Abstand und Hygiene
Greifen die Corona-Regeln im Schulbus?
9. September 2020, 10:25 Uhr aktualisiert am 9. September 2020, 16:29 Uhr
Das Schuljahr in Ostbayern startet mit Abstand. Im Klassenzimmer. In der Mensa. In der Aula. Die Corona-Regeln sind allgegenwärtig. Auch im Schulbus? Während das Hygienekonzept an den Schulen der Region sich um die kleinsten Details des Schulalltags kümmert, mutet das Regelwerk für die Beförderung dünn an. Klappt das mit dem Infektionsschutz im Bus?
Die Schulen in Ostbayern haben die Ferien offenkundig genutzt, um ein ausdifferenziertes Corona-Sicherheitskonzept zu entwickeln. Korridore und Aulen wurden zu Einbahnstraßen umgewidmet, Markierungen auf dem Boden zeigen an, auf welchem Gang in welche Richtungen gelaufen werden darf. Klassen werden seit heute konsequent separiert, damit im Ernstfall Infektionsketten früh unterbrochen werden können. Fachunterricht in festen Kleingruppen. Feste Sitzpläne. Kein Aufenthalt in den Aulen. Desinfektionsmittel auf die Computertastaturen nach jeder Nutzung, jeder Unterrichtsstunde. Nur ein Schüler darf gleichzeitig zur Toilette. Der Aufwand ist immens.
Am Anton-Bruckner-Gymnasium in Straubing haben die Direktorin Dr. Eva Huller und ihre Kollegen sogar ein Hygienekonzept für Musikinstrumente entwickelt. Hörner, Flöten und Saxophone von den anderen Schülern abgewendet gespielt werden. Auch am ABG werden Tastaturen gereinigt, die von Klavieren: "Innerhalb der Schule haben wir die Hygienemaßnahmen recht gut im Griff. Schwieriger wird es bei den Bus- und Bahnfahrten. In den Bussen mischen sich die Schüler natürlich." Nicht nur die über den Schultag hinweg sorgsam separierten Klassenverbände teilen sich dann den engen Innenraum der Schulbusse, sondern es sitzen dort auch Schüler verschiedener Schulen beisammen. Zwar laut Vorschrift mit Masken, aber dennoch: Sollte es auf einer der Fahrten zu einer Übertragung kommen, wäre das Streben der Lehrer und Schulleitungen nach Abstand für die Katz. Infektionsketten nicht nachvollziehbar.
Keine Abstandsregeln im Bus
Denn Präventionsmaßnahmen wie feste Sitzplätze oder eine Trennung nach Gruppen sehen die Richtlinien für die Schulbusse nicht vor: "Viele unserer Schüler fahren auf den gleichen Linien, in denen auch Schüler vom Ludwigsgymnasium zu und aussteigen", sagt Huller. Auch gestaffelte Beförderungsfahrten würden am Anton-Bruckner-Gymnasium keinen Sinn ergeben, da wegen des großen Einzugsbereichs der Schule sich alles am Takt der Bahnverbindungen orientieren müsse: "Wir haben sogar Schüler aus Dingolfing. Eine Staffelung würde die zeitlichen Abstände viel zu weit auseinanderziehen."
Und Abstand in Bussen? Kaum möglich, wie schon am Dienstag an den Straubinger Bushaltestellen zu beobachten war. Auch nicht vorgesehen, wie Kirstin Neumayr vom Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmer (LBO) klarstellt: "Im Bus besteht keine verpflichtende Abstandsregelung. Jeder Platz darf besetzt werden. Nach Möglichkeit sollte aber natürlich Abstand gehalten werden." Möglich machen sollen das nach Ansicht des Omnibusverbands die Sachaufwandsträger beziehungsweise in der Konsequenz die Staatsregierung: "Der LBO begrüßt die Entscheidung der Bayerischen Staatsregierung, die Fahrgastzahlen im Schülerverkehr durch die Finanzierung zusätzlicher Verstärkerbusse zu entzerren. Die Kostenzusage des Freistaats ermöglicht es den Aufgabenträgern, durch die Anmietung aktuell nicht benötigter Reisebusse, diese wichtige Schutzmaßnahme im Schulbusverkehr umzusetzen." Nach Angaben des LBO stehen bayernweit rund 650 zusätzliche Verstärkerbusse zur Verfügung. Darüber, wie viele dieser Busse abgerufen wurden und derzeit im Einsatz sind, liegen derzeit noch keine Meldungen vor, teilte ein Sprecher des Verkehrsministerium auf idowa-Anfrage mit. Diese 650 Busse sind demnach die aktuelle Kapizitätsgrenze des LBO. Wenn die Busse bereits alle auf der Straße sind, sei eine weitere Aufstockung nicht möglich.
Das Landratsamt Straubing-Bogen hat derzeit sechs solcher Verstärkerbusse im Einsatz, fünf am Morgen, einen am Nachmittag, wie Pressesprecher Tobias Welck idowa gegenüber bestätigt. "Am Nachmittag sorgen die unterschiedlichen Stundenpläne an den Schulen für eine gewisse Entzerrung, weil die Klassen unterschiedlich lange Nachmittagsunterricht haben", erklärt Welck. Ob diese zusätzlichen Busse beibehalten werden oder ob noch weitere Linien bestellt werden, hänge von der Rückmeldung der Mitarbeiter des zuständigen Sachgebiets ab: "Sie schauen sich die neuralgischen Haltestellen an und bewerten, wo die Auslastung noch zu hoch ist."
Busfahrer nicht für Masken-Kontrolle zuständig
Wo es in den Bussen trotz der zusätzlichen Linien noch eng wird, bleibt einstweilen die Maske. Wie es mit der Durchsetzung der Pflicht aussieht, muss sich aber erst noch zeigen: "Die Fahrerinnen und Fahrer müssen sich in erster Linie auf den Straßenverkehr konzentrieren", sagt Kirstin Neumayr vom LBO: "Verständlicherweise kann deshalb die Einhaltung der Maskenpflicht während der Fahrt nicht kontrolliert werden. Hier sind wir auf die Vernunft und Mithilfe der Schülerinnen und Schüler sowie Unterstützung durch die Eltern angewiesen." Das Ministerium wird in seinen Richtlinien für die Schülerbeförderung noch deutlicher: "Der Fahrer hat eine Informationspflicht, aber keine Kontrollpflicht. Er haftet nicht für einzelne Verstöße von Fahrgästen", heißt es dort. Aber: "Bei offensichtlichen, erkennbaren oder dauerhaften Verstößen muss er angemessen reagieren."
"Wir nehmen es so, wie es kommt", sagt Oberstudiendirektorin Eva Huller: "Die Erkenntnisse aus den anderen Bundesländern lassen ja hoffen, dass es nicht zu einem großen Infektionsgeschehen in den Schulen auf den Schulwegen kommt. Wir sammeln natürlich die Rückmeldungen von Schülern und Eltern." In Kürze soll bei einem Gespräch aller Beteiligten eine erste Zwischenbilanz gezogen werden darüber, wie der Schulweg mit Corona-Auflagen klappt. Wenn sich Probleme herauskristallisieren, werde nachjustiert.