nachfrage. Zudem lägen bei agilis bis dato "keine systematischen Beschwerden" zu dieser Thematik vor - weder von Fahrgästen noch seitens des Fahrpersonals.
Im Fernverkehr wäre das Wiener Modell nach Ansicht der agilis-Sprecherin kaum anwendbar. Ziegler: "Die Erfahrung aus anderen Städten zeigt: das Verbot bestimmter Speisen (…) ist durchsetzbar. Meist beziehen sich solche Verbote aber auf den innerstädtischen Verkehr, wie im Wiener Beispiel. Im großen Netz von agilis mit einer Streckenlänge von 452 Kilometern wäre ein generelles Ess- und Trinkverbot aus unserer Sicht für die Fahrgäste nicht zumutbar." Wen hier also der Heißhunger packt, der kann auch künftig beruhigt durchatmen.