Straubinger Tagblatt
Ein Trainer, der "brennt und voll motiviert" ist
8. Februar 2011, 9:11 Uhr aktualisiert am 8. Februar 2011, 9:11 Uhr
Von Tobias Welck
Eine nicht gerade komfortable Tabellensituation zum Einstand, eine verunsicherte Mannschaft, Verletztenprobleme, Ausfälle und ein Spieler, der einfach abhaut - die Liste der Probleme für den neuen Tigers-Dompteur Dean Fedorchuk zu Beginn seiner Amtszeit war lang. Doch was ist all das gegen die wahren Probleme im Leben? Ein eiligst besorgter Anzug vor dem ersten Spiel, der dann doch ein wenig zu groß ausfiel, ein Laptop, dessen Akku im Bus nach zwei Stunden den Geist aufgibt und eine Wohnung, die noch besetzt war. Man möchte kaum glauben, dass das den 40-jährigen Kanadier in seiner ersten Woche am meisten beschäftigte. "Ich habe der Mannschaft gesagt: Es gibt keine Entschuldigungen und wir suchen keine Entschuldigungen. Also warum soll ich auf die Tabelle, die Aufstellung oder die Ausfälle schauen?", erklärt Fedorchuk. Alleine mit diesen Worten wird er aber den Umschwung nicht eingeleitet haben.
Was also ist passiert in den letzten sieben Tagen bei den Tigers, dass nun plötzlich wieder ein Team auf dem Eis steht, dass die Fans begeistert und wieder Hoffnung auf das Erreichen der Playoffs macht? "Eigentlich nicht viel", findet Fedorchuk. "Wir können hier das Rad nicht neu erfinden. Ich habe ein paar kleine Veränderungen hier und da vorgenommen." Mehr Aggressivität, mehr Bewegung vor dem Tor, die Scheibe öfter auf selbiges bringen, längere und intensivere Trainingseinheiten - so sahen die Veränderungen auf dem Eis aus. Aber mehr noch scheint daneben passiert zu sein.
"Sehr viel geredet"
"Er hat sehr viel mit uns geredet in den ersten Tagen. Fast andauernd eigentlich", erzählt Kapitän Michael Bakos. Etwas, was das Team anscheinend gebraucht hat. "So gesehen war es vielleicht ganz gut, dass wir gleich von Montag bis Freitag auf Auswärtstour unterwegs waren", findet der neue Coach. "Wir waren viel zusammen, im Hotel, im Bus und konnten viele Gespräche führen und uns kennenlernen." Ein Prozess, der offensichtlich funktioniert hat. "Es war vielleicht einfach nur wichtig, dass die Mannschaft eine andere Ansprache hatte", findet Fedorchuk. "Sie musste wieder an sich glauben und an das, was ich als Coach vorgebe. Ich denke, spätestens ab dem zweiten Drittel in Berlin hat sie daran geglaubt."
Und die Einschätzung von Manager Jürgen Pfundtner ("Er brennt, er ist heiß, er ist voll motiviert, er will diese Chance unbedingt nutzen.") unterstrich Fedorchuk in den ersten Tagen eindrucksvoll. An keinem einzigen Tag war seine Arbeit vor drei Uhr nachts beendet: Videostudium des eigenen Teams, Videostudium der Gegner. Perfekt vorbereitet sollte sein Team in die Spiele gehen und perfekt vorbereitet war es dann auch. So ärgerte sich Fedorchuk zum Beispiel noch lange nach Spielende in Berlin über den zwischenzeitlichen Ausgleich der Eisbären. "Wir wussten, dass sie diesen Pass in Überzahl spielen werden und haben in der zweiten Drittelpause noch einmal intensiv darüber geredet. Trotzdem konnten wir ihn nicht verhindern."
"...dann schaffen wir es"
Die Dinge, die man beeinflussen kann, damit beschäftigt sich Fedorchuk, nicht mit dem Rest. So war es mehr als ärgerlich, dass die direkten Konkurrenten Köln und Iserlohn am Sonntag in den Schlussminuten noch ihre Spiele drehten und statt einer Niederlage noch jeweils zwei Zähler einfuhren. Aber nicht für den neuen Chefcoach. "Ich habe gehört, dass die Spieler in der Kabine darüber geredet haben und dass es ein Thema ist. Aber nicht für mich. Natürlich kenne ich die Tabelle und die Situation, aber ich beschäftige mich nicht mit anderen Ergebnissen, dem Restprogramm oder Hochrechnungen. Wir müssen auf uns selbst fokussiert sein, dann werden wir es auch schaffen."
Und dass es die Tigers in den noch ausstehenden sieben Spielen nach der einwöchigen Länderspielpause in die Playoffs schaffen können, daran lässt Fedorchuk keinen Zweifel. "Die Mannschaft hat Herz und Energie. Ich mag die Art, wie sie spielt, deshalb bin ich auch hier hergekommen", so der Trainer, der dann voraussichtlich auch wieder auf Stürmer Michael Baindl (ist nach seiner Gehirnerschütterung seit Samstag zurück im Training) zurückgreifen kann. Und weil eben auch ein neuer Trainer das Rad nicht neu erfinden kann, bleibt das Programm in der Pause so, wie unter Jürgen Rumrich geplant. "Die Trainingstage und -zeiten bleiben im Großen und Ganzen gleich", erläutert Fedorchuk. Dieser kümmert sich nun in den Tagen der Pause wieder um die Dinge, die er beeinflussen kann. Zum Beispiel um seine drei Kinder, die er besucht. Und vielleicht ja auch um ein passendes Ladekabel für die Laptop-Steckdosen im Bus...