Landkreis Regen
Behinderte wegen Sängerin Nena ausgeladen
4. April 2013, 8:27 Uhr aktualisiert am 4. April 2013, 8:27 Uhr
Die berühmte Sängerin Nena hat sich samt Band vergangene Woche auf die idyllische Gutsalm Harlachberg zu Proben zurückgezogen (idowa berichtete). Nun erreichte die Redaktion ein Schreiben von Josef Wittenzellner aus Kollnburg, der sich darüber beschwert, dass wegen des berühmten Besuchs eine Gruppe Behinderter, darunter seine 22-jährige Tochter Carina, ausgeladen wurde.
"Obwohl die Gruppe, bestehend aus drei Behinderten und drei Betreuerinnen der Lebenshilfe Regen, schon im Dezember 2012 gebucht hatte, wurde die Buchung im Januar 2013 mit der Begründung, dass ein Prominenter nun das ganze Gut in der Zeit für sich haben will, um seine Ruhe zu haben, storniert", kritisiert Wittenzellner.
Betroffene sind irritiert über den Umgang
"Wir, als Eltern einer Behinderten aus dieser Gruppe, sind schon stark irritiert darüber, wie man hier mit Menschen umgeht, die für die Hotelleitung anscheinend nicht in das Bild einer ruhigen, heilen Welt passen. Diese Menschen sind in diesem Haus offensichtlich nur so lange willkommen, solange man das Geschäft nicht mit 'besseren' Menschen machen kann", so die deutlichen Worte des Kollnburgers. "Obwohl die Öffentlichkeit und die Politik sich ständig damit rühmen, die Inklusion voranzubringen, werden behinderte Menschen immer noch als Menschen zweiter Klasse behandelt."
"Es tat uns sehr leid, aber wir konnten nicht anders"
Marie-Luise Freimuth vom Team der Gutsalm Harlachberg bestätigte auf Nachfrage des Viechtacher Anzeigers den Vorfall, wehrt sich jedoch dagegen, die Behinderten durch das Vorgehen diskriminiert zu haben. "Es tat uns damals sehr leid, aber wir konnten nicht anders. Wir haben wirtschaftlich gehandelt, denn die Gruppe um Nena brauchte alle verfügbaren Einzelbetten und es ging auch um einen großen Imagegewinn für unser Haus", so Freimuth und betont: "Das hat absolut nichts damit zu tun, dass es sich um Behinderte handelt. Behinderte sind uns sehr willkommen. Wir haben ja auch die ganze Gutsalm komplett behinderten- und rollstuhlgerecht gebaut, das war uns sehr wichtig."
Gutsalm ist komplett behindertengerecht
Die Leitung der Gutsalm habe es den Betroffenen erklärt, sich um ein Ersatzquartier bemüht, das dann schließlich auch gebucht wurde, und habe der Gruppe einen Gutschein für Kaffee und Kuchen überreicht sowie sie zum Brotbacken auf dem Harlachberg zu einem späteren Zeitpunkt eingeladen. "Wir haben die Betroffenen um Verständnis gebeten", so Freimuth. "Es war eine einmalige Chance für uns und es hatte in keinsterweise etwas mit der Behinderung der Gäste zu tun", wiederholt sie.
Die "Almosen" in Form eines Kaffee- und Kuchen-Gutscheins will Wittenzellner nicht annehmen. "Wir wollen nichts geschenkt, wir zahlen für die Unterbringung und mehr wollten wir nicht", so der Familenvater, der zusammen mit den Eltern der anderen behinderten Kinder an jenem Wochenende einen Ausflug geplant hatte. "Zugegeben, ich mag Nena nicht unbedingt. Aber selbst wenn Peter Maffay gekommen wäre, den ich sehr schätze, hätte es mich auch geärgert. Das ist einfach kein Stil, Gäste auszuladen, weil jemand Besseres kommt."
Auch Nena hatte einmal ein behindertes Kind
Die Anlage sei schließlich groß genug und die Behinderung der Betroffenen nicht zu stark, dass sie die Stars gestört hätten, findet Wittenzellner. Da Nena selbst ein behindertes Kind hatte, das jedoch nach elf Monaten verstarb, hätte sie das vielleicht sogar verstanden.
"Aber im Endeffekt bleibt das dem Hausherrn überlassen", meint Wittenzellner ein wenig versöhnlich. Es sei schließlich alles nochmal gut ausgegangen, weil man immerhin ein Ersatzquartier gefunden hatte und dort haben sich die Kinder offenbar auch sehr wohl gefühlt.