Auslandstagebuch aus Frankfreich
Lena Zett arbeitet als Au-pair an der Côté d'Azur
26. August 2014, 17:33 Uhr aktualisiert am 26. August 2014, 17:33 Uhr
Lena Zett aus Landshut hat in diesem Jahr ihr Abitur gemacht. Die 18-Jährige möchte nun die Welt kennenlernen. Sie hat sich für ein Jahr an der Côté d'Azur in Frankreich entschieden. Dort wird sie ein Jahr lang als Au-pair arbeiten. Ende August ist sie abgereist.
Wie es ihr geht und wie sie mit ihren Gastkindern zurecht kommt, lest ihr in ihrem Auslandsblog.
Eintrag 24: 264 Tage Frankreich
"Kannst du mal die Spülmaschine ausräumen?", "Holst du Amandine bitte von der Schule ab und kochst danach das Mittagessen? Und hast du eigentlich schon das Zimmer von Titouan geputzt?" - So ungefähr sah mein Tagesablauf von Montag bis Freitag in den vergangenen zehn Monaten aus. Die Wochenenden hatte ich meist frei.
Als Au-pair hatte ich einen Vertrag unterschrieben, der Arbeitsstunden, Freizeit und Gehalt regelt. Im Ausgleich dazu stellt mir die Familie ein Zimmer und die Versorgung. Am Anfang meines Jahres, wurde ich eher wie ein Gast behandelt und ich sprach meinen Gastvater sogar mit "Sie" an! Mittlerweile sind sie aber alle wie enge Freunde. Wir schauen abends gemeinsam Fernsehen, meine Gastmutter zeigt mir stolz ihre neuen Errungenschaften und ich bin im gleichen Sportverein wie mein Gastbruder.
Hatte ich anfangs doch Bedenken, in einem fremden Land niemanden zu kennen und mich nicht gut ausdrücken zu können, lösten sich die Probleme wie von alleine. Durch Sportvereine, Au-pair-Gruppen und Veranstaltungen knüpfte ich sehr schnell neue, auch internationale Kontakte. Mit all diesen Menschen teilte ich einzigartige Momente, die ich sicherlich nicht so schnell vergessen werde. Durch das gesamte Jahr, in dem auch viel Hausarbeit, vor allem aber die Arbeit mit Kindern anfiel, bin ich nochmals um einiges selbstständiger geworden. Und noch einen Vorteil kann dieses Jahr bieten: Ich kann Bettwäsche in rekordverdächtiger Zeit wechseln.
Insgesamt kann ich nur sagen, dass man einfach Glück mit seiner Gastfamilie haben muss, sich eine schöne Region aussuchen sollte - und der Rest ergibt sich von alleine.
Eintrag 25: Typisch Französisch?
Es gibt viele Dinge, die die Franzosen von den Deutschen unterscheiden. Das Offensichtlichste ist wohl die Unpünktlichkeit. 19.30 Uhr vor dem Italiener? Würde man in Deutschland vermutlich genau um 19.30 Uhr oder kurz danach am Treffpunkt einlaufen, kommt ein Franzose immer zu spät. Grundsätzlich. Die Gründe hierfür scheinen ungeklärt. Mittlerweile habe ich mich da schon ganz gut angepasst.
Ein anderes Beispiel ist der "gute" Fahrstil der Franzosen. Sämtliche Fahrzeuge sind Beweis genug dafür. Das Bremsen mit der Handbremse und das Fahren mit offener Tür scheinen Klassiker zu sein. Ob letzteres ein Grund für die Hitze ist? Allgemein macht die Hitze den Franzosen sehr zu schaffen, weshalb sie schon mal gerne zwischen zwei und drei Stunden Mittagspause einlegen. Deshalb findet auch das Abendessen für deutsche Verhältnisse relativ spät statt. Gegen 20.30 Uhr findet sich die gesamte Familie am Tisch ein - und es dauert meist auch eine ganze Weile - nicht, weil es so viele Gänge gibt, sondern weil jedes Familienmitglied seinen Tagesablauf schildert. Sie reden wirklich sehr viel und mit großer Geste, sodass man sehr schnell neue Kontakte knüpfen kann. Ihre offene, spontane und vor allem im Süden herzliche und chaotische Art, werde ich sicherlich sehr vermissen!
Eintrag 23: Zwischen reinem Luxus und größter Armut
Denkt man an die Côté d'Azur, kommen einem sofort Städte wie Nice, Cannes und Saint-Tropez in den Sinn. Weißer Sand, Yachten genauso lang wie ein Fußballfeld, legendäre Partys.
Und es stimmt tatsächlich. Privatboote mit eigenem Hubschrauberlandeplatz, Luxusboutiquen, die sich an den Strandpromenaden aneinanderreihen. Auch in Cannes, wo zurzeit die 68. Filmfestspiele stattfinden, ist der Reichtum den Menschen meist anzusehen. Natürlich ist in diesen Tagen das Prinzip des "Sehen und gesehen werden" nicht wegzudenken.
Extravagante Kleidung, teure Autos und Fotografen, die immer auf der Jagd nach den neuesten Schnappschüssen sind, prägen das Stadtbild. Natürlich erhoffte ich mir auch, den ein oder anderen Schauspieler zu sehen. Über Leinwände, auf denen live die Ankunft der Schauspieler, Bands und Models übertragen wurde, konnte man das Geschehen mitverfolgen.
Doch am Rande des ganzen Spektakels, auch in anderen Städten, vor allem in Marseille, wo vom ganzen Glanz nicht mehr viel übrig ist, wird die Not der Menschen sichtbar. Schon kleine Kinder schlafen auf Matratzen auf der Straße und betteln. Gartenhaus-Siedlungen, neben der Autobahn zeugen von der Armut der Menschen. Der Unterschied zwischen armen und reichen Menschen ist hier erschreckend hoch, was durch die Region an der Mittelmeerküste, welche auch durch die hohen Lebenshaltungskosten bekannt ist, nochmal verdeutlicht wird.
Eintrag 22: Sommerbeginn an der Côté d'Azur
Nächte, in denen es immer noch 25 Grad hat, große Schlangen vor den Eisdielen und Abkühlungen im Pool - der Sommer ist in Südfrankreich angekommen! Während man die meisten Touristen am Tragen von Sandalen mit Socken und Sonnenbrand erkennen kann, sieht man die einheimischen Franzosen mit Winterjacken und dicken Schuhen,
Zusammen mit anderen Au-pPairs habe ich beschlossen, die Küsten an der Côte d'Azur zu erkunden. In der Nähe von Marseille locken die "Calanques", einem sehr engen und steilen Küstenabschnitt, zahlreiche Touristen an. Sie sind zu Fuß oder mit einem Schiff erreichbar. Doch der kleine Aufwand, um schließlich ans Meer zu gelangen, lohnt sich sehr. Als Belohnung warten Klippenspringer mit spektakulären Sprüngen, kleine Segelboote und türkisblaues, klares Wasser.
