Altfraunhofen/Landshut
Stefan Straßer sitzt mit 21 Jahren im Gemeinde- und Kreisrat
4. Juni 2020, 13:06 Uhr aktualisiert am 4. Juni 2020, 14:51 Uhr
Stefan Straßer aus Altfraunhofen ist 21 Jahre alt. Bei der Kommunalwahl im März wurde er gleich zweimal gewählt: zum Gemeinde- und zum Kreisrat.
Stefan Straßer ist Physiklaborant. Momentan besucht er die Berufsoberschule in Landshut. Wenn er das Abi in der Tasche hat, möchte er Physik studieren. Derzeit wohnt der 21-Jährige bei seinen Eltern in Altfraunhofen im Landkreis Landshut. Als Gemeinderat vertritt er zum einen die rund 2 500 Bürger des Ortes, als Kreisrat zum anderen die Bürger seines Heimatlandkreises Landshut. Von ihm wird darum erwartet, so nah wie möglich an seiner Heimat zu bleiben. Nicht viele möchten sich mit 21 Jahren so binden. Stefan schon.
Gleich ein hohes Amt: Stefan wird Chef der Jungen FW
"Ich interessiere mich für das Weltgeschehen, seit ich 14 Jahre alt bin", sagt er. Damals hat er sich vorgenommen: Mit 18 Jahren will ich selbst politisch aktiv werden. Durch seine Mutter und einen Bekannten, der jetzt Bürgermeister von Altfraunhofen ist, kam er zu den Freien Wählern. Auch der Jugendorganisation der Partei, den "Jungen Freien Wählern" (Junge FW) von Stadt und Landkreis Landshut, ist er beigetreten - und wurde gleich zum Vorsitzenden gewählt.
Aus dem Vorsitz folgte seine Kandidatur für den Kreistag des Landkreises Landshut. Der Kreistag ist so eine Art Gemeinderat des Landkreises. Er besteht aus Vertretern der Landkreisbürger und trifft wichtige Entscheidungen zum Beispiel zu Straßen im Landkreis, über Schulen oder Krankenhäuser. Stefan sollte für die "Jungen Wähler" ins Rennen geschickt werden. Und daraus wiederum folgte, dass er auch in seinem Heimatdorf auf die Wahlliste für den Gemeinderat gesetzt wurde. Aus dem Stand in den Gemeinde- und Kreisrat Dass ihn die Leute tatsächlich wählen würden, hat den 21-Jährigen überrascht. "Für den Gemeinderat habe ich mir kaum Chancen ausgerechnet", sagt er. Das hat ihn dennoch nicht abgeschreckt, sich aufstellen zu lassen. "Scheitern ist gerade in jungen Jahren nicht so tragisch, da einen ja noch nicht so viele Leute kennen. Man sollte das als gute Erfahrung werten." Damit muss sich Stefan nun aber nicht auseinandersetzen. Denn auch im Kreistag hat er einen Sitz ergattert. Was das betrifft, waren die Erwartungen ein bisschen höher, da Stefan für die "Jungen Wähler" auf Platz eins kandidierte.
Hineinbeißen in Berge von Zahlen, Daten und Fakten
Stefan wird sich nun in einen großen Berg aus Zahlen, Daten und Paragrafen einarbeiten müssen. Gemeinde- und Kreisräte bekommen meist vor jeder Sitzung eine Menge Papierkram zu Projekten, mit denen sich ihre Kollegen oft schon Monate oder Jahre auseinandersetzen.
Da müssen Beschlussvorlagen gelesen, Pläne von neuen Baugebieten gesichtet, Kosten von Aufträgen an Firmen beurteilt werden und und und ... "Ich denke, da kriege ich bestimmt Unterstützung von meinen erfahrenen Kollegen und von Bürgermeister und Landrat", sagt Stefan. Sind Themen wie Hausbauen oder die Gebühren für Abwasser für einen 21-jährigen Schüler denn nicht noch ziemlich weit weg? "Ja, trotzdem kann man da mitbestimmen", findet Stefan. Er selbst will ja auch irgendwann ein Haus bauen.
Ein Amt, in dem er richtig gestalten kann - das wäre was
Und als Vorsitzender der Landjugend Gundihausen bei Altfraunhofen ist er durchaus schon mit rechtlichen Themen in Berührung gekommen. "Wenn man einmal eine Veranstaltung organisiert, hat man schnell mit kommunalpolitischen Verordnungen und Vorschriften zu tun", sagt er.
