Rückkehr gescheitert
Darum landete Franz Steer nicht als Trainer beim EV Landshut
22. April 2017, 10:00 Uhr aktualisiert am 22. April 2017, 10:00 Uhr
Der 58-jährige Franz Steer darf im Eishockey-Geschäft getrost als "Trainer-Fuchs" bezeichnet werden. Zuletzt stand der Landshuter neun Jahre lang ausgerechnet in Diensten des oberbayerischen Erzrivalen Starbulls Rosenheim. Mit geringem Etat holte Steer dort stets das Maximum heraus, feierte unter anderem den Aufstieg aus der Oberliga in die DEL2, den Pokalsieg 2011 und die Vize-Meisterschaft 2012. Im März 2017 folgte mit der Entlassung Steers schließlich das unrühmliche Ende der niederbayerisch-oberbayerischen Erfolgsgeschichte.
Das Eishockey-Business ist knallhart und schnelllebig. Davon kann auch Franz Steer ein Lied singen. Als er 2008 als Trainer bei den Starbulls Rosenheim anheuert, hält sich die Euphorie im Fanlager gelinde gesagt in Grenzen. "Ich bin halt ein Landshuter und komme vom Erzrivalen EV Landshut. Deshalb musste ich mir vor allem in meinen ersten beiden Jahren in Rosenheim so einiges anhören lassen", erinnert sich Steer. Doch der einstige beinharte Verteidiger denkt gar nicht daran, sich davon aus der Bahn werfen zu lassen. In der Szene gilt er im positiven Sinne als "Eishockey-Verrückter". Mit akribischer Arbeit bringt er die damals stark angeschlagenen Starbulls Rosenheim wieder zurück in die Erfolgsspur und zurück in die DEL2.
Der für die Kaderplanung zur Verfügung stehende Etat ist Jahr für Jahr knapp bemessen. Dennoch beweist Steer, dass man auch mit vergleichsweise wenig Geld oben mitspielen kann. Und nicht nur das: 2011 feiert der in Geisenhausen bei Landshut lebende Coach den Pokalsieg mit den Starbulls, 2012 folgt die Vize-Meisterschaft in der DEL2. Der damalige Final-Gegner: ausgerechnet sein Heimatverein aus Landshut.
Abstieg war vorprogrammiert
Von Anfeindungen ihm gegenüber ist zu diesem Zeitpunkt in Rosenheim längst nichts mehr zu spüren. Vielmehr avancierte Steer im Rosenheimer Fanlager zur regelrechten Galionsfigur. Er lebte und brannte für den Verein. Und Fans wie Spieler liebten "ihren" Trainer. Doch in der Saison 2016/17 bekommt das niederbayerisch-oberbayerische Ehebündnis erstmals Risse. In der Tabelle finden sich die Starbulls in unteren Tabellenregionen wieder. Eine Erklärung dafür hat Steer gegenüber idowa parat: "Wir hatten einfach zu viele langzeitverletzte Leistungsträger um Weihnachten rum. Zu diesem Zeitpunkt hätte von Vereinsseite aus reagiert werden müssen, doch das ist nicht geschehen." Die Hoffnung auf eine fast schon gewohnte Playoff-Teilnahme schwand in der Folge mehr und mehr. Und damit einhergehend auch das Vertrauen des Vorstandes in den Trainer Franz Steer.
Der arg dezimierte Kader befand sich im freien Fall. Nachdem die Playdown-Serie gegen die Heilbronner Falken verloren ging, zog die Vorstandschaft in Rosenheim die Reißleine und suspendierte den 58-jährigen Steer Ende März. "Der Zeitpunkt war natürlich unpassend. Die Mannschaft war geschockt", blickt Steer zurück. Trotzdem behält der Landshuter seine neun Jahre in Rosenheim in positiver Erinnerung. Steer: "Es war eine tolle Zeit. Ich habe dort tolle Menschen kennengelernt und tolle Erfahrungen gemacht. Ich war sehr gerührt, wie sich Fans und Spieler von mir verabschiedet haben."
EVL-Angebot kam zur falschen Zeit
Zwischenzeitlich strauchelte auch sein Heimatverein EV Landshut gewaltig. Allerdings eine Etage tiefer in der Oberliga Süd. Am Ende wurden dort während einer Saison drei Trainer verschlissen. Da drängte sich ein Anruf bei dem "verlorenen Sohn" in Rosenheim fast schon auf. "Der EV Landshut hatte im Januar bei mir angefragt. Die Aufgabe hätte mich sehr gereizt. Allerdings hatte ich damals noch Vertrag in Rosenheim. Es wäre schlechter Stil von mir gewesen, wenn ich damals in der angespannten sportlichen Situation in Rosenheim bei Landshut zugesagt hätte", erklärt Franz Steer. Als er dann wenige Wochen später bei den Oberbayern suspendiert wurde, war es für ein Engagement in Landshut zu spät. Steer: "Zu dem Zeitpunkt wollte mich Stefan Endraß (Geschäfsführer des EV Landshut, Anm. d. Red.) nicht mehr haben. Er plante mit Axel Kammerer. Ich hatte die losen Verhandlungsgespräche wenige Wochen zuvor nur mit einem bestimmten Gesellschafter geführt."
Ohnehin hat Franz Steer die Entwicklungen bei seinem Heimatverein über die Jahre hinweg stets mit großem Interesse verfolgt. Vor allem die Ära Beck/Donbeck, die letztlich zum Lizenzentzug in der DEL2 und einer Beinahe-Insolvenz des EVL führte, sorgte bei dem 58-Jährigen für Kopfschütteln. Steer erinnert sich an ein Gespräch mit einem seiner ehemaligen Rosenheimer Spieler, dem Kanadier Cory Quirk: "Er hat mir erzählt, was ihm für ein Angebot aus Landshut vorlag. Das war utopisch. Für das Geld hätte ich in Rosenheim drei Kontingentspieler bezahlen können. Da war mir klar, dass das nicht gutgehen kann."
Zukunft noch offen
Auch, wenn er vorerst nicht Teil der Zukunft des EV Landshut sein wird, drückt Steer seinem Heimatverein die Daumen. "Ich denke, die aktuelle Gesellschafterstruktur in Landshut ist gut für die Zukunft. Da lässt sich schon was bewegen", glaubt der 58-Jährige. Wie es bei ihm selbst weitergeht, darüber hat Franz Steer indes noch nicht entschieden. "Ich habe einige Angebote vorliegen, zwei aus der DEL2 und drei aus der Oberliga. Aktuell kann ich aber noch nicht sagen, ob ich eines davon annehme oder ob ich erstmal eine Pause einlege", möchte sich Steer noch nicht festlegen.