In den Sommermonaten von Juli bis September sind die Calanques wegen der hohen Waldbrandgefahr gesperrt und um der Natur ein Erholen von den Touristen zu ermöglichen.
Eintrag 21: Im Land der bestgekleidetsten Menschen
Eines der Klischees, die ich im Kopf hatte, bevor ich nach Frankreich ging, war der perfekte Kleidungsstil der Franzosen. In dieser Hinsicht wurde ich in keinster Weise enttäuscht. Sobald man in die Stadt geht, trifft man auf wahnsinnig gut gekleidete Menschen, die meist ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen: Einkaufen von neuer Kleidung.
Gut kann ich mich noch an einen meiner ersten Einkäufe erinnern. Ich wählte ein Oberteil in meiner Größe aus und probierte es. Es passte zwar nicht schlecht, war aber ein bisschen zu kurz. Hatte ich denn zugenommen oder bin doch noch gewachsen? Letzteres schloß ich aus. Ich nahm ein größeres mit in die Kabine und probierte es - und dieses Mal passte es! Etwas enttäuscht - ich hatte scheinbar eine Kleidergröße zugenommen - ging ich an die Kasse, um zu bezahlen. Die Kassiererin, welche meinen Akzent hörte, erklärte mir, dass die Kleidergrößen in Frankreich und Deutschland unterschiedlich sind. Trägt man in Deutschland eine 36, entspricht das in Frankreich der Kleidergröße 38. Puh!
Besonders auffällig ist es auch, dass es in fast jeder Straße eine Parfümerie gibt. Laut meiner Gastmutter geht eine Französin niemals mit Jogginghose auf die Straße und so gut wie nie ungeschminkt. Natürlich ist da der "Druck", mithalten zu müssen, besonders hoch. Wenn ich meinen zwölfjährigen Gastbruder von der Schule abhole, dann würde man das Alter der Mädchen auf 17 schätzen, obwohl sie genauso alt sind wie mein Gastbruder!
Auch auf das Körpergewicht wird auffällig viel Wert gelegt. Laut einer Studie zur Bevölkerungsentwicklung sind Frankreichs Frauen die schlankesten in Europa. Aber auch der Anteil mit den meisten untergewichtigen Frauen geht nach Frankreich - in keiner anderen Nation Europas gibt es mehr untergewichtige Frauen. Ganz verwunderlich ist es aber nicht, dass so viel Aufmerksamkeit dem Aussehen geschenkt wird, wo doch die meisten bekannten Designermarken ihren Ursprung in Frankreich haben und weltweit das Vorurteil herrscht, Französinnen seien die best gekleideten Frauen der Welt.
Eintrag 20: Der Countdown läuft
Nur noch zwei Monate, dann ist meine Zeit als Au-pair leider schon vorbei. In den meisten Familien wird schon angestrengt nach Nachfolgern für das nächste Schuljahr gesucht. Durch Vermittlungsagenturen oder Organisationen, die einen Auslandsaufenthalt bieten, lernen die meisten Au-pairs Ihre Familie kennen. Mit Telefonaten, Mails und per Skype klären sie bereits im Voraus die jeweiligen Erwartungen und Wünsche. Einige Familien schlagen auch eine "Testwoche" vor, in der man die Familie vor Ort besucht und in die Aufgabenbereiche eingeführt wird.
Im Gegensatz zu den meisten Au-pairs entschied ich mich relativ spontan für ein Auslandsjahr. Natürlich spielte ich schon mit dem Gedanken, ein Jahr im Ausland zu verbringen, verwarf ihn meistens aber schnell wieder. Ich war mir mit meiner Studienwahl ziemlich sicher war und wollte eigentlich sofort mit dem Studium beginnen. Dennoch meldete ich mich Mitte Mai 2014 bei einer Vermittlungsagentur an und suchte so nach einer passenden Familie. Ich bekam viele Bewerbungen aus aller Welt, darunter Südafrika, Australien, Italien, Schweden, Kanada und auch Frankreich.
Die Bewerbung meiner heutigen Gastfamilie überzeugte mich und so nahmen wir Kontakt auf. Einige Male skypte ich mit meiner Gastfamilie. Sie hatten aber leider keine Webcam. Deshalb schickten Sie mir Fotos von den Kindern. Meinen Vertrag, in dem alle Versicherungen geregelt sind und mein Gehalt festgehalten ist, bekam ich zehn Tage vor meiner Abreise nach Deutschland. Ich kann ich mich noch gut an meine Ankunft in Frankreich erinnern. Fast die gesamte Zugfahrt über machte ich mir Gedanken darüber, wie ich nur meine Gastfamilie erkennen sollte, mit den wenigen Informationen, die ich über sie besaß. Doch meine Bedenken waren letztlich völlig umsonst. Als ich aus dem Zug ausstieg, meine zwei Koffer hinter mir herziehend, kam eine Frau zielstrebig auf mich zu und begrüßte mich äußerst herzlich. Meine gesamte Gastfamilie war da und begrüßte mich ebenfalls, dabei betonten sie meinen Namen extrem auf der zweiten Silbe. Mir selbst kommt es so vor, als sei dieser Tag erst gestern gewesen, so schnell ging die Zeit bisher vorbei.
Eintrag 19: Verständigungsprobleme der besonderen Art
Nachdem ich mich Ende August bei einer Sprachschule angemeldet hatte, war mein Ziel, mein Französisch zu verbessern und nebenbei internationale Kontakte zu knüpfen. Dass sich aber zu den anfänglich französischen Sprachproblemen noch deutsche dazu gesellten - damit hatte ich nicht gerechnet. Dank der Sprachschule lernte ich schnell neue Menschen kennen und freundete mich mit einigen an. Darunter sind auch zwei deutsche Au-pairs, die aus westlichen sowie östlichen Teilen Deutschland kommen. Aussagen wie "Treffen wir uns um viertel drei am Bahnhof?" sind bei ihnen keine Seltenheit. Anfangs verwirrte mich diese Zeitangabe sehr. Für mich klang das mehr als seltsam. Doch nach ausführlichen Erklärungen kam ich auch mit dieser Zeitangabe zurecht. Statt 15.15 Uhr, also viertel nach drei, oder 14.45 Uhr, also viertel vor drei, meinten sie nämlich 14.15 Uhr, ein Viertel der Stunde drei.
Von "Klößen", "Kirmes", "'Brezeln" bis hin zu "Klappstullen" war die Rede. Letzteres ist übrigens ein belegtes Brot, das halbiert und zusammengelegt wird. Ich hielt tapfer mit den "richtigen" Bezeichnungen wie "Knödel", "Dult" oder "Volksfest" und "Brezen" dagegen. Ich versuche so noch immer, ein bisschen bayrisch über die Bundeslandgrenze hinweg zu transportieren. Auch besondere Fragen bekam ich gestellt. Sie irrierten mich und machten mich zugleich fassungslos. Von "Ich bin noch nie auf einen Berg gestiegen." bis hin zu "Ihr trinkt wirklich Bier aus Ein-Liter-Krügen?", war vieles dabei.
