Wallersdorf

Shopping im Dorf oder XXL-Gewerbepark?


(Noch) nicht viel los: auf diesem Gelände würde das Fachmarktzentrum im Fall der Genehmigung entstehen.

(Noch) nicht viel los: auf diesem Gelände würde das Fachmarktzentrum im Fall der Genehmigung entstehen.

Von Stefan Karl

Der wirtschaftliche Aufstieg der ehemals beschaulichen Marktgemeinde Wallersdorf hat es längst in die überregionalen Medien geschafft. Mittlerweile warten die Investoren mit weiteren Großprojekten auf. Für Wallersdorf stellt sich damit die Frage: Wo soll es mit der Marktgemeinde und ihrem gewachsenen Ortskern hingehen? Vor dieser Grundsatzentscheidung steht jetzt der Wallersdorfer Marktgemeinderat.

Wer die Ansiedlung von Rudolf Logistik für einen Riesen-Coup gehalten hatte, wurde 2015 eines Besseren belehrt: Im Wettbewerb um das neue Logistikzentrum von BMW hatte das kleine Wallersdorf sogar Regensburg ausgestochen. Mittlerweile ist das Verteilerzentrum des Auto-Riesen in Betrieb - und die Gemeinde spürt die Vorzüge: "Wir haben Bevölkerungswachstum, auch die Kindergärten sind voll. Hier müssen wir demnächst über Erweiterungen nachdenken", sagt Bürgermeister Ottmar Hirschbichler. Mit BMW und Co. kam außerdem Geld: "Neben BMW sind ja auch Kühne und Nagel und die Firma Imperial Automotive mit im Boot. Wir bekommen von allen drei Gewerbesteuer. Sehen Sie es mir nach, dass ich nicht sage, wie viel es genau ist. Aber wir sind zufrieden!"

Die Kehrseite der Medaille: Bei Immobilien hat sich Wallersdorf längst aus dem Niederbayern-typischen Tiefpreissegment verabschiedet, sagt Gerhard Nachtmann, der Vorsitzende des Gewerbevereins in Wallersdorf: "Die Preise für Grundstücke, sowohl für Wohnen als auch für Gewerbeflächen, sind stark angestiegen." Weniger gleichmäßig angekommen sei der Aufwärtstrend bei den Umsätzen: "Es hat sich natürlich bei dem einen oder anderen ein gewisser Mehrumsatz eingestellt, dadurch, dass mehr Arbeitnehmer am Ort sind. Der Großteil der Gewerbetreibenden merkt aber relativ wenig davon."

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Die Ansiedlung eines Fachmarktzentrums im Gewerbepark Nord soll laut Bürgermeister Ottmar Hirschbichler noch mehr wirtschaftliches Potenzial in die Marktgemeinde bringen. Doch vor allem der örtliche Gewerbeverein hat Vorbehalte gegen das Projekt.

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Die Ansiedlung eines Fachmarktzentrums im Gewerbepark Nord soll laut Bürgermeister Ottmar Hirschbichler noch mehr wirtschaftliches Potenzial in die Marktgemeinde bringen. Doch vor allem der örtliche Gewerbeverein hat Vorbehalte gegen das Projekt.

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Die Ansiedlung eines Fachmarktzentrums im Gewerbepark Nord soll laut Bürgermeister Ottmar Hirschbichler noch mehr wirtschaftliches Potenzial in die Marktgemeinde bringen. Doch vor allem der örtliche Gewerbeverein hat Vorbehalte gegen das Projekt.

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Die Ansiedlung eines Fachmarktzentrums im Gewerbepark Nord soll laut Bürgermeister Ottmar Hirschbichler noch mehr wirtschaftliches Potenzial in die Marktgemeinde bringen. Doch vor allem der örtliche Gewerbeverein hat Vorbehalte gegen das Projekt.

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Sieht das geplante Fachmarktzentrum mit Sorge: Laut Gerhard Nachtmann, dem Vorsitzenden des Gewerbevereins Wallersdorf gefährdet das Fachmarktzentrum das Geschäftsleben im Ortskern von Wallersdorf.

