Hundephysiotherapie

Traumberuf gefunden: Franz Schmalzgruber behandelt Hunde in Dorfen

Ein Politikwissenschaftler muss sich krankheitsbedingt umorientieren und findet seine Bestimmung durch seinen Hund. Wie kommt man zum Beruf Hundephysiotherapeut?


Das Bild zeigt Franz Schmalzgruber bei der Physiotherapie mit Patienten-Hündin Chica.

Das Bild zeigt Franz Schmalzgruber bei der Physiotherapie mit Patienten-Hündin Chica.

Von Johanna Bender

Es ist zehn Uhr vormittags. Franz Schmalzgruber, ein großgewachsener Mann mit kurzen braunen Haaren steht an der Eingangstür seiner Praxis für Hundephysiotherapie. Er ist 43 Jahre alt und führt seine Praxis seit 2018 am Rand der oberbayerischen Stadt Dorfen. Mit einem fröhlichen "Servus !" grüßt Schmalzgruber zuerst die Hundebesitzer, bevor er in die Knie geht, um den zugehörigen vierbeinigen Patienten zur Begrüßung zu kraulen. Die Arbeit mit Hunden ist für ihn seine Berufung - er therapiert Hunde und die Hunde therapieren ihn.

Beruflich war Schmalzgruber eigentlich in Schreibtischjobs tätig. Zuerst lernte er Bankkaufmann, dann studierte und promovierte er zum Doktor der Politikwissenschaft. Der Wendepunkt seiner beruflichen Laufbahn kam durch eine Erkrankung seiner Augen, die mehrere Hornhauttransplantationen nach sich zog. Bemerkbar sind die Transplantate nur dadurch, dass er seitdem zwei verschiedenfarbige Augen hat. Die starke Verschlechterung seiner Sicht hat dafür gesorgt, dass er sich von seiner Büroarbeit verabschieden musste, um seine Augen nicht stärker zu strapazieren.

Wasserbecken mit integriertem Laufband

Während der Heilungsphase nach seinem ersten Eingriff holte sich Schmalzgruber einen Labrador-Retriever namens Nelson. Einen Hund zu haben, hätte ihn positiv verändert und in der Zeit der Genesung sehr geholfen. Nelson erkrankte nach einiger Zeit selbst, musste operiert werden, und der Tierarzt empfahl eine hundephysiotherapeutische Behandlung für beste Regeneration. Genau diese Empfehlung brachte Franz Schmalzgruber zu seiner eigenen Vorgängerin, die ihn zum Erlernen des Berufs inspirierte. Hundephysiotherapeut ist kein geschützter Beruf, weshalb es ihm wichtig war, eine gute Ausbildung zu erhalten. Er absolvierte eine einjährige Ausbildung im Therapiezentrum Wosslick. Die dort gelehrte Therapieart wurde von Tiermedizinern und Physiotherapeuten nach dem Vorbild der menschlichen Physiotherapie entwickelt. In dieser Zeit hielt er sich mit Nebenjobs und Erwerbsminderungsrente über Wasser, um seinen Traumberuf verwirklichen zu können.

Die Praxis besteht aus einem Raum mit einer Zwischenwand. Dort stehen eine Waage, ein Wasserbecken mit integriertem Laufband für Muskelaufbautherapie und weitere Therapiegeräte. Eine Wand ist bedeckt mit Bildern von zahlreichen Hunden, teilweise bedruckt mit Dankesbotschaften an Franz, wie "Danke für die gute Behandlung, Franz !" Von Rottweiler über Schäferhund bis zum Yorkshire Terrier ist alles dabei. Zwischen den Fotos hängen auch einige medizinische Plakate, die das Skelett und den Muskelaufbau von Hunden erklären.

Die häufigsten Krankheitsbilder, die Schmalzgruber in Absprache mit den Tierärzten seiner Patienten therapiert, sind Arthrose, Kreuzbandrisse und Bandscheibenvorfälle, bei denen er die Nachsorge übernimmt. Dabei zahlen die Tierbesitzer selbst die Behandlungen. Eine erste Befunderhebung findet in einer 90-minütigen Sitzung statt, die 79,50 Euro kostet. Jede weitere einstündige Sitzung kostet 53 Euro. Die meisten Therapien dauern circa drei Monate mit regelmäßigen Terminen, je nach Art der Verletzung mal länger oder kürzer.

Für die Behandlung befindet sich der Hund auf einer weichen Matte, die mittig in der Praxis liegt. Franz Schmalzgruber kann sich so problemlos vor das Tier knien, um es abzutasten und mit einer sanften Massage beginnen. Gezielte Druckausübung hilft gegen Verspannungen im Rückenbereich, was besonders bei Arthrose Schmerzen lindern kann, wie man bei der 17-jährigen Labradorhündin Chica sehen kann. Mit sanfter Stimme redet er der Hündin gut zu, während er sie behutsam bearbeitet, ihre Vorder- und Hinterläufe streckt und anzieht, um den Bewegungsapparat zu lockern. Die Hündin wirkte anfangs verspannt, ihre Haltung steif, doch je länger sie massiert wird, desto mehr entspannt sie sich, ihre angelegten Ohren hängen wieder normal. Während der Behandlung trägt Schmalzgruber stets ein Lächeln auf den Lippen und unterhält sich in gepflegtem Niederbayerisch mit der Halterin von Chica über die Gesundheit ihres Hundes.

Resultate sind schon nach einiger Zeit sichtbar

Chicas Frauchen wurde durch ihren Tierarzt auf Schmalzgrubers Praxis verwiesen. Sie ist begeistert von seinem ruhigen Umgang mit den Hunden und der Gelassenheit, die er auf die Tiere ausstrahlt. Sie denkt auch, dass die Physiotherapie nicht nur ihrem Hund, sondern auch ihr selbst dabei hilft, gelassener mit der Gesundheit ihres Hundes zu sein. Die Therapie hat also auch auf die Hundebesitzer einen positiven Nebeneffekt.

Egal ob groß oder klein, der Physiotherapeut freut sich auf jeden Hund, der zu ihm kommt. Schmalzgruber gefällt es, dass die Resultate der Therapie schon nach einiger Zeit sichtbar sind. Dadurch, dass er selbst mit gesundheitlichen Beschwerden zu kämpfen hat, kann er sich umso besser in die Hunde hineinversetzen, vor allem durch seine Vorgeschichte mit seinem Hund Nelson. Sein Beruf ist therapeutisch für ihn selbst. Er gibt dankend den Hunden zurück, was ihm sein Hund während seiner Erkrankung gegeben hat. Am liebsten möchte er seiner Berufung als Hundephysiotherapeut bis zu seiner Rente nachgehen, solange seine Gesundheit es zulässt. Trotz der Operationen ist sein Sehvermögen auf beiden Augen eingeschränkt und bereitet ihm immer wieder Probleme. Sollte seine Sicht stärker schwinden, kann es schwierig werden, als Physiotherapeut weiterzuarbeiten. Daran denkt Franz Schmalzgruber aber noch lange nicht, er genießt seine Arbeit immer wie am ersten Tag.

Info

Johanna Bender studiert in Passau Journalistik und strategische Kommunikation. Ihr Beitrag ist in einer Lehrredaktion entstanden, die in dem Studiengang integriert ist. Die Lehrredaktion wird von Redakteuren unserer Mediengruppe betreut.