Jede von uns drei erzählt immer von den Vorzügen unserer Regionen und versucht so, die Vorfreude auf ein Wiedersehen nach dem Au-pair-Jahr zu erhöhen. Mit meinem Plan, den beiden das Oktoberfest zu zeigen und sie dort zu überzeugen, dass das Bier tatsächlich aus einem Ein-Liter-Maßkrug getrunken wird, versuche ich, die beiden in das für sie noch fremde Bayern zu locken.
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Eintrag 18
Windsurfen als Schulfach
Paris St. Germain, Olympique Marseille oder auch Bordeaux, welche jährlich die Champions League aufmischen, sind fast jedem Deutschen geläufige französische Fußballclubs. Doch anders als in den meisten europäischen Ländern, ist Fußball nicht der populärste Sport in Frankreich. Besonders in den südlichen und westlichen Regionen Frankreichs ist Rugby der beliebteste Sport. Natürlich verbindet man mit Frankreich auch die "Tour de France", das berühmteste und bedeutendste Radrennen der Welt. Für drei Wochen findet jährlich dieses Sportereignis statt, das durch Frankreich und einige Nachbarländer führt. Traditionell beginnt das Radrennen, das seit 1903 ausgetragen wird, in Paris. Seit 1951 startet die Tour nicht mehr in Paris, sondern in unterschiedlichen europäischen Städten. Dieses Jahr startet die Tour de France beispielsweise am 4. Juli in Utrecht und endet am 26. Juli in Paris.
Neben dem Radsport hat auch das Handball viel an Popularität gewonnen. Mit fünf Weltmeistertiteln, zuletzt im Februar dieses Jahres, hat sich die französische Mannschaft schon an der Weltspitze etabliert. Beliebt sind bei den Franzosen auch Tennis und Skisport. Erstgenanntes erfreut sich vor allem seit einigen Jahren an großer Beliebtheit. Mit der French Open bietet Frankreich ein Turnier, das zu den höchst dotierten Wettkämpfen zählt.
Auch in meiner Gastfamilie sind alle sportbegeistert. Titouan, mein zwölfjähriger Gastbruder, nimmt fast jedes Wochenende an Windsurfwettbewerben teil. Er geht auf ein "Collège" (= Schule für elf bis 15-jährige), das am größten Binnensee Frankreichs liegt und neben 'normalen' Fächern wie Mathe, Englisch und Kunst auch Windsurfen auf dem Stundenplan stehen hat. Neben dem Training im Wasser, welches ganzjährig außer im Januar und Februar wegen Kälte nicht stattfindet, hat er auch Kraftübungen und Laufeinheiten zu absolvieren.
Eintrag 17: Erfolgreiche französische Filme
"Fifty shades of grey", der vielleicht erfolgreichste Film des Jahres 2015, ist in Frankreich genauso beliebt wie in Deutschland. Doch der Film, der hier übrigens unter dem Namen 'Cinquante nuances de grey' bekannt ist, hat starke Konkurrenz. Schon seit einigen Jahren verbuchen vor allem französische Filme internationale Erfolge und gewinnen häufig wichtige Preise. Durch eine Garantie, dass ein gewisser Prozentsatz französischer Filme in den Kinos in Frankreich laufen muss, wird das Überleben und die Entwicklung französischer Filme stetig vorangetrieben. 'Willkommen bei den Sch'tis', 'Die fabelhafte Welt der Amélie' und natürlich 'Ziemlich beste Freunde' ist vielen ein Begriff. Durch internationale Filmfestivals, wie beispielsweise die Filmfestspiele von Cannes, welches seit 1946 jährlich im Mai an der Côté d'Azur veranstaltet wird, werden gerade auch französische Filme berühmt. Die 'Palme d'Or', der Preis, welche jeweils dem besten Film, Darsteller, Drehbuch überreicht wird, besteht aus 24-karätigem Gold und wird auf einen Wert von 25.000 Euro geschätzt. Dieses Jahr wird das Festival zum 68. Mal vom 13. bis 24. Mai stattfinden. Doch auch mit internationalen Filmpreisen, darunter Oscars und Golden Globe Awards, werden französische Filme ausgezeichnet. 'The Artist', ein Stummfilm, welcher 2012 in den deutschen Kinos lief, wurde damals als bester Film ausgezeichnet. Auch 2015 werden wieder einige französische Filme in den weltweiten Kinos anlaufen, die als sehr erfolgsversprechend gehandelt werden. Mit 'Heute bin ich Samba' und 'Verstehen Sie die Béliers' werden demnächst zwei neue französische Filme in die Kinos kommen.
Meine französischen Top 5 Filme:
1. 'Paulette'
2. 'Monsieur Claude und seine Töchter'
3. 'Ziemlich beste Freunde'
4. 'Die Kinder des Monsieur Mathieu'
5. 'Willkommen bei den Sch'tis'
Eintrag 16: Französische Feste im Februar
Am Samstag ist es wieder soweit: Valentinstag. Von den einen gefürchtet, von den anderen geliebt. Auch in Frankreich komme ich um diesen Tag einfach nicht herum. Sogar Checklisten, auf denen festgehalten ist, wie und vor allem womit man diesen besonderen Tag unvergesslich macht, finde ich hier überall. Tisch im Restaurant reserviert? Kinokarten, Schokolade, Blumen schon gekauft? Den Champagner kalt gestellt? Hat man alle Punkte abgehakt, merkt man, dass dieser Tag ganz schön teuer sein kann. Durchschnittlich geben die Franzosen 76 Euro für ihren Partner aus, wobei die Männer mit 103 Euro mehr als doppelt so viel zahlen, wie Frauen (50 Euro). Zu "Saint Valentin" (deutsch: Valentinstag) gibt es eine große Gegenbewegung, nämlich den "Sans Valentin" (deutsch: ohne Valentinstag). Anhänger des "Sans Valentin" erkennt man am 14. Februar durch das Tragen einer Mütze.
Einen Tag vorher, am 13. Februar, wird der Karneval in Nizza eröffnet, welcher der bedeutendste in Frankreich ist. Zwei Wochen herrscht dann in Nizza Ausnahmezustand und das Spektakel zieht jährlich mehr als eine Million Besucher in seinen Bann.
Mit seiner legendären Blumenschlacht, dem Feuerwerk am Ufer des Mittelmeers und dem jährlich wechselnden Motto - dieses Jahr: "König der Musik" - hat sich dieser Karneval schon als einer der bedeutendsten weltweit etabliert.
Der letzte Tag der Faschingszeit, "Mardi gras", ist mit unserem Faschingsdienstag zu vergleichen. An diesem Tag werden Crêpes gebacken, welche man mit einer Münze in der Hand wendet. Die Münze wird in der Hand gehalten, damit das Jahr für die ganze Familie voller Reichtum wird.