Eigentlich wenig verwunderlich: Immerhin ist das Logistikzentrum so gebaut, dass möglichst wenig Durchgangsverkehr den Ortskern passieren muss. Lauf- oder besser Fahrkundschaft gibt es also nicht. Es profitiert, wer seinen Laden entlang der großen Verkehrsspange zwischen A3 und A92 hat. Im Ortskern merkt man nicht, dass rund 1.000 Mitarbeiter des Ersatzteil-Zentrums täglich nach Wallersdorf hineinfluten - und nach Feierabend wieder heraus.

Entscheidung Fachmarktzentrum: Alles oder nichts

Deutlich spürbarer ist eine andere Veränderung: Mit einem Mal ist Wallersdorf für Investoren interessant. Einer hat beispielsweise Großes mit dem freien Grundstück im Gewerbepark Nord vor, sagt Bürgermeister Hirschbichler. "Der Investor hat gesagt: ,Ich mache Euch ein Paket mit Tankstelle, auch für Elektrofahrzeuge. Ein Aldi, ein Drogeriemarkt und ein Fast-Fooder sollen außerdem dabei sein. Aber das mach ich Euch halt nur im Paket.'" Begründung: Es solle sich ja rechnen. "Die erhoffen sich natürlich Frequenzen aus der BMW, beispielsweise beim Schichtwechsel."

Heißt aber auch: Der Marktgemeinderat kann zu diesem Vorschlag nur "Ja" oder "Nein" sagen - entweder so oder gar nicht. Wann diese Entscheidung fällt, konnte Hirschbichler idowa gegenüber nicht sagen. Auch darüber, ob mögliche andere Bewerber für die Erweiterung des Gewerbeparks Nord in Betracht kommen, wollte Hirschbichler keine Angaben machen. Aus den vergangenen Besprechungs- und Beratungsterminen drangen zuweilen widersprüchliche Informationen nach draußen. Fest steht wohl: Aus dem langgehegten Wunsch der Gemeinde nach einem Drogeriemarkt ist unvermittelt ein ganzes Fachmarktzentrum geworden. Eins auf der grünen Wiese, abgekoppelt vom Ortskern, vom Typ, wie er bereits in zahlreichen ostbayerischen Gemeinden zu finden ist.

Gegen das Projekt gab es vor allem aus den Reihen des Wallersdorfer Gewerbevereins Gegenwind. "Ein Gewerbegebiet so weit außerhalb des Dorfes zu machen, halten wir für sehr bedenklich", sagt Gerhard Nachtmann, der Vorsitzende des Gewerbevereins im Interview mit idowa. Rund ein Drittel der Mitglieder lehne das Fachmarktzentrum ab: "Es gibt Ängste, dass der Ortskern verödet. Nach dem Brand bei Füessl letztes Jahr ist ein wichtiger Besuchermagnet in Wallersdorf weggefallen. Auf der anderen Seite soll draußen vor dem Ort eine Art Subzentrum geschaffen werden, das womöglich dann in Konkurrenz zum Ortskern tritt."

Die Gefahr, dass Wallersdorf verödet, hatte auch der Bürgermeister gesehen. Allerdings für den Fall, dass die Neuansiedlung im Gewerbepark Nord nicht die Zustimmung des Marktrates bekommt: "Wenn wir uns dagegen entscheiden, ist die große Gefahr, dass wir dann halt gar nichts kriegen und dass wir ausbluten wie alle anderen Märkte. Die Leute fahren dann zum Einkaufen weiterhin nach Plattling und nach Landau und wir haben dann halt nichts. Das Problem haben alle Kommunen: Wenn überhaupt, dann siedeln sich die Vollsortimenter am Ortsrand an."

Über die Entscheidung im Marktgemeinderat wollte Ottmar Hirschbichler im Vorfeld nicht spekulieren: "Die Stimmung in der Bevölkerung ist aber ziemlich eindeutig. Ich habe bei Marktrundfahrten, wenn der Bus an dem Gelände vorbeikam, immer gefragt: ‚Wer wäre dafür, dass wir das hier ansiedeln?' Da gab es immer 95 Prozent Zustimmung und die Aussage: ‚Schau, dass Du das herbringst.'"

Wallersdorf steht vor einer Weichenstellung - vor der Entscheidung, was die Marktgemeinde in Zukunft sein und darstellen will. Gilt es, einen malerischen Ortskern zu erhalten oder das Spiel der Großen mitzuspielen? Zu verlieren gibt es bei beiden Varianten genug.