Für sechs Jahre ist Stefan nun gewählt. Kommendes Jahr schließt er die BOS ab. Danach soll's zum Studium gehen. Und wie sieht es mit einem Auslandsjahr aus? Ein Jahr, erklärt Stefan, ist wohl etwas zu lang. Aber ein Semester, das sollte auch mit seinen beiden Ämtern vereinbar sein. Wie es dann weitergeht, lässt er offen. Aber eines weiß er: Ein Amt, in dem er wirklich einmal gestalten kann, wie zum Beispiel Bürgermeister, das wäre schon toll.
Die erste Sitzung
Bücher mit vielen Seiten - die hat Stefan Straßer bei seiner ersten Sitzung bekommen. Darin: einmal die Gemeindeordnung und Verwaltungsgemeinschaftsordnung und einmal "Landkreistag Kompakt". "Alles ist voller Paragrafen und langen Texten. Ehrlich gesagt hat mich das zunächst erschlagen", sagt der 21-Jährige.
Sich auf Themen vorzubereiten, ist Stefan sehr wichtig
Er hat bei den Sitzungen auch gemerkt, dass er viele Dinge noch nicht wirklich einschätzen kann. "Da ging es zum Beispiel um Details wie: Wann wird etwas in nichtöffentlicher, wann in öffentlicher Sitzung angesprochen", erklärt er. "Dazu gibt es genaue rechtliche Bestimmungen. Das direkt mitzuerleben, war schon spannend." Er findet es sehr wichtig, sich immer genau auf die Themen vorzubereiten.
"Insgesamt habe ich mich trotz meines jungen Alters nicht als Außenseiter oder Unwissender gefühlt", sagt Stefan. Im Gegenteil: "Ich wurde gut aufgenommen und respektiert."
Das sagen andere junge Politiker
Katrin Paukner, 21 Jahre, Bankkauffrau, aus Altdorf (Landkreis Landshut):
"Meine Familie ist sehr politisch engagiert. Deshalb bin ich vor zwei Jahren der Jungen Union, der Jugendorganisation der CSU, beigetreten. Kurz vor der Kommunalwahl hat mich der Ortsvorsitzende gefragt, ob ich Lust hätte, für den Marktgemeinderat zu kandidieren. Er meinte, viele Leute würden mich kennen, weil ich bei der Landjugend und auch sonst gerne in Gruppen aktiv bin. Themen wie Bauen oder Wasserwirtschaft sind sicher nicht so mein Spezialgebiet. Da werde ich mich reinbeißen müssen. Vielleicht kommt von den Älteren da auch mal ein Spruch. Oder man schätzt etwas falsch ein. Macht nichts. Aus Erfahrungen lernt man."
Adolf Ellwanger, 21 Jahre, Zimmerer, aus Geisenhausen (Landkreis Landshut):
"Ich war sehr überrascht, dass ich in den Marktgemeinderat gewählt wurde. Ich hatte mir wenig Chancen ausgerechnet. Die ‚Junge Liste', für die ich kandidierte, hat 2014 zwei Sitze ergattert. Diesmal waren es mit mir drei. Das war ein großer Erfolg. Mein Vater war 24 Jahre lang Gemeinderat. Das hat mich motiviert, mich auch aufstellen zu lassen. Mit ihm habe ich zuhause einen erfahrenen Experten mit großem Wissen, wenn ich mich in die Arbeit im Gemeinderat einarbeiten muss. Zwar haben die Themen dort noch recht wenig mit der Lebenswelt von uns Jugendlichen zu tun. Aber irgendwann werden sie uns betreffen."
Miriam Baumgartner, 18 Jahre, Studentin, aus Mitterfels (Landkreis Straubing-Bogen):
"Umweltthemen und Nachhaltigkeit sind mir sehr wichtig. Deshalb habe ich entschieden, mich bei den Grünen im Kreisverband Straubing-Bogen zu engagieren. Vor der Kommunalwahl haben wir beschlossen, zum ersten Mal in Mitterfels mit einer Grünen-Liste anzutreten. Dort gibt es keinen Ortsverband. Deshalb hat das der Kreisverband unterstützt. Wir hatten uns keine Hoffnungen gemacht. Doch ich wurde gewählt, und jetzt bin ich die erste grüne Marktgemeinderätin in Mitterfels. Das war ein großer Erfolg. Vor der Arbeit ist mir nicht bang. Ich bekomme sicher Unterstützung von den älteren Kollegen."