Eintrag 15: Mein Arbeitsalltag als Au pair
6:45 Uhr. Mein Wecker klingelt zum ersten Mal. Ich schalte ihn aus. Als mein Wecker um 6:48 Uhr zum vierten Mal klingelt, krieche ich endlich aus dem Bett. Ich mache mich auf den Weg in die Küche, um meinen morgendlichen Kaffee zu trinken.
Um 7:10 Uhr wecke ich meine Gastschwester Amandine auf, welche schon in der Früh, zu meiner Überraschung, hochmotiviert ist und immer einen ausgeschlafenen Eindruck macht. Nachdem ich ihr, für mich ein noch immer gewöhnungsbedürftiges Frühstück, bestehend aus zwei Milchbrötchen, dick bestrichen mit Nutella einem Schokoladenpudding (abgepackt) und einen Keks, serviert habe, fahre ich mit Titouan, meinem zwölfjährigen Gastbruder, in die Schule. Mit rekordverdächtiger Geschwindigkeit rasen wir zum 25 Kilometer entfernten "Collège". Ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel, dass ich nicht geblitzt wurde und keine rote Ampel überfahren habe.
Gegen 8:20 Uhr komme ich wieder zuhause an und hole sämtliche Putzmittel aus der Putzkammer, um eines der drei Kinderzimmer sauber zu machen und aufzuräumen. Wie gewohnt erwartet mich in Amandines Zimmer das reinste Chaos aus geschätzten 7.000 kleinen Playmobil-Teilen und Legosteinen. Natürlich sauge ich das Zimmer mit allergrößter Vorsichtig, zugleich weiß ich aber auch, dass Amandine gut mit Verlusten umgehen kann... Insgesamt brauche ich etwa 45 Minuten, um das Zimmer wieder begehbar zu machen. Dann kommt endlich der entspannte Teil des Tages. Entweder ich gehe in die Sprachschule oder ich treffe mich in der Stadt mit einigen anderen Au-pairs, um einen Kaffee zu trinken oder ein Eis zu essen. Gemeinsam machen wir Pläne für das kommende Wochenende oder tauschen uns einfach über unseren Alltag aus.
Um 17 Uhr hole ich meine Gastschwester und drei weitere Kinder ab, denn meine Gastmutter ist eine Tagesmutter und wir pasen zusammen auf diese Kinder noch zwei Stunden auf. Wir spielen, basteln oder backen, bis die Kinder von den Eltern abgeholt werden.
Kurz nach 19 Uhr bade ich Amandine und spreche mit ihr Englisch, da meine Gasteltern das so möchten. Nach dem Baden helfe ich ihr bei ihren Hausaufgaben, was meist nicht allzu lange dauert. Gemeinsam decke ich anschließend mit meinen Gastgeschwistern den Tisch. Wenn wir mit dem Essen fertig sind, spiele ich mit Amandine meistens noch hoch niveauvolle, selbstausgedachte Spiele und bitte sie das Zimmer, solange es eben möglich ist, einigermaßen ordentlich zu halten. Natürlich sind meine Appelle vergeblich und das Zimmer bleibt in dem chaotischen Zustand, bis ich wieder in einer Woche zum Putzen anrücke.
Um 20:45 Uhr geht Amandine alleine ins Bad, um sich die Zähne zu putzen. Das heißt für mich: Für heute habe ich frei.
Eintrag 14: C'est la vie
Es ist kurz nach 10 Uhr. Ich steige aus dem Bett und öffne meine Fensterläden. Der Himmel ist blau und es hat schon geschätzte 15 Grad. Dann gehe ich in die Küche, um mir meinen morgendlichen Kaffee zuzubereiten. Mein Handy meldet, dass ich eine neue Nachricht habe: "Lena, heute Strand in Marseille! Bis später?" Unwillkürlich muss ich lächeln - klingt fast wie Urlaub... Schnell packe ich meine Sachen zusammen, denn ich treffe mich gleich mit anderen Au-pairs.
Nach einem kurzen Abstecher beim Bäcker, um ein Baguette zu kaufen, nehme ich mit den anderen Au-pairs den nächsten Bus nach Marseille. Zusammen beobachten wir am Strand Kinder, die lachend in das kalte Meer springen, eisessende Menschen und Windsurfer. Mir kommt der Gedanke, dass ich vor genau einer Woche noch in Winterjacke bekleidet durch Landshut ging und trotzdem gefroren habe. Der Nachmittag vergeht schnell. Jeder erzählt von seinem Wiedersehen mit Familie und Freunden. Dann ist es endlich soweit. Die Sonne senkt sich immer mehr und spiegelt sich im Meer. Eindrucksvolle Bilder entstehen, die wir wohl nicht so schnell vergessen werden.
Eintrag 13: Coming Home for Christmas
München, 20. Dezember: Regen und sechs Grad. Ich steige aus dem Flugzeug und friere erst mal ganz schön. Zwei Wochen hatte ich Zeit, um Weihnachten und Silvester mit Familie und Freunden zu feiern. Zwei Wochen, die rasend schnell vergingen und vor allem eines waren: genau geplant. Ich wollte die Zeit möglichst effektiv nutzen und gemeinsam mit Familie und Freunden verbringen. In den ersten Tagen rutschte mir ab und zu noch ein französisches Wort heraus oder ich betonte Wörter vollkommen falsch. Doch diese kleinen Sprachfelder verschwanden wieder schnell und wurden fast vollständig behoben. Stundenlange Erzählungen und lustige Anekdoten, über all das, was ich erlebt hatte, standen an der Tagesordnung. Natürlich wurde ich im Gegenzug dafür über all das informiert, was ich verpasst hat.
Auch der kulinarische Austausch kam nicht zu kurz: neben typischen bayerischen Essen, wie Brezen, Lebkuchen, Spätzle und Apfelstrudel, bot ich meiner Familie und meinen Freunden einen kleinen Einblick in die französische Küche. Vom obligatorische 'Bûche de Noël' bis hin zur 'Quiche', war so einiges dabei. Doch nicht nur in der Kategorie 'Essen und Trinken' unterscheiden sich die beiden Nationen. Das französische 'Laissez-Faire', die elegante Mode und die Leichtigkeit des Lebens, das die Franzosen versprühen, ist in Deutschland nur teilweise zu spüren.
Natürlich war ich beim Abschied, kurz vor dem Abflug nach Frankreich, traurig, doch die Vorfreude, die Menschen, die ich in den vergangenen vier Monaten lieb gewonnen hatte, endlich wieder zu sehen, überwog eindeutig. Am Abend der Ankunft schrieb ich allen noch kurz eine Nachricht: Bin wieder gut zuhause angekommen.
Eintrag 12: Weihnachten in Frankreich
Geschenke werden verpackt,die letzten Einkäufe getätigt, Briefe verschickt und das Haus auf Hochglanz gebracht - auch hier in Frankreich bereitet man sich auf Weihnachten vor.
Auch meine Gastmutter ist schon im Weihnachtsstress, denn sie will den eingeladenen Gästen ein perfektes Weihnachtsessen auftischen. Da wäre zunächst mal "Foie gras", die Gänseleberpastete, bei der die Meinungen auseinander gehen und deshalb immer Diskussionen entfacht. Außerdem sollen auch Meeresfrüchte, Truthahn mit Maronen, Gemüse serviert werden.
