Tagblatt-Telefonaktion
Wohin mit dem Geld? Experten stehen Rede und Antwort
29. Juli 2021, 17:06 Uhr aktualisiert am 29. Juli 2021, 17:06 Uhr
Mehr als sieben Billionen Euro beträgt das Geldvermögen der privaten Haushalte. So viel hatten die Deutschen noch nie auf der hohen Kante. Doch ist das Geld auch richtig angelegt? Die Inflation nagt am Wert der Ersparnisse. Und die Zinsflaute hält an. Wie lässt sich trotz Nullzinspolitik Erspartes sinnvoll anlegen und Vermögen aufbauen? Sind Investmentfonds eine Alternative? Welcher Fonds ist der richtige?
Bei der Tagblatt-Telefonaktion am Mittwoch konnten unsere Leser alle Fragen rund um das Thema Fonds und Geldanlagen drei Experten vom deutschen Fondsverband BVI stellen. Antworten gaben Ludwig Appelon, Tobias Stolte und Frank Schöndorf.
Ich besitze seit einigen Jahren Anteile an einem offenen Immobilienfonds; muss ich aufgrund von Corona und geringerem Bedarf an Büroraum mit dauerhaft niedrigeren Renditen rechnen?
Kurzfristig sinkende Renditen sind nicht auszuschließen. Aber offene Immobilienfonds investieren nicht nur in Büros oder Hotels. Der Fokus liegt verstärkt auf anderen Nutzungsarten, die boomen, wie Logistikimmobilien oder auch Wohnimmobilien.
Ich bin 45 Jahre alt und möchte monatlich 150 Euro als Ergänzung zur späteren Rente zurücklegen. Wie kann ich trotz Null Zins sinnvoll anlegen, so dass möglichst auch Rendite dabei herausspringt?
Sie haben rund 20 Jahre Zeit zum Ansparen. Für so eine langfristige Anlage eignen sich am besten Aktienfonds, vor allem weltweit investierende Fonds, um eine breite Risikostreuung zu erhalten. Aktienfonds haben zwar Wertschwankungen, doch die werden durch eine lange Anlagedauer in der Regel mehr als ausgeglichen. In den letzten 20 Jahren gab es mit weltweit investierenden Aktienfonds zum Beispiel eine Rendite von im Schnitt rund sieben Prozent jährlich. Zahlen und Daten zur Wertentwicklung verschiedener Fonds können Sie übrigens auf der Internetseite des BVI (www.bvi.de) nachschlagen. Dort finden Sie umfangreiches statistisches Material zur Wertentwicklung einzelner Fonds wie auch von Fondsgruppen.
Sind Dividendenfonds eine Anlagealternative angesichts von Null Zinsen?
Dividendenfonds sind Aktienfonds, die in Unternehmen mit regelmäßig hohen Dividendenzahlungen anlegen. Diese Fonds eignen sich besonders für Anleger, die regelmäßige Einnahmen wünschen. Im aktuellen Umfeld ist mit jährlichen Ausschüttungen von im Schnitt etwa zwei bis drei Prozent im Jahr zu rechnen. Hinzu kommt langfristig die Chance auf Wertsteigerungen der Fondsanteile. Kurzfristig muss man allerdings auch mal mit Kursrückschlägen leben können, ohne gleich in Panik zu verfallen.
Wie funktionieren eigentlich offene Immobilienfonds?
Offene Immobilienfonds legen ihre Gelder meist in Gewerbeimmobilien, beispielsweise Bürohäuser, Einkaufszentren oder Logistikgebäude an. Manche Fonds investieren schwerpunktmäßig in bestimmten Ländern und Regionen, andere sind auf Wohngebäude spezialisiert. Die Wertentwicklung hängt von der Höhe der Mieteinnahmen ab und wie sich der Wert der Gebäude entwickelt. Es gilt eine Mindesthaltefrist von zwei Jahren und eine Kündigungsfrist von einem Jahr. Während der Mindesthaltefrist kann der Anleger bereits kündigen. Dabei ist freilich zu bedenken, dass offene Immobilienfonds als mittel- bis langfristige Investition gedacht sind und nicht als Anlage für einige wenige Jahre.
Ich möchte in einen nachhaltigen Fonds anlegen und habe mir anhand des Namens einige herausgesucht. Wie kann ich herausfinden, in welche Unternehmen die jeweiligen Fonds tatsächlich investiert sind?
Die Jahresberichte und Halbjahresberichte der Fonds auf der Internetseite der jeweiligen Fondsgesellschaft enthalten eine Vermögensaufstellung. Dort findet man auch den Verkaufsprospekt mit Informationen zu den Anlagegrundsätzen. Sie können also konkret nachlesen, in welche Unternehmen der Fonds investiert hat.
Aus einer Erbschaft erhalte ich rund 20.000 Euro. Das Geld brauche ich in den nächsten Jahren nicht, daher möchte ich es gut anlegen. Mein Berater hat einen Aktienfonds empfohlen. Sind die Kurse nicht momentan zu hoch?
Die Aktienkurse sind tatsächlich seit dem Tief im Frühjahr 2020 stark gestiegen. Meine Empfehlung wäre: Nicht den gesamten Betrag zu einem Stichtag investieren. Stattdessen mit festen Monatsraten verteilt über mindestens ein Jahr nach und nach einsteigen. So vermeidet man den Einstieg an einem ungünstigen Börsentag und erreicht einen guten mittleren Durchschnittspreis.
