Vilsbiburg
Halbschwester gesucht
2. Dezember 2017, 9:25 Uhr aktualisiert am 7. April 2023, 7:27 Uhr
Ahmet Kreidler (52) hat vor etwa einem Jahr erfahren, dass er eine Halbschwester in Vilsbiburg hat. Seitdem sucht er nach ihr. Die Geschichte seines Vaters ist auch diejenige der ersten Gastarbeitergeneration in Deutschland.
Die Geschichte, die Ahmet Kreidler, geborener Halıcıoğlu, von seinem Vater erzählt, spielt im Deutschland der 60er Jahre. Sie geht so: Satılmış Halıcıoğlu verlässt um das Jahr 1963 als junger Mann die Türkei, um als Gastarbeiter im Ausland zu arbeiten. Er stammt aus dem anatolischen Yozgat, Deutschland bietet Arbeit und eine Perspektive. Seine Frau, die er ein Jahr zuvor geheiratet hat, muss er in der Türkei zurücklassen. Er kommt nach Vilsbiburg, arbeitet in der Kammgarnspinnerei Seiler und lernt schnell deutsch. Für die Gastarbeiter aus der Türkei, die nach ihm ankommen, nimmt er nach einiger Zeit die Rolle als Ansprechpartner und Dolmetscher ein. Er übersetzt auch für die Arbeiter in anderen Fabriken in der Region. Die Leute nennen ihn Kaya, manche auch Sali.
Kaya ist freundlich, sieht gut aus, ist charmant - und ganz allein in Deutschland. Er lernt eine junge Frau namens Maria kennen. Die beiden finden Gefallen aneinander. Kaya beginnt ein Doppelleben zwischen seiner Familie in der Türkei - sein Sohn Ahmet wird 1965, die Tochter Ayse 1966 geboren - und seiner Geliebten in Deutschland. Maria wird nach einiger Zeit schwanger, verheimlicht ihm aber die Schwangerschaft. Sie ist selbst zudem mit einem anderen Mann zusammen: Hans. Die Rivalität zwischen Kaya und Hans bricht sich in einer Auseinandersetzung Bahn. Die Sache geht vor Gericht. Schließlich bekommt der junge Mann aus der Türkei einen Stadtverweis.
Neue Familie
Zusammen mit einer Türkin, die er bei der Arbeit in Vilsbiburg kennengelernt hat, verlässt er den Ort und geht nach Freiburg im Breisgau. Mit der Frau, Yildiz Akcan, lebt er schließlich in Freiburg zusammen und gründet eine neue Familie. Dass er bereits eine Familie in der Türkei hat, davon erzählt er ihr. Sie akzeptiert das. Schließlich wird die Ehe mit seiner ersten Frau geschieden. Sein Sohn Ahmet aus erster Ehe, den sein Vater 1973 nach Deutschland holt, lebt in der neuen Familie. Später zieht der Sohn nach Rottweil, gründet selbst eine Familie.
Dass Kaya, als er Vilsbiburg verlässt, nicht nur Maria, sondern auch seine Tochter zurücklässt, davon ahnt er nichts. Die Tochter wird 1967/68 geboren.
Kontaktversuche
Kaya, also Satılmış Halıcıoğlu, lebt und arbeitet über Jahrzehnte in Deutschland. Irgendwann in den frühen 2010er Jahren versucht seine Tochter, den Kontakt mit dem Vater herzustellen und schreibt einen Brief. Der Brief kommt aber nie beim Vater an, sondern wird von seiner Frau abgefangen. Sie gibt ihn nicht weiter. Als ihr Mann dann ins Rentenalter kommt, geht er zusammen mit ihr zurück in die Türkei und stirbt dort.
Sein Sohn aus erster Ehe, Ahmet, erfährt schließlich von der Stiefmutter von dem bewegten Leben des Vaters. 2016 eröffnet sie ihm, dass er eine Halbschwester hat. Nach einiger Zeit entscheidet sich der heute 52-Jährige, sich auf die Suche nach ihr zu machen. Schließlich wendet er sich an den Online-Auftritt der Vilsbiburger Zeitung unter idowa.de. Er schreibt: "Ich suche meine Halbschwester aus Vilsbiburg und Umgebung - ich weiß nicht, ob ihr mir helfen könnt. Es ist schon etwas her, die Geschichte ereignete sich in den sechziger Jahren…"
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