Die Nachspeise besteht oft aus 13 kleinen Desserts, wie beispielsweise weißer oder schwarzer Nougat, Rosinen, Mandeln, glasierte Maronen, Die 13 Desserts sollen das letzte Abendmahl der zwölf Apostel und Jesus symbolisieren. Alternativ wird das Festessen mit einem "Bûche de Noël" abgeschlossen, welcher in Frankreich eine jahrhundertelange Tradition hat. Der "Bûche de Noël", ein Biskuitkuchen mit Schokolade, in Form eines Baumstammes, stammt ursprünglich aus dem ländlichen Regionen. Damals brachte jeder eingeladene Gast einen Baumstamm mit, um das Haus zu heizen, in dem gefeiert wurde.
Anders als bei uns in Deutschland, wo am 24. Dezember die Geburt Jesus gefeiert wird, wird hier am 25. Dezember gefeiert. Der 24. Dezember ist ein normaler Arbeitstag, die Geschäfte haben üblicherweise bis 20 Uhr geöffnet. Um Mitternacht gehen einige der Franzosen in die Christmette. Doch bevor man das Haus verlässt, um in die Kirche zu gehen, räumt man die Reste des Weihnachtsessen auf einen Haufen und schlägt eine Tischdecke darüber. Die Tür wird beim Verlassen nach alter traditioneller Art einen Spalt offen gelassen, damit die Engel, welche die Reste des Abendessens bekommen sollen, hinein treten können.
Bûche de Noël
Zutaten für den Teig
- 5 Eier
- 50g Stärke
- 170g Zucker
- 1 Prise Salz
- 1EL Wasser
- 1Glas Rum
Zutaten für die Füllung
- 1Ei
- 1 Eigelb
- 250g Schokolade
- 250g Butter
-1 halbe Tasse Kaffee (kurzer Espresso)
- 100ml Wasser
Zubereitung:
Die Eier trennen. Das Eigelb mit dem Zucker und dem Salz schaumig schlagen. Anschließend Wasser und Rum dazufügen. Danach Speisestärke und Mehl dazugeben. Das Eiweiß schlagen und anschließend zu der Teigmischung hinzufügen. Den Teig auf ein Backblech geben, glatt streichen und 15 Minuten bei 180 Grad goldbraun backen. Den goldbraunen Biskuitteig aus dem Backofen herausnehmen,auf ein feuchtes Handtuch stürzen und einrollen. Den Biskuitteig abkühlen lassen, idealerweise nicht in den Kühlschrank legen. Für die Schokoladenfüllung 150 g Zucker und ein Glas Wasser vermischen. Die Schoklade in einem Wasserbad schmelzen und die Butter hinzufügen. Zu der Zuckermischung jetzt die Eier hinzufügen. Gut verrühren und die Zuckermischung zu der geschmolzenen Schokolade geben. Die Schokoladencreme abkühlen lassen.
Den Biskuitteig vorsichtig ausrollen, welcher nun Zimmertemperatur haben sollte. Den Biskuitteig mit zwei Drittel der Schokoladencreme bestreichen und zusammenrollen. Den Biskuitteig mit der restlichen Schokoladencreme bestreichen und nach Belieben mit Schokoladenraspeln bestreuen.
Eintrag 11: Ja is' denn' heut' scho' Weihnachten?
20 Grad, badende Kinder am Strand, Eisverkäufer an den Straßenecken - wer denkt denn da bitte an Weihnachten?
In den Geschäften hängen zwar Mützen, Handschuhe und Skijacken, allerdings scheinen diese nicht allzu oft über die Ladentheke zu gehen. Auf den Straßen kann man teilweise immer noch Kinder in kurzer Hose und T-Shirt sehen und auf den Bänken sitzen eisessende Menschen.
Allerdings versuchen einige Menschen, eine gewisse Weihnachtsstimmung zu erzwingen und stellen neben die ganzen Eisverkäufer einige Holzhütten, welche Glühwein verkaufen oder spielen in den Kaufhäusern Weihnachtslieder.
Auch Cécile, meine Gastmutter, gehört zu diesen Menschen, die eine weihnachtliche Atmosphäre künstlich erzeugen wollen. Neben Lichterketten und einem Meer aus Kerzen, wird fast täglich der offenen Kamin angezündet. Dass es zum Heizen aber eigentlich zu warm ist und meine Gastgeschwister schon kurze Zeit später nur noch im T-Shirt bekleidet sind, scheint Cecile nicht zu entmutigen. Energisch legt sie einige Tannenzweige auf den Wohnzimmertisch.
Auch vor meinem Zimmer machte sie nicht halt: Seit Kurzem hängt ein kleiner, dicker Weihnachtsmann an meinem Fenster. Natürlich hätte ich mich auch wehren können, aber wer will schon die vorweihnachtliche Harmonie zerstören?
Eintrag 10: Marseille - Die Stadt der Gegensätze
Marseille, Frankreichs Metropole am Mittelmeer, ist für die hohe Kriminalitätsrate mindestens genauso bekannt wie für den "vieux port". Mit 30 Prozent der Bevölkerung, die unterhalb der Armutsgrenze leben und 66 Prozent Schulabbrechern in einigen nördlichen Vierteln, gilt Marseille als Problemstadt Frankreichs. Laut einer Senatorin ist der Rauschgifthandel heute der größte Arbeitgeber der Jungen in diesen Vierteln im Norden von Marseille und ernährt indirekt ganze Familien.
Doch all diese Fakten hielten mich nicht ab, selbst nach Marseille zu fahren. Obwohl ich mir natürlich durch obengenannte Zahlen schon ein kleines Bild der Stadt gemacht hatte, übertraf die Realität meine Vorstellung.
Vom Bus aus, der mich über die Autobahn ins Stadtzentrum bringen sollte, bot sich mir ein schockierendes Bild. Überall ruinenähnliche Hochhäuser, die so dicht an der Autobahn standen, dass ich mitten ins Wohnzimmer schauen konnte. Ein paar Fahrminuten später wagte ich nochmal einen Blick durchs Fenster. Jetzt sah ich gläserne, minimalistische Bürogebäude, die in der Sonne glänzten.
Als ich aus dem Bus stieg, lief ich erstmal der Menschenmenge hinterher und gelangte so zum "vieux port", dem alten Hafen Marseilles. Neben kleinen, bunten Fischerbooten standen riesige Yachten mit einigen Pools und Hubschrauberlandeplätzen. Gegenüber von kleinen Boutiquen und international bekannten Designershops wie Chanel, Dior und Burberry knieten Bettler und versuchten so, einige Cents für ihr Abendessen zu sammeln.
Obwohl Marseille über einige sehenswerte, historische Bauten verfügt, blieb bei mir zunächst nur ein Eindruck hängen: Marseille ist eine Stadt der Gegensätze.
Eintrag 9: Ein Tablet für eine Achtjährige!?