Aktienfonds oder Einzelaktien, was ist die bessere Wahl?
Bei wenigen Einzelaktien besteht für den Anleger ein "Klumpenrisiko", das heißt, geht es einem der Unternehmen schlecht, wirkt sich das stark auf Ihr Depot aus. Ein Fonds dagegen investiert in sehr viele Unternehmen. Erleidet eines davon Kursverluste, wirkt sich dies unterm Strich dagegen kaum aus.
Ich möchte keinerlei Risiko bei der Geldanlage eingehen, aber noch Erträge erwirtschaften. Ist das möglich?
Leider nein, in der heutigen Zeit ist das fast unmöglich. Tagesgeld, Festgeld und Sparbuch bringen fast keine Zinsen mehr, in immer mehr Fällen werden Negativzinsen fällig. Dazu kommt eine steigende Inflation, die am Wert des Vermögens nagt. Auf absehbare Zeit ist auch keine Änderung bei den Zinsen in Sicht. Um Rendite zu erwirtschaften, ist die Bereitschaft, ein gewisses Risiko einzugehen unabdingbar. Die Vergangenheit zeigt zum Beispiel, dass sich Aktienfonds langfristig im Schnitt meist sehr gut entwickeln, allerdings kann es zwischenzeitlich zu erheblichen Wertschwankungen kommen. Bei Mischfonds und offenen Immobilienfonds sind Wertschwankungen dagegen meist geringer, aber eben auch die Rendite.
Ich habe einen europäischen Aktienfonds 2007 gekauft, soll ich diesen behalten?
Grundsätzlich ja, Aktienfonds sind weiter eine sinnvolle Anlage. Denken Sie eventuell zur Beimischung an einen weltweiten Aktienfonds. Beachten Sie auch die weitgehende Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen Ihrer 2007 erworbenen Fonds.
Welche Fonds schützen mich vor Inflation?
Anlagen in Sachwerte profitieren von Inflation. Dazu zählen vor allem die Anlageklassen Aktien und Immobilien, denn Unternehmen profitieren langfristig von steigenden Preisen und verkaufen ihre Produkte teurer. Bei Immobilien profitieren Sie von steigenden Mieten und steigenden Immobilienpreisen. Auch Edelmetalle wie Gold zählen zu den Sachwerten und können vor Inflation schützen. Ich empfehle Ihnen abhängig vom persönlichen Anlagehorizont und Ihrer Risikobereitschaft eine breite Streuung in diese Anlageformen zum Schutz vor Inflation.
Wie soll ich Geld, das in zwei oder drei Jahren der Sohn für den Hausbau erhalten soll, anlegen?
Aufgrund der kurzen Anlagedauer und dem konkreten Verwendungszweck lassen Sie es besser so, wie es ist. Für renditeträchtige Anlagen in Fonds sollte eine Laufzeit von mindestens fünf oder sechs Jahren eingeplant werden.
Welche Geldanlage ist für meine Neffen, vier und zehn Jahre alt, empfehlenswert; ich habe bereits Erfahrungen in Immobilien und habe von ETFs gehört.
ETFs (Exchange Traded Funds) decken ohne Aufwand bestimmte Märkte und Branchen ab, richten sich nach Indizes und sind daher kostengünstig. Doch es gibt auch diverse gemanagte Fonds, die gerade in Corona-Zeiten eine sehr gute Entwicklung hatten. Ich rate Ihnen, ein Gespräch mit Ihrer Bank zu suchen und sich passende Angebote machen zu lassen.
Ich bin 72 Jahre alt, bin bereits in Immobilien, Aktien, Aktienfonds engagiert. Ich würde gerne noch weiter in Aktienfonds investieren, aber sind die Märkte nicht bereits zu hoch?
Niemand weiß, wie die Kurse sich künftig entwickeln und wann der günstigste Zeitpunkt für einen Einstieg ist. Deshalb mein Vorschlag: Verteilen Sie den Anlagebetrag auf 12 bis 14 Monate über einen Aktienfonds-Sparplan, mit dem Sie monatlich Teilbeträge investieren. So erwerben Sie die Aktienfonds zu unterschiedlichen Kursen.
Man hört hin und wieder von zahlungsunfähigen Banken. Was würde passieren, wenn meine Fondsgesellschaft insolvent würde? Wäre dann mein Geld, das in Fonds investiert ist, weg?
Nein, denn offenes Investmentvermögen ist Sondervermögen. Dafür besteht ein treuhänderischer Schutz: Das angelegte Vermögen der Fonds wird getrennt vom Vermögen der Fondsgesellschaft angelegt. So bleibt es den Anlegern in vollem Umfang erhalten. Anleger könnten in so einem Fall daher auch weiterhin über ihre Investmentfonds verfügen.
Ab wann lohnen sich Fonds?
Fondssparen ist gerade auch für Sparer mit kleinem Geldbeutel geeignet. Am besten mit einem Fondssparplan. Hier können Sie bereits mit 25 Euro monatlich anfangen. Fondssparpläne bieten langfristig attraktive Renditen. Sparer sind dabei an keine festen Laufzeiten gebunden. Die Sparrate kann jederzeit verändert werden, und das angesparte Vermögen ist jederzeit verfügbar.