"Wann sind wir denn jetzt endlich da?" Alle zwei Minuten kam die Frage von Amandine, meiner kleinen Gastschwester. Wir waren auf dem Weg zu ihrer Oma, die sechs Stunden von uns entfernt wohnt, um dort mit der gesamten Familie Amandines achten Geburtstag zu feiern. Manouschka, wie alle die Oma nennen, wohnt in einem Wald, zehn Kilometer vom nächsten "Nachbarn" entfernt.
Kein W-Lan und keine Playststation. Dass das für meine Gastgeschwister zum Problem werden würde, ahnte ich zunächst nicht. Ich dagegen hatte mit einem komplett anderen Problem zu kämpfen: dem Dialekt, der hier gesprochen wurde. Dafür verfügte Manouschka über einen großen Kamin und unglaublich gute Kochkünste, was die Kinder etwas zu besänftigen schien.
Täglich sammelten wir Steinpilze und Esskastanien im Wald, welche dann abends verarbeitet wurden. Das Sammeln mit den Pilzen war aber schon eine Aufgabe für sich. Sicherlich hätte ich den ein oder anderen falschen Pilz in die Pfanne geworfen, wenn Manouschka nicht nochmal meine Fundstücke kontrolliert hätte. Andere Nachmittage verbrachten wir mit stundenlangen Ausritten.
An einem der Abende feierten wir Amandines Geburtstag. Ich konnte meinen Augen nicht trauen, als sie ein Tablet bekam. Natürlich ist mir klar, dass dies ein heiß diskutiertes Thema ist; aber für mich persönlich absolut nicht nachvollziehbar. Aber ein gutes hatte das Geschenk dann doch: Wir konnten entspannt die Heimfahrt antreten, ohne ständig Amandines Frage nach der Fahrzeit beantworten zu müssen.
Eintrag 8: Im Land des (guten) Essens
Denkt man an Frankreich, so kommt einem normalerweise das (gute) Essen sofort in den Sinn. So war es zumindest bei mir. Quiche, Croissants und Mousse au chocolat waren für mich, als ich noch in Deutschland war, typische französische Spezialitäten.
Vor Froschschenkeln, Muscheln oder auch Schnecken brauchte ich mich nicht zu fürchten, denn ich bin Vegetarierin.
Café au lait, warme Croissants und frisch gepresster Orangensaft - so stellte ich mir das ideale Frühstück vor. Doch die Realität sieht anders aus. Abgepackte Milchbrötchen und eingeschweißte Schokoladencrêpes erwarteten mich. Dazu noch ein Espresso - so sieht in meiner Familie ein normales Frühstück aus.
In den ersten Wochen habe ich das Frühstück noch ausfallen lassen, in der Hoffnung auf das baldige, hoffentlich bessere Mittagessen. Doch das fiel leider sehr oft aus. Mittags wird oft nur ein Café getrunken oder in einer Bäckerei ein Sandwich gekauft.
Da das Mittagessen meistens sehr sporadisch ausfällt und zudem vom Abendessen etwa acht Stunden entfernt liegt, hat sich im Großteil der französischen Familien ein 'Gouter' eingebürgert. Dabei trinken die Erwachsenen einen Café, die Kinder essen ihr Milchbrötchen, welches schon mal mit einer halben Tafel Schokolade "belegt" wird.
Das Abendessen, das bei uns üblicherweise zwischen 20 und 21:30 Uhr stattfindet, wird manchmal durch einen sogenannten "Aperitif" ersetzt. Beim Aperitif werden kleine Sachen serviert, wie z.B. Cocktailtomaten, kleine Spieße mit Baguette und Schinken, Chips,...
Als bei uns zum ersten Mal so ein Aperitif aufgetischt wurde, hielt ich mich zurück, denn ich dachte, dass das nur die Vorspeise sei. Also wartete ich auf den Hauptgang, der aber nie serviert wurde. Glücklicherweise gab es dann noch eine Nachspeise, sonst wäre der Abend wohl schlecht für mich verlaufen.
Eintrag 7: "Wer ist denn David Guetta?"
Egal ob im Auto, im Bus oder auch im Kinderzimmer meiner Gastschwester Amandine: überall läuft das Lied "Sur ma route" von Black M, welcher als Frankreichs bedeutendster Rapper gehandelt wird.
Dachte ich noch vor meiner Ankunft, David Guetta, Stromae oder auch Zaz seien die bekanntesten Musiker aus Frankreich, wurde ich hier eines Besseren belehrt. "Kennen wir nicht. Alles unbekannte Künstler!", erklärte mir meine Gastmutter. Stattdessen fielen Namen wie Black M oder auch Christophe Maé.
Erst genannter, der auch mit "Désole" in Deutschland einen großen Erfolg verbuchen konnte, wurde 1984 in Paris geboren. Mit "Sur ma route" stand er 4 Wochen lang auf Platz 1 der französischen Charts.
Aber der gefährlichste Konkurrent für Black M ist wohl Christophe Maé. Als ich meiner Gastfamilie erzählte, dass ich diesen Künstler nicht kenne, waren sie zunächst fassungslos. Fassungslos ist wohl untertrieben. Erschrocken und stark irritiert trifft es da schon eher. Ich konnte diese Reaktion nicht nachvollziehen. Noch nicht. Denn noch wusste ich nicht, dass Christophe Maé ein Künstler aus unserem Nachbardorf ist, dessen Konzerte schon Monate vorher ausverkauft sind und welcher mühelos riesige Hallen füllt.
Man hatte ihn also gefälligst zu kennen und im besten Fall auch noch zu lieben. Natürlich wollte ich mir selbst von dieser Person ein Bild machen, bevor ich meine größte Anerkennung ausdrücken musste. Also hörte ich zusammen mit Amandine einige seiner Lieder an und muss letztlich gestehen, dass er wirklich einige gute Alben veröffentlicht hat. Doch meiner Meinung nach kommt er nicht an Black M heran, dessen größter Fan ich jetzt schon bin!
Meine französische Top 5 :
1) "Sur ma route" (Black M)
2) "Désole" (Sexion d'aussaut)
3) "Je veux" (Zaz)
4) "Un jour au mauvais endroit" (Calogero)
5) "La poupée" (Christophe Maé)
Eintrag 6: Eine Studentenbar der besonderen Art
Nachts zu zweit 20 Kilometer auf der Landstraße mit einem Fahrrad fahren, das drei Gänge hat? Ein Taxi nehmen, das genauso viel kostet wie mein Wochengehalt hoch ist oder mit dem alten Renault fahren, welcher von 0 auf 100 Stundenkilometer in 35 Sekunden beschleunigt? Das war die Frage, die Paula, ein deutsches Au-pair, und ich uns stellen mussten. Denn wir wollten den Freitagabend in Aix verbringen. Wir entschlossen uns für das kleinste Übel. Wer jetzt rätselt, was die erträglichste Lösung für uns war - es war der 'verkehrssichere' Renault.
Mit 70 km/h tuckerten wir über die Landstraße, weil wir zusätzlich noch mit der Dunkelheit zu kämpfen hatten. Die Lichter des Renaults leuchteten genauso stark, wie eine Stirnlampe. Irgendwie und irgendwann erreichten wir dann doch unser Ziel - eine kleine Bar, in der sich ausschließlich Studenten treffen.
Wir traten also ein und wurden von einer Kellnerin darauf aufmerksam gemacht, dass man am Eingang seine Schuhe auszuziehen hatte. Zunächst waren wir überrascht über diese doch etwas eigenartige Anweisung des Personals , befolgten diese aber, nachdem wir uns vergewissert hatten, dass wir ein Paar gleicher Socken trugen.
Wir suchten uns also einen Platz und schauten die Getränkekarte an.
Jetzt war ich noch irritierter. Man konnte zwischen ungefähr 40 Teesorten, einigen Milchshakes und Desserts wählen. Wo waren wir den hier gelandet? Die Kellnerin kam, nahm die Bestellung auf und fragte, was wir spielen wollen. Spielen? Ich musste mich verhört haben! War ich mit der Sprache in den vergangenen Tagen immer vertrauter geworden, so zweifelte ich jetzt gewaltig an meinem Verständnis. Doch ich hatte mich nicht getäuscht. Die Kellnerin brachte uns einige Spiele, zwischen denen wir uns entscheiden konnten. Von klassischen Brettspielen bis hin zu Kartenspielen war wirklich alles dabei. Wie wir später erfuhren, sollen die Gesellschaftsspiele ein ständiges Benutzen des Handys in der Gegenwart anderer vermeiden.
Der Abend war, obwohl wir zunächst misstrauisch waren, schön und auf jeden Fall etwas besonderes, sodass wir sogar kurz die Fahrt vergaßen, die uns noch bevor stand.
Eintrag 5: "Der feine Unterschied"
Mittlerweile habe ich mich an zunächst noch unbekannte Dinge gewöhnt. Aber an alles kann man sich dann doch nicht gewöhnen, weil viele Eigenheiten der Franzosen sagen wir mal "speziell" sind. Da wäre zum Beispiel das Schneiden einer Pizza mit einer Schere. Mit einer Bastelschere, wie ich herausfand. Diese Schere wird also nicht nur zum Aufteilen der Pizza genutzt, sondern auch für andere Dinge im Haushalt oder sogar für Basteleien der Kinder.
Aber auch andere Mahlzeiten laufen hier komplett anders ab. Beim Frühstück beispielsweise erscheinen alle in ihrem Schlafanzug oder in einem Bademantel. Das mag jetzt für viele nicht weiter seltsam sein, für mich war es das allerdings schon. Aber es geht noch weiter! Betrachtet man den gedeckten Tisch, findet man den Fehler als Deutscher sofort. Die Teller fehlen. Natürlich schaut es danach in der Küche auch dementsprechend aus. Doch das stört die Franzosen nicht. Sie bringt nichts aus der Ruhe. Wirklich nichts. Nicht mal eine Verspätung. Als wir uns alle mit ihren Freunden am Meer treffen, ist die Abfahrt für 11 Uhr angesetzt. Dass wir aber das Haus um 11:45 verlassen, scheint hier niemanden zu stören. Als wir dann nach einer 30-minütigen Autofahrt endlich das Meer mit 1 1/4 Stunden Verspätung erreichen, können wir die Freunde am ausgemachten Treffpunkt nicht finden. Aber kurz nach uns kommen sie dann auch an. Sie haben verschlafen. Wir begrüßen uns gegenseitig mit 'Bisous' (zu deutsch: Küsschen) und mit einem 'Koukouk'. Dieses 'Koukouk' bedeutet soviel wie 'Kuckuck' und scheint zu jeder Tageszeit passend zu sein. Anstatt eines guten Morgens zu wünschen, wird man mit einem 'Kuckuck' empfangen.
Einen Unterschied gibt es auch bei den Preisen. Kostet bei uns Deutschen eine Kugel Eis meist zwischen 0,80 Euro und einem Euro, bietet hier die günstigste Eisdiele eine Kugel Eis für drei Euro an. Auch die Pizza ist hier wesentlich teurer. Einstiegspreis zehn Euro.
Deshalb wundert es mich auch nicht, dass hier sehr viele Menschen betteln oder auch persönlich fragen, ob man etwas zu Essen für sie übrig hat. Doch zu den Bettlern, die jeden Cent fürs Überleben brauchen, mischen sich auch Menschen die das Ganze ins Lächerliche ziehen und Geld für eine Rolex sammeln.
Eintrag 4: Von internationalen Kontakten und kulinarischen Highlights
Nachdem ich jetzt schon drei Wochen in Südfrankreich bin, stand nun das erste offizielle Treffen aller Au-pairs aus der Region an. Wir haben uns aber auch vorher schon in der Stadt getroffen, um einen Kaffee zu trinken, vormittags in der Sprachschule oder abends einfach in einer Bar, um sich besser kennenzulernen.
Dieses besagte erste offizielle Treffen fand im Stadtpark statt, wo wir beim gemeinsamen Picknick neue internationale Kontakte knüpfen konnten.
Da sich sehr viele Nationen bei diesem Treffen einfanden, wurde unter anderem in einer Mischung aus Englisch, Französisch, Deutsch und Russisch kommuniziert.
Jede brachte eine Kleinigkeit zu Essen und zu Trinken mit. Ganz nebenbei erfuhren wir die erstaunlichsten Geschichten, mussten gängige Klischees abstreiten und gefühlte 1000 "Bisous" (zu deutsch: Küsschen) verteilen!
Dieser Sonntagnachmittag war sicherlich nicht nur für mich eine Bereicherung. Oder wusstet ihr etwa, dass vor etwa drei Jahren in Russland alles, was weniger als zehn Prozent Alkohol enthielt, als Softdrink definiert wurde? Als ich mich mit Brittany, ein Au-pair aus Illinois (USA) unterhielt, erzählte sie mir von unglaublichen - und meiner Meinung nach völlig sinnlosen Gesetze. Laut Brittany darf man in ihrem Bundesstaat im Juni und August auf keinem Teich Schlittschuhlaufen.
Aber neben unglaublichen, kuriosen Geschichten und Gesetzen, war auch das mitgebrachte Essen ein Highlight. Von französischen Wein und Camembert bis zu amerikanischen "Banana Bread" war alles dabei.
Die Angst, in ein fremdes Land alleine zu reisen, ohne jemanden zu kennen, war also komplett grundlos, denn man lernt sehr schnell neue Menschen mit den unterschiedlichsten Hintergründen kennen.
Eintrag 3: Schulalltag in Frankreich
Während bei uns Deutschen die Schule gerade erst anfängt, ist sie bei den Franzosen schon im vollem Gange. Seit bereits zwei Wochen müssen die Schüler Hausaufgaben machen, Referate vorbereiten und für Schulaufgaben lernen.
Auch meine drei Gastkinder bleiben davon nicht verschont. Täglich stehen sie um 6:15 Uhr auf, um pünktlich in die Schule zu kommen. Die ist mit dem Bus 40 Minuten entfernt. Anders als in Deutschland, wo die Schule in den meisten Regionen schon um 8 Uhr beginnt, läuten hier die Schulglocken mancherorts erst um 8:30 Uhr oder um 9 Uhr. Aber das ist nicht der einzige Unterschied zwischen dem deutschen und französischen Schulsystem.
Während bei uns Deutschen Noten von eins bis sechs vergeben werden, gibt es in Frankreich ein Punktesystem, das von 0 bis 20 reicht. Dabei entsprechen null Punkte der Note sechs und 20 Punkte sind das beste Ergebnis.
Ein großer Unterschied besteht auch zwischen dem Nachmittagsunterricht. Für Amandine (8) beginnt der Unterricht beispielsweise um 8:15 Uhr und endet an zwei Tagen um 17 Uhr. Clément, das älteste Kind, hat es dieses Jahr auch nicht gerade besser getroffen. Für ihn beginnt die Schule um 8 Uhr und endet täglich, ausgenommen Mittwochnachmittag, um 18 Uhr. Da die Busverbindung sehr ungünstig ist, kommt er um 19 Uhr nach Hause. Dann stehen noch Schularbeiten an, welche schon mal, laut meiner Gastmutter, vier Stunden dauern können. Um 23:30 Uhr geht also Clément ins Bett, um am nächsten Tag wieder pünktlich um 6:15 Uhr aufzustehen.
Aber auch einige Fächer werden in Frankreich unterrichtet, welche in Deutschland normalerweise auf keinem Stundenplan stehen. Das Fach "Histoire Géographie" wird an fast jeder Schule unterrichtet. Hierbei handelt sich um eine Kombination von Geschichte und Französisch. Dagegen wird man in keiner staatlichen Schule in Frankreich auf Religionsunterricht treffen. Hier sind nämlich Staat und Kirche strikt voneinander getrennt. Kreuze an der Klassenzimmerwand, ein gemeinsames Gebet am Morgen oder eine Kette mit einem Kreuz -all das ist verboten.
Der Mittwoch ist immer ein kleiner Lichtblick für die französischen Schüler. An diesem Tag endet die Schule nämlich "schon" um 15 Uhr. Deshalb wurdert es mich nicht, dass alle außerschulischen Aktivitäten der Kinder auf den Mittwoch fallen.
Eintrag 2: Klischee Check à la Lena und die Sache mit dem Bier
"Lena, tu veux boire une bière?" - Diese Frage, die so viel bedeutet wie "Lena, willst du ein Bier trinken?", wurde mir bestimmt schon 20 Mal gestellt seit ich in meiner Gastfamilie bin. Und das, obwohl ich erst seit einer guten Woche in Frankreich bin. Egal ob vormittags um 11 Uhr oder nachmittags um 15 Uhr - ich werde immer mit dieser Frage konfrontiert. Täglich. Kennen die Franzosen also etwa nicht die goldene Regel: "Kein Bier vor vier."? Oder denken sie, nur weil man aus Bayern stammt, trinkt man gerne und vor allem viel Bier? Wahrscheinlich trifft beides zu.
Zugegeben, es ist wohl eines der weitverbreitetsten Vorurteile über uns Deutsche. Aber gibt es da nicht weitere Klischees, die in aller Munde sind?
Fragt man einen Franzosen nach gängigen Klischees über ihre deutschen Nachbarn, dann reichen die Antworten von "Deutsche tragen nur Lederhosen und Dirndl" über "Deutsche sind sehr diszipliniert" bis hin zu "Deutsche sind alle Sicherheitsfanatiker." Letzteres war mir völlig neu! Aber gut.
Natürlich hatte ich auch Vorurteile über die Franzosen. Baskenmütze, Camembert, perfekt und teuer gekleidet, Weintrinker, "gute" Autofahrer, Renaultfahrer, ...
Und tatsächlich in der Garage meiner Gasteltern steht - wie könnte es anders sein - ein Renault und ein Peugeot.
Auch dass sie Käseliebhaber sind, kann ich nur bestätigen. Nach jedem Essen wird die obligatorische Käseplatte geholt und mit einem Glas Wein serviert. Und das Erscheinungsbild der Autos meiner Gasteltern zeigt, dass hier wirklich "gut" Auto gefahren wird.
"Lena, tu veux boire une bière?", schallt es durch das Haus. Ein kurzer Blick auf die Uhr verrät mir, dass es bereits 16:40 ist. Glück gehabt! Ich schreie ein "Oui!" zurück und gehe schnellen Schrittes in die Küche, wo mich bereits meine Gastfamilie erwartet. Die Eltern haben schon ein Glas Wein in der Hand, die Kinder ein Glas Traubensaft. Gemeinsam stoßen wir mit einem "A ta santé!" - zu deutsch: "Prost!" an.
Eintrag 1: Vom Kofferpacken und der Suche nach Gastgeschenken
Zuerst stand ich vor dem Großprojekt "Kofferpacken". Wie um alles in der Welt packt man denn einen Koffer für ein Jahr? Eine Frage, die für mich zunächst unlösbar schien. Deshalb schob ich diese Aufgabe auch relativ lange auf, wie das mit unliebsamen Dingen eben oft passiert. Doch irgendwann musste ich mich ja dieser Herausforderung stellen - ich hatte noch zwei Tage Zeit. Jeans, Sweatshirts, Tops, Bikinis, ... auch Ski? Oder vielleicht könnte ich irgendwie mein Fahrrad noch mitnehmen? Alles war (noch) möglich einzupacken, ich stand ja erst am Anfang.
Also holte ich einen Koffer sowie eine Reisetasche und packte diese voll. Mit den unterschiedlichsten Sachen, denn es galt vier Jahreszeiten abzudecken.
Glücklicherweise ist es an der Côté d'Azur auch im Winter relativ warm, sodass man auch mal im T-Shirt draußen sitzen kann. Deshalb packte ich hauptsächlich sommerliche Kleidung ein - abgesehen von einer Winterjacke. Man kann ja nie wissen!
Nachdem ich also diesen Punkt auf meiner "To do"-Liste abhaken konnte, stach mir ein weiterer ebenfalls sehr wichtiger Punkt in die Augen: die Gastgeschenke! Natürlich kam mir zuerst Bier in den Sinn. Ist ja am naheliegendsten, wenn man aus Bayern kommt. Dann noch ein paar Brezen und Weißwürste? Eben typisch bayrisch! Doch ich verwarf diesen Gedanken wieder schnell, denn ich wollte auf keinen Fall die gängigen Klischees erfüllen, die von der bayrischen Trinkfestigkeit bis zu weißen Socken in Sandalen reichen! Es musste also etwas anderes her!
Letztendlich entschied ich mich für ein "Buchskranzl". ein bisschen Schokolade und, wie die Franzosen sagen eine deutsche 'Ib ob' Cd von Cro.